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Pfand der Leidenschaft

Titel: Pfand der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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über, die sie je in ihrem
Leben getragen hatte. Das mit Seide unterfütterte Kleid war sehr geschmackvoll und elegant, legte sich geschmeidig um ihren Körper und brachte ihre Figur besser zur Geltung, als es ihren eigenen Kleidern jemals gelungen wäre. Enganliegende Ärmel reichten bis zu den Ellbogen, wo sie in bauschigen Rüschen aus schwarzer Spitze endeten. Dieselbe schwarze Spitze verzierte den Saum des Kleides, das so geschnitten war, dass unter dem hochgerafften Kleidrock eine Vielzahl an Unterröcken zu erahnen war. Eine schwarze Schärpe aus seidenglänzendem Satin, deren Enden überlappten und an der Seite mit einer funkelnden Brosche aus Gagatstein festgesteckt waren, betonte Amelias schmale Taille.
    Während Amelia geduldig am Frisiertisch saß, beobachtete sie Betty, die mit dem Geschick einer Künstlerin schwarze Bänder in ihr Haar flocht und es zu einer prächtigen Hochsteckfrisur auftürmte. Da die Zofe freundlich und gesprächig zu sein schien, wagte Amelia zu fragen: »Betty … wie lange kennt Lady St. Vincent eigentlich schon Mr. Rohan?«
    »Seit ihrer Kindheit, Miss.« Betty grinste. »Dieser Mr. Rohan ist eine Augenweide, nicht wahr, Miss? Ihr solltet einmal sehen, welches Durcheinander ausbricht, wenn er zu Besuch kommt – jede Einzelne von uns kämpft um den Platz am Schlüsselloch, nur um einen kurzen Blick auf ihn zu erhaschen.«
    »Ich frage mich nur …« Amelia bemühte sich um einen beiläufigen Ton. »Glaubt Ihr, dass die Beziehung zwischen Mr. Rohan und Lady St. Vincent jemals …«
    »O nein, Miss. Sie sind wie Bruder und Schwester aufgewachsen. Es gehen sogar die Gerüchte um,
dass Mr. Rohan ihr Halbbruder ist. Wäre nicht das einzige uneheliche Kind, das von Ivo Jenner gezeugt wurde.«
    Amelia blinzelte verblüfft. »Denkt Ihr, dass die Gerüchte wahr sind?«
    Betty schüttelte den Kopf. »Lady St. Vincent bestreitet, mit ihm verwandt zu sein. Und zwischen ihr und Mr. Rohan gibt es keinerlei Ähnlichkeit. Aber sie mag ihn sehr gerne.« Mit einem schiefen Lächeln fügte sie hinzu: »Sie hat mich und die anderen Dienstmädchen vor ihm gewarnt und uns eingeschärft, uns von ihm fernzuhalten. Sie sagte, es könne nichts daraus werden, dass er uns nur benutzen und dann fallenlassen würde. Er ist ein verruchter Kerl, dieser Mr. Rohan. Mit einem unwiderstehlichen Charme, dem man sich einfach nicht entziehen kann.« Als Betty mit Amelias Haar fertig war, sah sie ihr Kunstwerk zufrieden an, bevor sie die feuchten Handtücher und das ausgezogene Nachtgewand aufsammelte.
    Die Zofe blieb ein oder zwei Sekunden mit dem Nachthemd in Händen stehen. »Soll ich Euch ein paar Stoffbinden aufs Zimmer bringen?«, fragte sie vorsichtig. »Wegen des roten Fluchs?«
    Amelia, die immer noch über die unschönen Worte ›benutzen und dann fallenlassen‹ nachgrübelte, schüttelte abwesend den Kopf. »Nein, vielen Dank. Meine Monatsblutung kommt erst …« Erschrocken riss sie den Kopf hoch, als sie sah, was die Zofe bemerkt hatte – ein paar Blutstropfen auf dem weißen Baumwollstoff. Amelia erbleichte.
    »Natürlich, Miss.« Betty stopfte das Nachthemd in das Bündel Bettwäsche und bedachte Amelia mit einem
ausdruckslosen Lächeln. »Wenn Ihr sonst noch etwas wünscht, müsst Ihr nur läuten.« Sie ging zur Tür und schlüpfte leise hinaus.
    Amelia stützte die Ellbogen auf den Frisiertisch und legte die Stirn auf die geballten Fäuste. Großer Gott, die Dienstboten würden sich über sie das Maul zerreißen!, dachte sie verzweifelt. Und das, obwohl sie in ihrem ganzen Leben noch nie den geringsten Anlass zum Tratsch geboten hatte.
    »Bitte, bitte, lass ihn abgereist sein«, flüsterte sie.
     
    Während Amelia die Treppenstufen hinabeilte, musste sie darüber nachdenken, dass sie eigentlich doch ans Glück glaubte. Es schien ein ebenso gutes Wort wie jedes andere zu sein, um eine unabwendbare Abfolge an Begebenheiten zu beschreiben. Ein zuverlässiges, vorhersehbares Resultat für beinahe jede Situation.
    Und sie schien nun einmal leider immer Un glück zu haben.
    Als sie die Eingangshalle erreichte, lief sie Lady St. Vincent in die Arme, die von der Terrasse auf der Rückseite des Hauses kam. Der Wind hatte ihre Wangen gerötet, und Blätter und Grashalme krallten sich am Saum ihres Kleides fest. Sie sah wie ein zerzauster Engel aus, mit ihrem wunderschönen, ruhigen Gesicht, dem gelockten roten Haar und den hübschen hellgoldenen Sommersprossen auf der Nase.
    »Wie geht es Euch?« Lady St.

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