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Pflicht und Verlangen

Pflicht und Verlangen

Titel: Pflicht und Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Landys
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gestrigen Entschluss
folgsam.
    Lady
Millford nickte kurz mit einem sichtlich zufriedenen Gesichtsausdruck
und verließ das Zimmer.
    Nunmehr
allein, kaute Charlotte gedankenvoll an ihrem Marmelade-Toast. Wie
hatte es der Captain nur geschafft, ihre Tante derartig zu
besänftigen? Die Einladung nach Dullham Manor war offenbar der
Auslöser dieses willkommenen Gesinnungswandels. Sie hatte sich
die morgendliche Begegnung mit Lady Millford wesentlich schlimmer
vorgestellt und nur deshalb gut geschlafen, weil die gestrige
nervliche Anspannung, die lange Wanderung und die frische Luft sie
wirklich erschöpft hatten. Aber nun erschien alles in einem
wesentlich positiveren Lichte. Der Captain, so bilanzierte Charlotte
mit einem ironischen Lächeln, hatte sich als echter Retter in
der Not erwiesen.
    Die
Erinnerung an ihre neue Bekanntschaft bereitete ihr allerdings
weiterhin leichtes Unbehagen. Captain Battingfield war wirklich ein
ausgesprochen galanter und leider auch gut aussehender Mann, dazu
noch sehr unterhaltsam. Sie musste sich, als sie ihr Gespräch
mit ihm noch einmal überdachte, eingestehen, dass sie sich seit
Langem nicht mehr so angeregt unterhalten hatte, nicht einmal im
Institut mit ihren Kolleginnen. Aber er war eben verheiratet und
deshalb musste sie sich heute Abend in besonderem Maße in
Zurückhaltung üben und auf die Bekanntschaft mit Lady
Battingfield konzentrieren. Was sollte er sonst von ihr halten? Ein
kleines bisschen Ärger und Verwunderung verspürte sie
allerdings auch darüber, dass er sich über seinen
Familienstand während ihres langen Gesprächs in Schweigen
gehüllt hatte. Das war nicht eben höflich ihr gegenüber
gewesen und brachte sie nun in eine gewissermaßen
kompromittierende Situation. Warum hatte er diese Einladung nur
ausgesprochen? Wollte er sie seiner Gattin vorstellen oder hatte er
mit dem Ziel gehandelt, sie vor den Vorwürfen ihrer Tante zu
bewahren? Zweifellos war er sich über das wenig freundliche
Verhältnis zwischen ihr und Lady Millford bewusst. Das wäre
allerdings ein einfühlsames, ja fast ritterliches Motiv! Wie
auch immer, sie musste sich einer weiteren Begegnung mit ihm mit der
allergrößten Bedachtsamkeit stellen.
    Ein
weiteres Problem stellte zudem ihre Garderobe dar. Sie hatte nicht
viele Kleider und nichts wirklich Exquisites, da sie sich teure
Garderobe von ihrem schmalen Lehrerinnengehalt nicht hatte leisten
können. Aber, so erwog sie, das cremefarbene Musselinkleid mit
den in hellenischem Muster gefertigten Bordüren, das aus dem
Nachlass ihrer Mutter stammte, die in etwa ihre Figur gehabt hatte,
kombiniert mit ihrem einzigen Seidenschal, würde dem Anlass
Genüge tun. Sie nahm sich vor, ihr Haar nach echt griechischem
Vorbild zu binden, übrigens weitaus weniger aufwendig als es der
modischen Annahme entsprach. Sie würde Betty eine Zeichnung
anfertigen und hoffte, dass diese das Geschick besaß, sie
entsprechend zu frisieren.

    ******

    Als
Charlotte gegen Viertel nach drei in den großen Wohnsalon von
Millford Hall hinunterging, hatte Betty bereits ihr Bestes gegeben.
Die Zofe war begeistert von der Idee gewesen, die neue Frisur
auszuprobieren und hatte sich eifrig an Charlottes Zeichnung
orientiert. Sie hatte, das hatte Charlotte ihr dann auch mit
überschwänglichem Lob gedankt, erhebliches Können
bewiesen. Charlotte war wirklich zufrieden mit ihrem Aussehen. Das
Musselinkleid (10) ihrer Mutter war von kühler Schlichtheit und
bestach gerade dadurch mit Eleganz. Der schlichte Schmuck des Kleides
bestand aus einer fein gewebten Borte mit typisch hellenischem
Muster, die den eckigen Ausschnitt und die hohe Taille des Gewandes
unaufdringlich, aber wirkungsvoll betonte. Ihre Mutter hatte diese
einst eigenhändig aufgenäht. Der blausilberne Seidenschal –
Charlottes einziger Luxusgegenstand – rundete das Ensemble gut
ab. Das hatte auch Betty befunden. Das einzige Problem bestand nur in
Charlottes Mantel, der wirklich abgetragen war. Aber inzwischen waren
die Nächte so kühl geworden, dass es unverzeihlicher
Leichtsinn gewesen wäre, ohne ein solches Kleidungsstück
die Fahrt anzutreten. Charlotte beschloss allerdings, den Mantel in
der Kutsche zu lassen, um ihre Tante nicht zu verärgern.
    Mit
einiger Anspannung auf die Reaktion ihrer kühlen Richterin
harrend, betrat Charlotte mit tapfer gestrafften Schultern den
Aufenthaltssalon. Lady Millford fasste sie scharf ins Auge und
musterte sie von oben bis unten. Dann nickte sie kurz und wandte

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