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Pfarrers Kinder Muellers Vieh

Pfarrers Kinder Muellers Vieh

Titel: Pfarrers Kinder Muellers Vieh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amei Müller
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Erst bemerkten wir nur die lauten und für jeden Dorfbewohner sichtbaren Fehden. Nach und nach lernten wir aber, welche Familie mit welcher in grimmigem Streit lag. Manchmal versuchte Manfred zu vermitteln, meist aber hielt er sich zurück. Die streitenden Parteien genossen ihre Privatfehden und wollten sich diese Freude nicht vom Pfarrer nehmen lassen. Aber nicht nur Zank und Streit gediehen in unserem »idyllischen Dörfchen«, auch der Aberglaube trieb üppige Blüten.
    »Du, die Mesnerin hat mir heut erzählt, daß es vor fünf Jahren hier noch eine Hexe gegeben hat«, erzählte ich Manfred beim Mittagessen.
    »Das wundert mich«, sagte er, »du warst doch noch nicht da!«
    Dergleichen Bemerkungen hatte er vor unserer Hochzeit nie gemacht, doch da er sie offenbar für geistreich hielt oder aber auf zornigen Protest hoffte, sagte ich nur: »Sehr witzig« und wandte mich wieder der Hexe zu. Vor fünf Jahren gab es also eine alte Frau im Dorf, die als Hexe verschrien war. Sie hatte den »bösen Blick«, konnte arglosen Menschen Pickel ins Gesicht zaubern und Läuse ins Bett. Kühen blieb vor Schreck die Milch weg, wenn der Hexenblick auf sie fiel. Also kehrten Mütter mit Kinderwagen eilends um, sobald sie die Hexe sahen. Bauern, die ihre Kuh zum Farrenstall trieben, scheuchten das Tier wieder in den heimatlichen Stall, wenn die alte Frau des Weges kam. Sie wollten kein Geld ausgeben für einen Akt, der nach einer Begegnung mit der Hexe sicherlich ohne die gewünschten Folgen bleiben würde. Als ein Kind das Küchenfenster des Hexenhauses einwarf, brachen im Dorf die Masern aus. Nach diesem Machtbeweis traute sich niemand mehr, die gefährliche Alte zu ärgern. Man ging ihr aus dem Weg und dankte Gott, als sie endlich zu ihrer Tochter in die Stadt zog. Einer Hexe bin ich also nicht mehr begegnet. Als ich aber unseren kleinen, noch ungetauften Sohn im Kinderwagen durchs Dorf schob, rangen die alten Frauen entsetzt die Hände. »Er ist noch nicht getauft!« flüsterten sie, »die bösen Geister haben Macht über ihn. Schnell mit dem schutzlosen Kind unter ein Dach, und Frau Pfarrer darf sich nicht umschauen!«
    Unsere »sehenswerte« Kirche besaß einen eigenen Geist, »das Poppele«. Die alte Mesnerin, Frau Wichtig, hatte ihn persönlich gesehen. In der Nacht zum Sonntag, als sie das Feuer im Kirchenofen schürte, da sei er ihr erschienen, rotglühend, mit grünen Augen und weißen Haaren. Sie habe sich vor lauter Schreck bekreuzigt, was sie sonst nicht zu tun pflege, da es doch katholisch sei. Der Herr in seiner großen Gnade habe ihr die Verirrung aber verziehen, denn das Poppele sei augenblicklich unter schrecklichem Stöhnen verschwunden. Sie sei dann aus der Kirche gelaufen und zu ihrem Schorsch ins Bett gekrochen, wo sie so fürchterlich gezittert habe, daß der schon meinte, sie würde es nicht mehr lange machen. Aber das Poppele sei nachts noch einmal in die Kirche gekommen und habe den Ofen ausgeblasen. Morgens im Gottesdienst sei es ganz kalt gewesen. Die Leute hätten vor lauter Zähneklappern nicht singen können, und der Herr Pfarrer habe sich einen Schnupfen geholt. Was könne sie dafür? Sie sei zwar einiges gewöhnt, aber gegen Geister sei auch sie machtlos.
    Auch mit der Orgel trieb das Poppele seinen Schabernack und sorgte dafür, daß dieses heilige Instrument in feierlichen Augenblicken versagte. Früher, als die Orgel noch mit dem Blasebalg betrieben wurde, so erzählte Frau Wichtig, habe das Poppele im Gottesdienst den Blasebalg zerrissen, so daß keine Luft mehr in die Orgel strömen konnte, und sie nur noch einen jammernden Laut von sich gab, bevor sie endgültig verstummte. Die Leute seien ganz erstarrt in den Bänken gesessen, dann habe das Poppele laut gelacht, was unbeschreiblich schrecklich geklungen habe. »Stimmt das, Herr Stetig?« fragte ich den Kirchenpfleger beim Geldzählen. »Gibt es einen Kirchengeist, und macht er tatsächlich solche Sachen?« Er sah sich ängstlich um. »Also, ob’s des Poppele gibt, des ko i net sage. I han’s no net gsehe, aber i woiß nex gnaus. Seiles Mol mit dere Orgel, also do isch’s Poppele oschuldig. Des war a Maus. Die hat de Blasbalge agnagt, weil se sonscht nex zom Fresse gfonde hat.«
    Eine weitere Untat des Poppele, diesmal am elektrischen Orgelmotor, durfte ich selbst miterleben. Beim Vorspiel im sonntäglichen Gottesdienst wurde die Orgel leiser und leiser und verstummte schließlich an einer Stelle, an der, wie wir alle wußten, der Schluß

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