Pfeilgift: Katinka Palfys Siebter Fall
ich auch einfach eingeschlafen. Als ich wieder aufwachte, habe ich die Polizei angerufen.«
»Paula«, sagte Katinka leise, »du wirst Anzeige gegen Wertinger erstatten.«
»Ach, er war doch völlig neben sich.«
Katinka glaubte, nicht richtig gehört zu haben.
»Mit Prügeln darf man nicht durchkommen«, sagte sie. »Da gibt es keine Entschuldigung.«
Paula zuckte nur die Schultern.
»Ich habe CDs aus dem Bauwagen mitgenommen«, sagte Katinka. »Cuno und ich werden sie uns ansehen. Ich nehme an, dass Hagen und Wertinger mit Giftfröschen gehandelt haben. Kann das sein?«
»Ich weiß es nicht.«
»Hast du Hagen mal etwas in der Richtung erwähnen hören? Könnten die Frösche verendet sein, damals, als er mitten in der Nacht wegmusste?«
Paula hob die Hände und ließ sie fallen. Katinka seufzte.
»Bist du bereit, dich von einer Ärztin untersuchen zu lassen? Wertinger verdient es nicht anders, Paula. Außerdem soll man mit den Augen nicht spaßen!«
Katinka brauchte nur ein paar Minuten, um Paula zu überzeugen. Sie gab Ruth Stein Bescheid. Die Kommissarin fegte in ihr Büro und nahm die Dinge in die Hand.
14. Suizid
»Das sind die Buchhaltungen für 2003 und 2004«, sagte Cuno. Sie saßen in Paulas Arbeitszimmer und starrten auf den Bildschirm. »Dasselbe Prinzip. Zwei Programme. Ein offizielles, ein zweites.«
»Um wie viel geht es, Cuno?«, fragte Katinka.
Er klickte herum.
»Sie scheinen 2003 mit dem ganzen Mist angefangen zu haben. Wieder schräge Abkürzungen. Dieser Nebenhandel hat ihnen die Firma erhalten.« Er klickte auf ›drucken‹. »Schau dir das an: Sie wären in Insolvenz gegangen. Über Wochen mehr Ausgaben als Einnahmen. Girokonto im Minus. Dann folgen mehrere Privateinlagen, die sie bar eingezahlt haben.« Er fuhr mit dem Zeigefinger über die Blätter. »Wo sie die Kohle herhaben, möchte man wissen.«
»Ich frage Paula, sobald sie aufwacht.« Katinka war erleichtert, dass Paula nach Wertingers Attacke glimpflich davongekommen war, mit ihrem blauen Auge und der Prellung am Kinn. Jetzt schlief sie den Schlaf der Erschöpften. »Könnte nicht ihr Vater oder Hagens Mutter etwas zugeschossen haben?«
Cuno wiegte den Kopf.
»Möglich, aber ich halte es für wahrscheinlicher, dass Hagen und Wertinger ihren Nebenhandel mit dem Zweck betrieben, das offizielle Unternehmen am Leben zu erhalten. Kleine Geschäfte an der Steuer vorbei. Bluttransfusionen für Patient Firma. Sie hatten unglaubliche Außenstände. Allein im März 2003 über fünfzigtausend.«
»Euro?«
»Ja, was denn sonst. Forint vielleicht?«
»Jaja, schon gut.« Katinka vertiefte sich in die Tabellen. Allmählich erschloss sich ihr der Sinn der Zahlenkolonnen. Eigentlich gar nicht so schwierig, dachte sie. Nichts anderes, als was ich mache, wenn ich abrechne. Nur ein bisschen überkandidelt formuliert. »Wertinger hat vermutlich die alten Buchhaltungsfiles auf dem Rechner in der Firma gelöscht und die CDs mit den Kopien im Bauwagen versteckt.«
»Ein Untergrundbüro. Allerliebst«, murmelte Cuno.
»Wir brauchen Hagens Kontoauszüge. Hilf mir suchen.«
Sie stellten das Arbeitszimmer auf den Kopf und fanden mehrere Mappen mit ordentlich abgehefteten Auszügen.
»Super, alles beschriftet«, murmelte Cuno und blätterte. »Privatkonto Hagen Stephanus. Privatkonto Paula Stephanus. Geschäftskonto.«
Sie vertieften sich.
»Die Privateinlagen ziehen sich durch das ganze Jahr 2003«, sagte Cuno schließlich. Er kritzelte Notizen auf einen Block. »Immer Bareinzahlungen auf das Geschäftskonto mit dem Vermerk ›Privateinlage‹.«
»Das sieht ziemlich böse aus, oder?«, fragte Katinka.
»Nicht unbedingt. Es ist nicht verboten, dein Privatvermögen ins Geschäft zu pumpen.«
»Aber von den Privatkonten gingen keine entsprechenden Beträge ab.«
»Nein, er hat alles bar eingezahlt.«
»Er?«
»Hagen. Oder sein Angestellter. Das wissen wir eben nicht, und die Bank verrät es uns nicht.« Cuno kratzte sich die Bartstoppeln. »Mag sein, dass seine solvente Mutter ihm die Kohle geliehen oder geschenkt hat.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass Bernhild Stephanus ihrem Sohn einen Umschlag mit mehreren tausend Euro überbringt«, sagte Katinka.
Cuno tippte mit dem Finger auf die Auszüge. »Die Fußangel ist doch die: Sobald eine Bareinzahlung auftaucht, deren Quelle nicht bestimmt werden kann, kommt der Verdacht auf, dass es Schwarzgeld ist. Wenn es also kein Schwarzgeld war, dann hätte jeder Geschäftsmann dafür
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