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Pfefferbeißer - Harz Krimi

Pfefferbeißer - Harz Krimi

Titel: Pfefferbeißer - Harz Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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Mann!«
    Es war Montagmorgen, nach einem Sonntag, an dem Torsten schon
frühmorgens abgehauen war und sie mit ihren Sorgen einfach allein gelassen
hatte. Sie hatte dann mit Chao den versprochenen Ausflug ins Rosarium nach
Sangerhausen gemacht und das Problem mit sich herumgeschleppt, ohne ihm etwas
davon zu sagen. Sie war Torstens Mutter, und sie ging
das zuerst an. Die letzten beiden Nächte hatte sie deswegen kaum ein Auge
zugemacht und war heute Morgen erst gegen fünf eingenickt.
    »Was ist?«, brummte Chao und versuchte, sie festzuhalten. Sie wehrte
seine Hände ab und gab ihm einen Kuss unter die schwarze Mähne.
    »Ich muss raus. Der Job ruft.«
    Chao warf einen kurzen Blick auf seine Armbanduhr. »Das wird ja
immer früher«, stöhnte er.
    Doch Sina war schon auf dem Weg ins Bad.
    Es war alles wieder da, das Herzklopfen, dieses Gefühl,
bis zum Hals in unüberwindbaren Schwierigkeiten zu stecken, mehr noch, vom
Schicksal in den Würgegriff genommen zu werden.
    »Sag mir bitte, dass das nicht wahr ist!«, hatte sie zu Torsten
gesagt, erschrocken, aber auch irgendwie belustigt, weil es einfach nicht wahr
sein konnte.
    Keine Antwort.
    »Hast du noch alle Tassen im Schrank?«
    Keine Antwort.
    »Und wie lange weißt du es schon?«
    »Seit zwei Wochen. Ich hätte es dir noch gesagt, Mum, das versteht sich
doch von selbst …«
    Sie hatte ihn angestarrt wie einen Außerirdischen, so unfassbar war
ihr das Ganze erschienen.
    »Es ist nun mal so, und ich muss mich den Tatsachen stellen.« Sein
Ton hatte etwas selbstherrlich Anmaßendes gehabt, das ihr mehr als unter die
Haut gegangen war.
    »Toll! Einfach großartig! Mein Sohn wird mit siebzehn Vater, wohnt
bei Mama, ist von Beruf Schüler, aber steht zu seinem Kind. Ich bin wirklich
stolz auf dich.«
    In diesem Augenblick hatte sie nicht anders gekonnt, als mit Sarkasmus
zu reagieren, vielleicht um sich davor zu schützen, loszuheulen oder wie eine
Rakete abzugehen.
    »Wer ist die glückliche Mutter überhaupt, wie heißt sie?«
    »Sie heißt Carolin.«
    »Wie lange seid ihr denn schon zusammen? Du hast doch immer wieder
Neue gehabt.«
    »Nein, das stimmt nicht, Mum. Mir ging es immer nur um Carolin, und
wir sind seit zwei Monaten zusammen.«
    »Eine halbe Ewigkeit. Ist das die Große mit den roten Haaren?«
    »Nein, das ist Gela. Caro ist kleiner als ich und hat hellbraune Haare.«
    Sina war sich lächerlich vorgekommen zu fragen, warum sie nicht
aufgepasst hatten.
    »Wir haben uns doch unterhalten, über Kondome und all das. Warum,
verdammt noch mal, hast du das nicht ernst genommen?«
    »Ich habe es ernst genommen! An dem Nachmittag hatten wir auch nicht
vor … es ist einfach so passiert …«
    Absoluter Leichtsinn. Tröstlich war, dass es noch einen Ausweg gab.
Heute musste niemand ein Kind bekommen, das er nicht wollte, schon gar nicht,
wenn er Schüler war und einen Fehler gemacht hatte. Sie hatte versucht, sich zu
entspannen.
    »Es ist ja noch nicht aller Tage Abend …«
    Doch Torsten war darauf nicht angesprungen.
    »Sie will nicht abtreiben, Mum, wir wollen es beide haben!«
    Als die Tür schloss und Chao in der Küche stand, hatten sie das
Gespräch abrupt beendet, und Torsten hatte sich ohne ein weiteres Wort in sein
Zimmer verzogen.
    Seit Samstagabend war die Welt für Sina eine andere. Aber
jetzt war Montag, und die Arbeit ging weiter. Keine fünfzehn Minuten später
traf sie sich mit Niebuhr in den Wallanlagen.
    Vor ihnen auf der Parkbank lag eine männliche Leiche. Der Tote war etwa
Ende vierzig, trug einen dunklen Anzug, darunter ein weißes Hemd mit
smaragdfarbener Lederkrawatte. Er war schlank, die Haare – tiefschwarz –
wirkten künstlich nachgedunkelt. Seine Hände waren weiß und fein; unter dem
rechten Auge befand sich ein Hämatom. So viel erkannten die Beamten auf den
ersten Blick.
    »Habt ihr den hier so gefunden? Papiere?«, fragte Sina.
    »Wir nicht …« Der Kollege von der Kriminaltechnik wies auf eine
krumme alte Frau, die sich auf der Parkbank nebenan niedergelassen hatte.
    »Papiere hat er, und Geld hat er auch noch, also vermutlich kein
Raubmord«, gab der Techniker an.
    »Und wer ist es?«, wollte Niebuhr wissen.
    Der Techniker reichte ihm eine schwarze Lederbörse. Niebuhr streifte
sich Latexhandschuhe über und fand sofort, was er suchte.
    »Ui«, sagte er nach einem kurzen Blick auf den Personalausweis zu
Sina, »Prominenz aus dem Rathaus und wohnt nicht weit von dir im
Siemensviertel.«
    Sina wurde neugierig.

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