Pflege daheim oder Pflegeheim
beantragen, müssen Sie Ihren Angehörigen mindestens sechs Monate zu Hause gepflegt haben. Die meisten Pflegekassen setzen den Beginn der Pflege in häuslicher Umgebung mit der Einstufung in der Pflegeversicherung gleich. Das umgehen Sie, wenn Sie bei der Erstbegutachtung durch den MDK ausdrücklich darauf hinweisen, dass der Beginn der Pflegebedürftigkeit schon früher liegt. Dann besteht der Anspruch auf Ersatzpflege bereits eher.
Die Inanspruchnahme von Verhinderungspflege wird nicht auf den Anspruch von Kurzzeitpflege (siehe unten) angerechnet. Sie können also auch dann eine Kurzzeitpflege für Ihren Angehörigen bekommen (zum Beispiel wenn Sie plötzlich krank werden), wenn Sie in dem Kalenderjahr bereits Urlaub gemacht und dafür die Verhinderungspflegeregelung in Anspruch genommen haben.
Kurzzeitpflege
Schließlich gibt es die Möglichkeit der „Kurzzeitpflege“: Sie können den Pflegebedürftigen vorübergehend – für maximal 28 Tage – in ein Pflegeheim geben, entweder als Übergangslösung zwischen dem Krankenhaus und der häuslichen Pflege, wenn Sie, als private Pflegeperson, plötzlich ausfallen und keine Ersatzpflege organisiert werden kann, oder wenn sich die Pflegebedürftigkeit erheblich verschlimmert und Sie ein geeignetes Heim suchen müssen ( siehe auch Kapitel 3 ).
HINWEIS
Ein gutes Modell: „Lassen Sie mich vor, ich pflege!“
Ein interessantes Hilfskonzept hat die Unfallkasse NRW zusammen mit dem Department für Pflegewissenschaften der Universität Witten/Herdecke entwickelt, zunächst für die Modellstädte Solingen und Dortmund: Pflegende Angehörige legen beim Arzt nicht mehr nur ihre Versichertenkarte, sondern eine „Notfallkarte“ vor und kommen dann schneller dran. Viele Pflegepersonen sind nämlich zusätzlich im Stress, wenn sie selbst krank werden (und gehen dann oft lieber gar nicht zum Arzt), weil zuhause ihre Angehörigen unversorgt sind. Außerdem sollen Ärzte stärker über Entlastungsmöglichkeiten für pflegende Angehörige informiert werden, damit sie besser darauf aufmerksam machen können, beziehungsweise so etwas dann auch mal verordnen. Zum Modellprogramm gehören weiterhin Pflegekurse, Fahrdienste und eine Telefonseelsorge speziell für Angehörige.
Pflege und Beruf
Über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird ja viel geredet in unserem Land – und immer noch zu wenig getan, verglichen mit unseren europäischen Nachbarn. Und wenn es nicht um die Betreuung von kleinen Kindern geht, sondern um die älterer, pflegebedürftiger Angehöriger, dann sieht es noch schlechter aus.
Verarmungsrisiko?
Pflege als Tabuthema
Das Thema Pflege von Angehörigen und Beruf ist in der modernen Arbeitswelt heute noch ein Tabu, aber es wird in den nächsten Jahren verstärkt auf die Unternehmen zukommen, weil ohnehin schon qualifizierte Arbeitskräfte fehlen und sie auf die „Pflegegeneration“ der Fünfzigjährigen (und älter) nicht verzichten können. Bisher gibt es nur Initiativen in einzelnen Betrieben und viele Sonntagsreden, wichtig wären aber konkrete bessere Arbeitszeitmodelle und auch ein Umdenken: Wann ist zum Beispiel eine permanente Anwesenheit im Unternehmen notwendig und wann nicht (etwa, wenn kein Publikumsverkehr oder die Arbeit an fest installierten Maschinen zur Tätigkeit gehört)?
Pflegende Angehörige leisten enorm viel, meist mehr, als sie langfristig verkraften können, sie brauchen Entlastung, Kuren, Urlaub, aber das Hauptproblem bleibt in dem Fall wirklich das Geld. Menschen, die pflegen, verarmen nicht selten, werden zum Sozialfall, weil die Pflegebedürftigen oft nicht einmal für ein paar Stunden allein bleiben können und sie deshalb gar nicht mehr oder nur Teilzeit arbeiten können – und das oft in einem Alter, in dem Vollzeitarbeit für die spätere Rentenhöhe so wichtig wäre. Auch die Möglichkeit der teilstationären, so genannten Tages- oder Nachtpflege ( siehe Kapitel 3 ) ist für viele, trotz der Unterstützung durch die Pflegeversicherung, einfach zu teuer. Wenn man wirklich den Grundsatz „ambulant vor stationär“ erhalten oder sogar ausbauen will, muss häusliche Pflege besser finanziert werden. Dazu gibt es mehrere Vorschläge, wie zum Beispiel die Arbeit ambulanter Pflegedienste nicht in Minutentakten, sondern in größeren Zeitpaketen zu berechnen und entsprechend zu honorieren.
Rentenansprüche
Vor allem ist auch unverständlich, warum es nicht Lohnersatzleistungen für die Pflegezeit ( siehe unten ) gibt, wie
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