Pfefferbeißer - Harz Krimi
zum
Schlag gekommen ist.«
»Ist vielleicht überrascht worden und dann unglücklich gefallen …«,
gab Niebuhr die zweite Prognose ab.
Sina wartete schon auf den Dämpfer, den Keilberth immer auspackte,
wenn sich Niebuhr zu wohlfühlte. Aber er kam nicht.
»Möglich. Wir können aber nicht ausschließen, dass er einen gezielten
Schlag ins Genick bekommen hat, was einen fundamentalen Unterschied im Strafmaß
machen würde.«
Keilberth sagte das nicht wie sonst mit der leichten Überheblichkeit
des überlegenen Kriminalers. Es klang eher väterlich wohlmeinend. Hatte ihn die
Geschichte mit seiner Frau etwa doch völlig umgekrempelt? Von heute auf morgen?
Gab es so was?
»Jetzt zum Fundort der Leiche. Es wurden keine Spuren einer
Gewalttat gefunden. Kein Hälmchen wurde gekrümmt. Als wäre er vom Himmel auf
die Parkbank gefallen …«
»Fuß- oder Schleifspuren auf dem Weg?«, unterbrach Sina.
»Der Boden ist fest und staubig. Es ist ja seit Tagen trocken. Die
Technik hat nicht einen brauchbaren Abdruck sichern
können.«
»Aber von selbst ist die Leiche nicht dorthin gekommen, da sind wir
uns einig«, sagte Sina.
»In der Nähe des Kahnteiches liegt die ›Zwingergaststätte‹. Vielleicht
hat er da getrunken und ist mit jemandem in einen Streit geraten, der sich
draußen fortgesetzt hat …«, spann Niebuhr den Gedanken weiter.
»Und am Ende landete er auf der Parkbank«, ergänzte Sina und sah
Keilberth fragend an.
»Habt ihr im ›Zwinger‹ schon nachgefragt?«
Da war es wieder, das Autoritär-Fordernde. Er hat es doch nicht
verlernt, dachte Sina.
»Nein, noch nicht. Er kann auch einfach von der Wallstraße aus im
Park abgelegt worden sein«, gab sie trocken zurück.
Keilberth blätterte in dem vorläufigen Bericht. »Auf der Kleidung
des Toten wurden Haare und Speichelspuren gefunden. Aber die müssen natürlich
alle erst zugeordnet werden. Wenn Hauke den Anzug am Tag seines Todes frisch
gereinigt angezogen hat, und davon gehe ich aus, sind darauf auch nur die
Spuren der Personen, denen er gestern begegnet ist. Wir können nur hoffen, dass
es nicht zu viele sind.«
»Hat die Untersuchung von Haukes Wohnzimmer schon etwas ergeben?«,
fragte Sina, denn das brannte ihr am meisten unter den Nägeln.
»Wollte ich gerade drauf zu sprechen kommen, Kollegin Kramer. Im
Wohnzimmer wurden nur Fingerabdrücke von Hauke und seiner Frau gefunden.
Scheint ein Ehekrach gewesen zu sein …«
»Und danach hat sie sich mit Rotwein und Tabletten zugedröhnt«,
vermutete Niebuhr.
»Nachdem sie ihm vorher ein Veilchen verpasst hat, er hintenüber
gefallen ist und sich an der Heizung das Genick gebrochen hat«, ergänzte Sina
flapsig.
»Warum eigentlich nicht?«, meinte Keilberth. »Aber wie ist er dann
in die Wallanlagen gekommen? Ich habe Helmut und Verena Hauke früher öfter im
Lions Club getroffen. Sie hat gerade mal die Kraft dazu, eine Zigarette zu
halten, und besitzt, soviel ich weiß, keinen Führerschein. Aber das heißt
beides nichts, wir müssen der Spur trotzdem nachgehen.«
Keilberth erhob sich von seinem Drehstuhl.
»Also, Kollegen, ich schlage vor, wir fragen zuerst in allen
Gaststätten von Goslar nach, ob gestern so etwas wie eine Schlägerei stattgefunden
hat, und dann sehen wir weiter.«
Mit wir meint er natürlich uns , der liebe Heinz, dachte Sina. Dann fiel ihr noch etwas
ein.
»Ist unter Haukes Sachen ein Terminkalender gefunden worden?«
Keilberth griff nach der Liste auf seinem Schreibtisch. »Davon steht
hier nichts. Hatte er denn einen?«
»Seine Witwe sagt Ja.«
»Dann findet ihn.«
Für Keilberth war die Besprechung beendet. Sina und Niebuhr brachen
auf.
»Ach, Sina, warte mal.«
Sie drehte sich um und ließ Niebuhr vorgehen.
»Ich wollte mit dir noch drei Worte sprechen …«, sagte der
Kriminalrat mit gedämpfter Stimme.
»Das sind schon acht«, sagte Sina und lächelte. Sie hatte gehofft,
dass er nicht mehr darauf zurückkommen würde. Offenbar war doch alles gut, und
seine Frau hatte ihm verziehen, was immer es auch sein mochte.
»Wegen … du weißt schon.« Er war verlegen wie ein Schuljunge.
»Ich danke dir für deinen gut gemeinten Rat gestern …«, druckste er.
Sina nickte nur kurz, obwohl sie erleichtert war, dass er die Sache
nicht in den falschen Hals bekommen hatte.
»Du hast bei mir was gut!«, rief er ihr noch nach, als sie die Tür
schon fast hinter sich zugezogen hatte.
VIERZEHN
Sie hatten die Telefonate untereinander aufgeteilt.
Niebuhr
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