Pflicht und Verlangen
unvergleichliches
Vergnügen es mir bereiten würde, diesen Nachlass zu
begutachten. Ich bin sicher, dass er auch von einem nicht zu
unterschätzenden monetären Wert ist. Ich denke, das ist
auch für Miss Brandon von großem Interesse.«
Charlotte
schaute Dr. Banning mit großen Augen an, während Sir
Alistair fassungslos den Kopf schüttelte, »Sie meinen
wirklich, das Zeug ist von Wert? Nun, wenn Sie möchten und
Charlotte damit einverstanden ist, kann es zu Ihnen gebracht werden.«
» Oh,
ich fürchte, das muss ganz in der Entscheidung unserer jungen
Dame hier liegen. Schließlich ist es ihr Erbe, nicht wahr?
Außerdem befürchte ich, dass ich keinen Platz habe, den
ganzen Nachlass bei mir zu Hause zu verstauen. Ich muss gestehen,
dass mein bescheidenes Heim schon jetzt aus allen Nähten platzt,
sehr zum Verdruss meiner Haushälterin – die unter uns
gesagt ein wahrer Besen sein kann, wenn sie auch tadellos kocht.«
» Nun,
ich wüsste niemand, zu dem ich mehr Vertrauen hätte als zu
Ihnen in dieser Sache«, sagte Charlotte nun mit großem
Ernst. »Ich kenne Sie erst ein paar Stunden, aber Sie sind mir
bereits jetzt wie ein guter Freund.«
» Herzlichen
Dank für Ihr Vertrauen, mein Kind. Allerdings ist weiterhin die
Frage von geeigneten Räumlichkeiten ungeklärt. Die Funde im
Freien zu lagern steht völlig außer Frage. Millford Hall
ergibt wenig Sinn, da der Weg zu weit ist und ich ja auch die
Pflichten meiner Pfarrstelle wahrnehmen muss. Die Sichtung wird sehr
zeitaufwändig sein, schätze ich. Zudem bräuchte ich
vermutlich Ihre Hilfe, da Sie sich mit der Arbeit und dem
Katalogisierungssystem Ihres Vaters am besten auskennen. Wahrlich,
dies Problem gilt es zu lösen.«
» Aber
Walter, ich sehe nicht, wo das Problem liegt. Selbstverständlich
kann der gesamte Nachlass samt der Schriften nach Dullham Manor
gebracht werden. Ich würde mich glücklich schätzen,
behilflich sein zu können, Miss Brandon«, sagte Captain
Battingfield freundlich.
» Mylord,
ich kann das nicht annehmen, Sie sind zu gütig!«,
Charlotte fehlten die Worte. Dieser Abend war voller höchst
erfreulicher Überraschungen. Die Aussicht, dass der Nachlass
ihres Vaters durch kundige Hand gewürdigt wurde, ließ ihr
Herz höherschlagen.
» Aber
ich bitte Sie darum.« Der Captain schaute sie mit einem
herzlichen, fast bittenden Lächeln an. »Lassen Sie mich
doch etwas beitragen, es wäre mir eine wahre Freude.«
» Nun,
Kind, wenn es dir Lord Battingfield anbietet, kannst du es wohl
annehmen, meine ich«, beschied Sir Alistair und fügte dann
an: »Ich möchte mich dann auch im Namen meiner Nichte
bedanken für Ihr Angebot, Gentlemen.«
» Gibt
es denn eine Packliste für den Nachlass, Sir?«, fuhr der
Captain, nachdem diese Entscheidung nun glücklich getroffen war,
fort. »Das würde die Überführung der Fracht nach
Dullham doch erheblich erleichtern.«
» Ja,
ich glaube Mr Smith, der Verwalter in London, hat so etwas anfertigen
lassen. Er ist sehr gewissenhaft, müssen Sie wissen.«
Der
Captain nickte befriedigt. »Vermutlich wird es etwa vier Wochen
dauern, um die notwendigen Dinge zu veranlassen und den Nachlass
hierher zu überführen. Ich werde gelegentlich bei Ihnen
vorbeischauen auf Millford Hall, damit wir alles in die Wege leiten
können, Sir. Es ist mir eine Ehre.«
Dr.
Banning hatte nach dieser erfolgreichen Vereinbarung noch etwas auf
dem Herzen: »Und wenn ich anfügen darf, denn letztlich
muss ich wohl Sie um Erlaubnis bitten, Sir, ich wäre sehr froh,
wenn mir Ihre Nichte wenigstens von Zeit zu Zeit zur Hand gehen
könnte. Vermutlich wird sie viel dazu beitragen können, die
Arbeit erfolgreich zu bewältigen. Es wird sicherlich ein äußerst
schwieriges Unterfangen, die Privataufzeichnungen und besonders das
Katalogisierungssystem richtig zu deuten. William Brandon hatte da,
so wie jeder in diesem Bereich tätige Wissenschaftler, sein
eigenes Verfahren, vermute ich. Leider ist diese Vorgehensweise
nämlich noch nicht verbindlich vorgeschrieben. Es wäre zu
wünschen, alle Forscher täten dies so gewissenhaft wie
William Brandon es tat, wie ich seinen Büchern und
Veröffentlichungen entnehmen konnte.«
» Wenn
Sie es für notwendig halten, so habe ich nichts dagegen
einzuwenden. Ich denke, meine Gattin wird sich auch einverstanden
erklären, wenn sie hört, dass der Nachlass wohl von einigem
Wert ist«, befand Sir Alistair.
» Ich
darf Ihnen zur Hand gehen?«, Charlotte konnte es nicht fassen.
Sie war
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