Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pferde, Wind und Sonne

Pferde, Wind und Sonne

Titel: Pferde, Wind und Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cescco
Vom Netzwerk:
Tiere tatsächlich zu beschwichtigen. Obwohl Karin der Angstschweiß ausbrach, mußte sie die Macht der Stimme bewundern, die den Kampftrieb besänftigte. Ein anderer Gardian kam herbei. Es war der alte Nicolas mit seiner dicken Zigarre im Mundwinkel. Karin seufzte. Das war ein ideales Mittel gegen Mücken. Schade, daß ihr vom Rauchen übel wurde...
    »Freut mich, Sie zu sehen«, näselte Nicolas, » >Caraque< hat noch immer seine Mucken.«
    »Wo ist er denn?« fragte Tante Justine.
    »Dort unter dem Gamander.«
    »Scheuch ihn auf«, sagte Tante Justine zu Pierre.
    Pierre lenkte sein Pferd auf den Stier zu, der am Boden lag. Als er einen bestimmten Abstand erreicht hatte, hielt er an und schrie: »Ohé, >CaraqueVaillant< verfeindet«, sagte Nicolas. »Wir hatten die größte Mühe, ein Massaker zu verhindern, abgesehen davon, schafft das Unruhe in der Herde.«
    Tante Justine lachte auf. »Unser kleiner >Vaillant< hat sich gemausert. Offenbar fühlte sich >Caraque< in seiner Vorherrschaft bedroht.«
    Karin folgte ihrem Blick. >Vaillant< war ein kräftiges, junges Tier mit kastanienbraunem Fell und einem weißen Fleck auf der Stirn. Er hatte seine volle Größe noch nicht erreicht; aber alles an ihm, seine Proportionen und sein Gehörn, ließen ahnen, daß er in Kürze ein kraftstrotzender Stier sein würde.
    »Er ist erst drei Jahre alt«, sagte Tante Justine. »In einem Jahr wird er ausgewachsen sein. Es wäre schade, wenn er vorher verstümmelt würde.«
    Sie sah wieder nach >Caraque< hinüber, der sich langsam um sich selbst drehte, um im Wind seinen Gegner zu wittern. Constantin, der oberste Gardian, war inzwischen mit zwei anderen Männern hinzugetreten. Die Manadière und der »Baile« verständigten sich mit einem einzigen Blick.
    »Der alte Bursche hat noch zuviel Kraft in den Knochen, er wird >Vaillant< zu Brei stampfen«, sagte Tante Justine nicht ohne Zärtlichkeit. »Wir müssen die beiden trennen und...« Sie unterbrach sich und starrte auf einen Reiter, der wie ein Wirbelwind aus dem fernen Wald hervorbrach.
    »Wer ist denn dieser Dummkopf?«
    Mit hängenden Zügeln galoppierte der Neuankömmling den See entlang, der die Weide auf der südlichen Seite begrenzte.
    »Das ist ja Alain!« rief Mireille fassungslos.
    Tante Justine stieß eine Verwünschung aus. »Hat er den Verstand vollständig verloren?«
    »Er kommt auf uns zu und muß an >Caraque< vorbei«, bemerkte Constantin besorgt.
    Tante Justine stieß einen knurrenden Ton aus. »>Caraque< wird nicht erfreut sein... Bleibt hier!« befahl sie den Mädchen.
    Den Dreizack fest in der Hand, trieb sie ihr Pferd vorwärts, um sich zwischen Stier und Reiter zu stellen. Trotz seinem gesenkten Kopf hatte >Caraque< am Zittern des Bodens gemerkt, daß sich jemand näherte. Sein Schwanz bewegte sich heftiger. Sein Huf bearbeitete den Boden. Plötzlich griff er an und warf sein Gewicht von vierhundert Kilo blitzschnell vorwärts. Karin unterdrückte einen Schrei, schon hatte Tante Justine dem Ungetüm den Weg versperrt. >Caraque< raste, als wollte er sich das Rückgrat brechen, doch, von der Dreizackgabel gestoppt, blieb er bebend unter dem Eisen stehen. Aber er machte nicht kehrt, trotz der Schmerzen senkte er den Kopf, um zuzustoßen. Constantin eilte zu Hilfe. Der Stier gewahrte ihn aus dem Augenwinkel und ging blindlings auf den neuen Gegner los. Im selben Augenblick kam von der anderen Seite Nicolas, der seine brennende Zigarre in den Sand geworfen hatte. Constantin lenkte >Caraque< in schräger Richtung ab, so daß Nicolas den Stier in vollem Galopp mit dem Dreizack stechen konnte. Auf diese Weise gelang es ihnen, das wutschnaubende Tier zum See zu treiben, wo es sich brüllend ins aufspritzende Wasser stürzte.
    Während Karin die vor Aufregung zitternde >Rosa< mit beiden Händen festhielt, sah sie Tante Justine auf Alain zu galoppieren, ihn wie ein Kaninchen im Nacken fassen und ihm rechts und links zwei heftige Ohrfeigen versetzen. Ihre laute Stimme hallte weit in die Runde: »Habe ich dir nicht verboten, allein auf die Stierweide zu gehen? Du hast keinen Dreizack. Hätte >Caraque< dich angegriffen, wärst du durchlöchert wie ein

Weitere Kostenlose Bücher