Pferdesommer mit Lara
Sportwagens sein musste. Lily und Erik fuhren also wieder los, vielleicht zusammen mit Elisa. Ich dachte, dass sie sich ihre blödsinnige Huperei sparen konnten. Sie beunruhigten damit nur die Pferde, besonders Lara.
Doch es ging wohl weniger um die Pferde als darum, dass ich die Vandammes nicht mochte. Ich wünschte, sie würden verschwinden und nie wieder auftauchen, aber darauf brauchte ich wohl nicht zu hoffen. Irgendwo tief in mir saß die Befürchtung, sie könnten Arne schließlich doch auf ihre Seite ziehen und ich würde ihn verlieren, so wie ich Ronja verloren hatte.
Natürlich ließ sich das nicht vergleichen. Ronja und ich hatten eine ganz andere, viel tiefere Beziehung gehabt, wir waren wie die »zwei Seiten einer Münze« gewesen; so hatte es ein Lehrer einmal ausgedrückt.
Ich wusste nur, dass Arne gerade deshalb eine besondere Bedeutung für mich gewonnen hatte, weil es Ronja nicht mehr gab. Jetzt kannte ich ihn erst seit zehn Wochen und doch konnte ich mir mein Leben ohne ihn nicht mehr vorstellen.
Inzwischen mussten sie mit Laras Hufbehandlung angefangen haben. Meine Gedanken wanderten zu ihr, und ich versuchte, eine innere Verbindung zu ihr herzustellen, ihr Liebe zu schicken und die Zuversicht, dass ihr nichts geschehen würde, dass wir alle um sie herum es gut mit ihr meinten. Ronja hatte daran geglaubt, dass so etwas möglich war.
Ronja … Wieder einmal wünschte ich mir sehnlich, sie wäre noch bei mir und wir könnten die Sorge um Lara miteinander teilen. Hilf Lara!, dachte ich. Hilf ihr, wenn es dich noch irgendwo gibt, dass die Prozedur kein Stress für sie ist, dass alles gut geht und dass sie keine Betäubung braucht.
Plötzlich durchschnitt ein kurzes, unterdrücktes Gewieher die Luft. Es war Lara, ich hätte ihre Stimme unter vielen anderen Pferden herausgehört. Ich hob den Kopf; mein Herz klopfte wie verrückt. Was war passiert? Hatten sie ihr wehgetan?
Im Aufspringen hörte ich Stimmen. Ich lief den Hang hinauf, und als ich oben angelangt war, kam Arne mir entgegen. Frau Friedrun und Herr Theisen standen mitten auf der Koppel. Lara war nirgends zu sehen.
»Was ist passiert?«, rief ich.
Arne hob die Hand. »Alles paletti, wir haben’s geschafft. Es ging besser, als ich dachte.«
Heftig atmend blieb ich vor ihm stehen. »Echt? Schon erledigt? Und wo ist sie?«
»Unten am Bach, bei Fee. Sieht aus, als wäre das der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.«
Er verzog den Mund zu einem halben Lächeln, und diesmal fiel ich ihm um den Hals, ganz schnell und mit einem Gefühl, als würde ich von einer heißen Welle überschwemmt. Dann rannte ich weiter, glitt auf einem Haufen Pferdeäpfel aus, raffte mich wieder auf und merkte, dass mein rechtes Jeansbein mit Mist verschmiert war.
»Sie hat alles prima überstanden.« Frau Friedrun packte Feile, Zange und Hufmesser zusammen. »Ihre Hufe sind noch nicht komplett ausgeheilt, ihr müsst sie noch ein paar Wochen mit der Salbe behandeln. Am besten geht sie jetzt einige Zeit barfuß, ohne neue Hufeisen. Hier hast du ihre alten. Sie sollen dir Glück bringen.«
Herr Theisen hatte einen breiten Schmutzstreifen im Gesicht, der wie Kriegsbemalung aussah. »Ich hätte nicht gedacht, dass das mit Lara so gut klappen würde. Das scheint ein Wundermittel zu sein, das Sie Rikke da geschickt haben. Kann ich es Jago auch geben?«
Ziemlich feierlich überreichte mir Frau Friedrun die vier alten Hufeisen. Ihre kurzen Haare waren nass geschwitzt, ihre Nase und ihr Kinn braun gesprenkelt.
»Das muss ich erst austesten«, sagte sie. »Nicht für jedes Pferd passt das gleiche homöopathische Mittel. Am besten erzählen Sie mir so viel wie möglich über Jagos Vergangenheit und seinen Charakter, das hilft mir bei der Wahl des Mittels. Aber dazu müssen wir einen neuen Termin vereinbaren. Jetzt muss ich leider weg.«
»Schicken Sie mir die Rechnung zu?«, fragte ich und streichelte Bonnie, die gekommen war und ihre Nase in meine Handfläche schob.
Frau Friedrun nickte. »Das kann allerdings eine Weile dauern. Meine Schwester erledigt den Bürokram für mich, aber sie hat ihre Familie zu versorgen und kommt mit der Arbeit nicht so recht nach.«
Erleichtert bedankte ich mich. So blieb mir Zeit, noch etwas Geld zu verdienen, und ich brauchte keine Schulden bei meinen Eltern zu machen. Herr Theisen räusperte sich und sagte: »Ich wollte Sie übrigens einladen. Und dich auch, Rikke. Zu unserer Hauseinweihung in drei Wochen. Wenn nichts
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