Pfarrers Kinder Muellers Vieh
Most war.
Als genug Säcke voller Birnen bereit standen, borgte sich Manfred einen Leiterwagen und karrte die ganze Pracht zur Obstpresse. Ich sollte in der Zeit ein Feuer unter dem großen Waschkessel anzünden, möglichst viele Flaschen waschen und ein gutes Vesper für den geplagten Hausherrn bereit halten.
Frohgemut machte ich mich an die Arbeit. Ich ging in die Waschküche und steckte zerknülltes Papier und Kienspäne in die Feuerung des alten Waschkessels. Dann hielt ich ein Streichholz daran, und schon brannte das Feuer. Gleichzeitig aber begann es zu rauchen. Ganze Wolken quollen aus jeder Ritze des Ofens und füllten die Waschküche mit beißendem Qualm. Hochrot und tränenden Auges lief ich zur Mostpresse, um Rat zu holen. Manfred stand, umschwirrt von Wespen, vor der Presse und wartete, bis die Reihe an unsere Birnen kam.
»Du siehst aus wie ein Schornsteinfeger«, sagte er und verteilte mit seinem Taschentuch den Ruß gleichmäßig über mein ganzes Gesicht.
»Was soll ich denn bloß machen?« fragte ich.
»Nichts«, sagte er, »bleib hier bei den Birnen, ich bringe das schon in Ordnung.«
Einige Männer, die auch mit ihren Obstkarren herumstanden, erboten sich mitzugehen und zu helfen. Ich müsse nur auf ihr Obst achtgeben. Sie langweilten sich offensichtlich sehr und waren dankbar für die Abwechslung. So stand ich denn in einer Wagenburg von Obstkarren und hatte genügend Zeit, mir auszumalen, was die Männer jetzt alles in unserer Waschküche anstellen würden. Um den quälenden Gedanken zu entrinnen, richtete ich freundliche Worte an die Frau hinter mir. Ich tat das im Dialekt, um leutselig zu erscheinen, sie aber antwortete in einem gespreizten Hochdeutsch. Dadurch wurde unser Gespräch etwas mühsam. Sie hatten Schwierigkeiten mit dem Hochdeutsch, ich mit dem Dialekt. Trotzdem verstand ich, daß sie in ihren Säcken nur Äpfel hatte. Wir redeten hin und her. Ich pries die Vorzüge unserer Birnen, sie lobte die Süße ihrer Äpfel, und schon tauschten wir einen Sack Birnen gegen einen Sack Äpfel aus. Ich schämte mich fast, daß ich dieser gutgläubigen Frau unsere sauren Birnen aufgeschwatzt hatte, hoffentlich würde ihr Most keinen Schaden nehmen. Leider zeigte es sich nachher beim Pressen, daß diese Äpfel schon ziemlich verfault waren, so daß unser Most einen leichten Fäulnisgeschmack davontrug.
Nach langer Zeit, ich stand schon fast am Kopf der Schlange und hatte unendliche Mühe, all die vielen Karren immer ein Stück weiter zu schieben, also nach langer Zeit kam eine Gruppe von Negern den Berg heraufgetrottet. Die schwarzen Männer strahlten, daß die weißen Zähne nur so blitzten und unterhielten sich angeregt. Sie hatten den Ofen gereinigt, die Rohre aus der Wand gerissen und entrußt. Sie erzählten allen Umstehenden, wie grausam verstopft, verrußt und verdreckt der Ofen in Pfarrers Waschküche gewesen sei. Sie wollten gar nicht verraten, was sie da alles drin gefunden hätten. Einer der Schwarzen legte vertraulich den Arm um mich, woraus ich schloß, daß es Manfred sei, und flüsterte mir zu, daß der Ofen brenne. Ich eilte nach Hause. Was mußte ich da erblicken? Der Boden der Waschküche war schwarz von Ruß und Asche. Auf mehreren Haufen lag halbverbranntes Papier. Wie es schien hatte der Vorgänger versucht, hier im Ofen seine gesamte Korrespondenz samt den Kirchenbüchern zu verbrennen. Ich arbeitete hart, um die Waschküche wieder zu säubern. Der Zorn auf die Ofenreiniger und Waschküchenverschmutzer verlieh mir ungeahnte Kräfte. Das Feuer brannte, der Waschkessel knackte. Ich hob den Deckel, um nachzuschauen, ob das Wasser bald koche. Der Kessel war leer und glühend heiß. Schnell leerte ich einen Eimer Wasser hinein. Es zischte, brodelte, krachte und dampfte.
Ich riß das Fenster auf und füllte den Kessel vollends mit Wasser. Hoffentlich blieb Manfred noch eine Weile fort! Er kam früher als erwünscht, wunderte sich, daß das Wasser noch nicht kochte und fragte, was ich denn bloß die liebe lange Zeit getan hätte. Kein kochendes Wasser, keine sauberen Flaschen und auch kein Vesper, er war enttäuscht. Vielleicht hätte ich ohne seine Vorwürfe meine Wut zurückhalten können. Nun aber entlud sie sich fürchterlich über seinem ahnungslosen Haupt. Ja, was hatte er sich denn vorgestellt? Erst die ganze Waschküche verdrecken, dann Feuer anmachen und kein Wasser in den Kessel füllen! Explodieren hätte ich können mitsamt der Waschküche!
Bis das Wasser kochte
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