Pflege daheim oder Pflegeheim
Information des Pflegebedürftigen belegen – was nochmals die Notwendigkeit einer sorgfältigen Pflegedokumentation klar macht.
Um zivilrechtliche Ansprüche durchzusetzen, sollten Sie jedenfalls einen Anwalt nehmen. Da die Pflegekasse ebenfalls ein Interesse daran hat, sollten Sie diese zusätzlich einschalten. Sie darf zwar keine Anwalts- und Prozesskosten übernehmen, hilft aber mit Rat und Tat. Allerdings ist dies bisher nicht gesetzlich vorgeschrieben. Und schließlich können auch Patientenschutzvereinigungen wie die UPD (siehe Adressenverzeichnis ) helfen.
Freiheitsentzug
Auch die „Fixierung“ in Pflegeheimen und in häuslicher Pflege – zu Deutsch: das Festbinden oder das Ruhigstellen eines Pflegebedürftigen mit starken Psychopharmaka – ist meist ein rechtlich unzulässiges Vorgehen. Dieser Freiheitsentzug kommt in deutschen Pflegeheimen etwa 350.000 Mal vor – täglich. Von diesen Maßnahmen ist nur „ein Bruchteil fachlich gerechtfertigt“, schreibt der Rechtsanwalt Thomas Klie von der Evangelischen Hochschule Freiburg in der Fachzeitschrift „Geriatrie-Report“ (September 2011). Selbstverständlich gibt es – wenige – Fälle, wo es nicht anders geht. Meist handelt es sich dann aber um Menschen, bei denen eine Unterbringung im Heim angeordnet werden musste (siehe Kapitel 4 ). Ansonsten müssen, bevor eine Fixierung erfolgt, alle anderen pflegerischen Maßnahmen ergriffen werden. Dazu gehören Hilfsmittel zum Schutz des Pflegebedürftigen vor sich selbst (zum Beispiel ein Gitter am Bett).
Aus Fehlern lernen
Fehlerberichtssystem
Für die Qualität der Pflege ist auf Dauer aber etwas anderes wichtiger als mögliche Schadensersatzansprüche oder Schmerzensgeld: aus Fehlern zu lernen. Auch die Medizin ist dabei, das in der Luftfahrt entwickelte Konzept des „Fehlermanagements“ zu übernehmen. Nur eine „Fehlerkultur“, in der Pflegende Irrtümer zugeben können, führt dazu, dass diese künftig vermieden werden. So hat zum Beispiel das Kuratorium Deutsche Altershilfe ( www.kda.de ) ein Fehlerberichtssystem entworfen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass ein solches System nur dann richtig funktioniert, wenn Behandler die Möglichkeit haben, eigene Fehler auch anonym zu melden – auf dass alle daraus lernen.
Pflegefehler können zu gesundheitlichen Schäden beim Pflegebedürftigen führen – klassische Beispiele sind Austrocknen oder Wundliegen (siehe dazu Kapitel 7 ). Auch das zu späte Herbeirufen eines Arztes ist selbstverständlich ein Pflegefehler. Solche Fehler durch Pflege-Profis sind wahrlich nicht immer deren persönliche Schuld – personelle Unterbesetzung und zu knappe Zeitvorgaben mit der Folge von Überforderungen liegen im System.
Übersicht über Pflegefehler
Wie können Sie als Angehöriger die Wahrscheinlichkeit einschätzen, dass es sich tatsächlich um einen Pflegefehler handelt? Eine Übersicht dazu finden Sie im Internet unter: www. deutsche-pflegeauskunft.de/cms/pflege/tipps-fuer-pflegende- angehoerige/uebersicht-vermeidung-haeufiger-pflegefehler
Diese Seite gibt außerdem Hinweise zur Vermeidung häufiger Pflegefehler, die auch Ihnen als Angehörigem unterlaufen können.
GUT ZU WISSEN
Stärkung Ihrer Rechte geplant
Generell ist auch der Patientenbeauftragte der Bundesregierung (derzeit: Wolfgang Zöller) Ansprechpartner für Pflegebedürftige und deren Angehörige: www.patientenbeauftragter.de . Er plant ein Patientenrechtegesetz, das im Laufe des Jahres 2012 in Kraft treten soll. Im Mittelpunkt stehen unter anderem Systeme zur Verringerung von Fehlern und mehr Transparenz für Patienten und Angehörige. Sie sollen bei Verdacht auf Behandlungs- und Pflegefehler unterstützt werden. Die Pflegekassen sollen dies nicht mehr nur freiwillig tun, sondern dazu gesetzlich verpflichtet werden. Dies könne beispielsweise durch die Hilfe bei der Beweisführung mittels medizinischer Gutachten geschehen. Außerdem soll das Recht der Angehörigen zur Einsicht in die Pflegedokumentation gestärkt werden.
KAPITEL 6
Nicht selbst zum Pflegefall werden
„Die adrette Person mit den rosigen Wangen ist meist der Demente, die bleiche, geplagte Person ist der überlastete ‚gesunde‘ Partner“, das sagt ein erfahrener Geriater nach vielen Hausbesuchen. An sich selbst zu denken, ist kein Egoismus, sondern zwingende Notwendigkeit, will man sich für längere Zeit um einen pflegebedürftigen Angehörigen kümmern. Die Pflege eines Menschen ist schwierig und anstrengend.
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