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Pflugstein: Kriminalroman (German Edition)

Pflugstein: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pflugstein: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mona Bodenmann
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Standard. Kinder durften ganz legal zurechtgebogen
und gebrochen werden.
    Während
viele Heimkinder die Kurve nie kriegten, rettete Alex eine zehnjährige Psychoanalyse.
Äußerlich betrachtet führt sie nun ein ganz normales Leben, wenn es so etwas wie
ein normales Leben überhaupt gibt.

24
     
    Viktoria und Alex begrüßen sich
mit den üblichen drei Wangenküssen.
    Alex empfängt
ihre Kundinnen bei sich zu Hause in ihrer großen Wohnung in Meilen. Eines der Zimmer
hat sie in einen modernen Coiffeursalon umfunktioniert. Je nach Wunsch geht sie
auch auf die Stör. Sie bittet Viktoria, im Wohnzimmer Platz zu nehmen, weil sie
mit ihrer Kundin noch nicht fertig ist.
    Viktoria
setzt sich aufs Besuchersofa und wirft einen Blick auf die aufgeschlagene Zeitung.
Eine Schlagzeile fällt ihr sofort ins Auge. Sie liest:
     
    Mysteriöser Todesfall gibt
Rätsel auf
    Beim Pflugstein
in Herrliberg ist ein 55-jähriger Mann tot aufgefunden worden. Die Umstände, die
zum Tod des Mannes führten, seien noch nicht geklärt, teilte die Staatsanwaltschaft
IV für Gewaltdelikte am Montag mit. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der
Mann einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen sei. Es wurde deshalb eine Obduktion
angeordnet. Ein pensionierter Nachtwächter hat am Montag früh die Polizei alarmiert,
weil er beim Pflugstein einen regungslosen Mann entdeckt hatte. Aus ermittlungstechnischen
Gründen wollte ein Polizeisprecher auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA weiter
nichts sagen. Die Identität des Mannes sei jedoch bekannt. Die weiteren Ermittlungen
werden von der Staatsanwaltschaft IV für Gewaltdelikte und der Kantonspolizei Zürich
geführt. Die Polizei sucht Zeugen, die in der Zeit zwischen Sonntagnacht und Montagmorgen
im Raum Pflugstein in Herrliberg beziehungsweise Erlenbach außergewöhnliche Beobachtungen
gemacht haben. Sachdienliche Hinweise nimmt die Kantonspolizei Zürich gerne entgegen.
     
    Ihre kriminalistischen Sensoren
erwachen. Ein Todesfall oder gar ein Mord ganz in der Nähe? Von einem Pflugstein
hat sie allerdings noch nie etwas gehört.
     
    »Viki komm, ich möchte dir meine
Wohnpartnerin Trix vorstellen«, tönt es aus dem Flur.
    Viktoria
steht auf und verlässt das Wohnzimmer. Im hell beleuchteten Entree sieht sie eine
stämmig gebaute Frau mit leicht gekrümmter Schulter. Das Leben hat in ihrem Gesicht
deutliche Spuren hinterlassen. Neben ihr sieht Alex geradezu zierlich aus. Als Trix
ihr zum Gruß die Hand reicht, fällt ihr auf, dass sie riesig ist.
    Trix fährt
sich mit der Hand nervös durchs gebleichte, millimeterkurz geschnittene Haar, durch
welches die Kopfhaut rosa durchschimmert. Dazu bilden ihre dunklen, buschigen Augenbrauen
einen grotesken Kontrast.
    »Bevor ich
gehe, möchte ich noch schnell einen Blick in die Zeitung werfen«, erklärt sie und
steuert auf das Wohnzimmer zu.
    Einen Moment
lang ist es ruhig.
    Dann kommt
sie zurück und wendet sich erneut an ihre Wohnpartnerin: »Ein komischer Ort, um
zu sterben, findest du nicht?«
    Alex bejaht
ihre Frage.
    »Der Tote
beim Pflugstein?«, fragt Viktoria interessiert nach.
    Trix sieht
sie überrascht an. »Ja, der«, erwidert sie schließlich.
    Viktoria
fährt fort: »Ich hab’s auch in der Zeitung gelesen. Könnte auch Selbstmord sein.«
    »Möglich.
Andererseits, welcher Idiot zieht sich bei dieser Kälte zuerst die Kleider aus,
bevor er sich umbringt«, erwidert Trix verächtlich.
    »Er war
nackt?«, ruft Viktoria erstaunt.
    »Offenbar
ja«, gibt sie zurück.
    Trix ist
ihr auf den ersten Blick unsympathisch. Warum, das weiß sie auch nicht so genau.
Vielleicht sind es die eng beieinanderliegenden Augen. Obwohl sie hellwach wirken,
liegt in ihnen eine große Leere.
    »Also ich
tippe auf Mord«, äußerst sich Trix erneut. »Bitte, entschuldigt mich, ich muss jetzt
los. Auf ein andermal, Viki.«

25
     
    Viktoria wird von Alex in ein kleines
Zimmer geführt, wo diese sich einen Frisiersalon mit allem Drum und Dran eingerichtet
hat.
    »Die Haare
schneiden und färben wie immer?«
    »Gerne.«
    Während
Alex die Farbe auf Viktorias ergrautes Haar aufträgt, mustert Viktoria sie ausgiebig
im Spiegel. Sie sieht große, von langen Wimpern eingerahmte Augen, die traurig wirken.
Einen kleinen, aber schön geformten Mund, dem etwas Spöttisches anhaftet und ein
rundes Kinn, das einen Kontrast zu ihrem schmalen Gesicht bildet. Es ist, als würde
weiblich und männlich das Gleichgewicht aufrechterhalten. Ein irritierend schönes
Gesicht und doch

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