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Pflicht und Verlangen

Pflicht und Verlangen

Titel: Pflicht und Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Landys
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Blickes
ihrer Tante, ihn auch weiterhin so anzusprechen. Sie freute sich
wirklich, ihn zu sehen. »Ich muss sagen, Captain, ich bin
wirklich erstaunt und sehr dankbar dafür, wie schnell Sie Mr
Townsend hierhergeholt haben.«
    » Es
war mir ein Vergnügen, Miss Brandon«, versicherte Captain
Battingfield herzlich.
    Mr
Townsend lachte: »Ja, bei Gott, ich wurde so unverzüglich
zum Aufbruch gedrängt, dass man meinen konnte, es ginge um Leben
und Tod. Wo ist denn nun der bedauernswerte Patient?«
    Lady
Millford, der die ganze Angelegenheit eher lästig schien, zog
sich mit dem Verweis auf unaufschiebbare Pflichten zurück. So
oblag es Charlotte, die beiden Besucher in den großen Musik-
und Aufenthaltsraum zu führen, in dem das kostbare Instrument
wartete. Dort angekommen, schlug Mr Townsend vor Überraschung
die Hände zusammen. »Tatsächlich, ein wahrhaft
königliches Instrument, von Meisterhand gebaut. Diese Reise hat
sich wirklich gelohnt.«
    » Oh
Sir, ich hoffe, Sie sind nicht enttäuscht, wenn Sie es hören.
Der Flügel ist in einem furchtbaren Zustand, muss ich leider
sagen. Ja, ich frage mich sogar, ob es nicht schon zu spät ist.
Das eingestrichene e und einige Töne in den
höheren Lagen klingen kaum mehr. Ich fürchte, die Mechanik
hat etwas Schaden genommen und auch im Bassbereich liegt einiges im
Argen«, warf Charlotte zweifelnd ein.
    » Wir
werden sehen, wir werden sehen … Sie werden staunen, was
möglich ist. Ach, Mylord, habe ich eigentlich meine
Werkzeugtasche mit hereingebracht?«, Townsend, der bereits am
Klavier Platz genommen hatte, blickte sich suchend um.
    » Keine
Sorge, ich habe sie hier. Alles bereit für den chirurgischen
Eingriff.« Der Captain lächelte äußerst
zufrieden und schien die Situation zu genießen.
    Townsend
hatte bereits prüfend eine rasche Tonfolge hinauf und hinab
gespielt und schüttelte nun sein schlohweißes Haupt. »Ja,
das klingt wirklich übel, aber nicht hoffnungslos. Ich darf
Ihnen versichern, dass ich schon schlimmere Fälle wiederbelebt
habe. Ich denke, in drei Sitzungen werde ich die Sache einigermaßen
im Griff haben. Eine vierte wird das Instrument wieder in seine ganze
Klangfülle zurückversetzen. Die Mechanik beim e scheint tatsächlich zu klemmen, Sie haben recht, junge Dame. Ich
schaue mir das gleich mal an.«
    Murmelnd
beugte er sich über seinen Koffer, suchte darin herum und
brachte verschiedene zierliche Werkzeuge zutage. Seine Begleitung
hatte er bereits vollkommen vergessen. Captain Battingfield legte
einen Finger auf die Lippen und bedeutete Charlotte belustigt, den
Raum zu verlassen. Leise schlossen sie die Tür hinter sich.
    » Sir,
ich weiß wirklich nicht, wie ich Ihnen danken soll. Sie machen
mir damit eine große Freude«, begann Charlotte.
    Battingfield
winkte ab: »Es ist wirklich nicht der Rede wert. Und eine
Pianistin wie Sie hat ein solches Instrument nötig wie die Luft
zum Atmen, habe ich nicht recht?«
    Sie
nickte. »Ich müsste jetzt eigentlich bescheiden
widersprechen, Captain. Aber, ja, Sie haben recht! Die Musik hat mir
in den letzten Wochen mehr gefehlt als alles andere. Sehen Sie, ich
brauche die Musik, ich brauche die Möglichkeit, meiner Seele
Flügel zu verleihen. Ohne Musik habe ich das Gefühl zu
verhungern«, gestand Charlotte zögernd ein und sah
unsicher zu ihm auf. »Das klingt jetzt sicher furchtbar
pathetisch für Sie, aber ich weiß nicht, wie ich es anders
ausdrücken sollte.«
    » Ich
denke, ich verstehe, was Sie meinen«, erwiderte Captain
Battingfield mit warmer Stimme. »Als Sie kürzlich bei uns
spielten bekam ich eine Ahnung davon. Sie spielten mit solcher
Hingabe … ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll,
aber es hat mich wirklich berührt, mehr als so manches Konzert,
dem ich beiwohnte.«
    Charlotte
war einmal mehr verlegen: »Sie übertreiben, Captain.«
    » Nein,
das tue ich nicht. Und es war mir ein Herzenswunsch, Ihnen diese
Möglichkeit zu geben. Ich weiß ja, dass Sie gerade hier
der Möglichkeit bedürfen, wie sagten Sie … Ihre
Seele von Zeit zu Zeit etwas fliegen zu lassen. Nein, widersprechen
Sie nicht! Sie brauchen sich mir gegenüber nicht zu verstellen.«
Battingfield sah Charlotte offen an. In seinen Augen spiegelte sich
etwas, das Charlotte nicht zu deuten wusste.
    Verwirrt
wich sie seinem Blick aus. Sie durfte dieses viel zu private Gespräch
auf keinen Fall fortsetzen, sonst würde sie ihre beschlossene
Zurückhaltung kaum aufrechterhalten können. So zog sie sich
darauf

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