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Pflicht und Verlangen

Pflicht und Verlangen

Titel: Pflicht und Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Landys
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nicht
kümmern.
    Dr.
Banning schaute, in der Eingangstür des Pfarrhauses stehend, der
schlanken Gestalt kopfschüttelnd nach, die bald von der
Dunkelheit verschluckt wurde. Ihn plagten düstere Ahnungen. Wie
würde der Lebensweg dieser außergewöhnlichen jungen
Frau weiter verlaufen? Er bedauerte zutiefst, ihr nicht umfassender
helfen zu können. Auch fragte er sich, wie John zur Abreise von
Miss Millford stand, die ihm, wie er als sein Freund wusste, weitaus
teurer war, als er zugeben durfte? Wie würde er es verkraften?
Letztlich war es vielleicht besser so, dachte Banning seufzend. Warum
musste Liebe und Leid immer so dicht beieinanderliegen? Und warum war
des Menschen Wesen in seiner Leidenschaft und Fähigkeit zum
Schlechten wie zum Guten so unvollkommen und wunderbar zugleich?
Resigniert zuckte er mit den Achseln. Um diese Frage zu beantworten,
reichte ein Philosophenleben nicht einmal annähernd aus. Nur
Gott kannte die Antwort.
    Damit
wandte er sich um und ging zurück ins Haus.

Drittes
Buch

Kapitel
22

    Captain
Battingfield saß allein am Frühstückstisch. Seine
Frau schlief noch und der Platz, an dem Charlotte in den letzten
Wochen zu sitzen pflegte, war verwaist. Das fehlende Gedeck wirkte
auf ihn wie ein gewaltsam herausgerissenes Loch in der Tafel –
klaffend und schmerzlich. Auf seine Nachfrage hin hatte Cyril ihm
mitgeteilt, dass Miss Millford das Haus bereits gegen sechs Uhr
morgens verlassen habe und nach Millford Hall abgereist sei.
Äußerlich gefasst hatte er diese Erklärung mit einem
Nicken zur Kenntnis genommen, innerlich aber riss sie die schwärende,
tiefe Wunde in seinem Herzen erneut schmerzhaft auf. Er meinte, es
nicht ertragen zu können. Sie war tatsächlich fort!
Entschwunden aus seinem Leben und er hatte es nicht nur nicht
verhindert, sondern sie auch noch von sich weggetrieben.
    Er
war gestern Abend in jenem Pavillon im Regen, nachdem sie ihn
verlassen hatte, buchstäblich zusammengebrochen, hatte sich mit
Selbstvorwürfen gequält, hatte Pläne geschmiedet, sie
doch noch für sich zu gewinnen und gleichzeitig gewusst, dass
sie diese niemals unterstützen würde. Er hatte mit sich
gehadert, sein Schicksal und seine Feigheit verflucht. Es hatte alles
nichts genutzt und ihm keine Linderung verschafft. Wund an Gemüt
und Seele war er schließlich nach Hause zurückgekehrt und
hatte sich neben seine schlafende Gattin gelegt, die ihm nicht das
Geringste bedeutete und auch nie bedeutet hatte. Warum nur, so hatte
er sich in dieser Nacht wieder und wieder gefragt, hatte er sich
seinem machtgierigen und engstirnigen Vater nicht widersetzt, als er
damals angewiesen wurde, um die Hand dieser Frau anzuhalten? Sein
Vater hatte ihm mit Enterbung gedroht, wenn er sich nicht seinem
Willen unterwerfe und er, John, war feige gewesen und vielleicht auch
zu jung, um die Tragweite einer solchen Entscheidung wirklich zu
erfassen. Die Aussicht, den Anspruch auf das Erbe seiner Heimat zu
verlieren, war ihm damals zu hart erschienen. Und so hatte er
versucht sich einzureden, dass sich hinter der Flatterhaftigkeit und
zur Schau getragenen Blasiertheit der damaligen Miss Wellesley doch
eine liebenswerte Frau verbarg, die nur einer guten Anleitung und
anregenden Umgebung bedurfte. Das hatte sich allerdings im Laufe der
Jahre als grober Irrtum erwiesen. Als er widerstrebend eingewilligt
hatte, Gwendolyn Wellesley zu heiraten, war er ein unbesonnener
junger Mann gewesen, der das überwältigende Gefühl
einer aufrichtigen Liebe nie erfahren hatte. Er war sich nicht
bewusst gewesen, welche Kraft und welche Verzweiflung ein solch
starkes Gefühl hervorbringen konnte, bis er das erste Mal Miss
Charlotte Brandon begegnete. Seitdem befand er sich in einem inneren
Aufruhr, der ihn vermutlich den Verstand, sicher aber seinen
Seelenfrieden kosten würde. Für Charlotte hätte er nun
alles, was er war und besaß, freudig aufgegeben, doch konnte er
dasselbe und noch mehr von ihr verlangen?
    Seine
Ehe war umso mehr eine Farce. Weder hatte er seine Frau je geliebt
noch sie ihn, aber spielte das eine Rolle bei dieser angeblich so
vorteilhaften Verbindung, die ihrer beider Familien miteinander
ausgehandelt hatten? Es war nichts weiter als wirtschaftliches Kalkül
und Machtinteresse zweier Väter, die diese Bezeichnung kaum
verdienten, gewesen, die sie beide den Weg zum Altar hatten antreten
lassen. Gewiss, es gab solchermaßen gestiftete Ehen, die
durchaus glücklich wurden und Liebende, deren Zuneigung sich in
Hass

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