Pflugstein: Kriminalroman (German Edition)
schweißgebadet
neben ihm. Er betrachtet sie mit Wohlgefallen. Sie ist alles, was sich ein Mann
nur wünschen kann: Geliebte, Madonna, Gefährtin und Hure. Sie zeigt ihm bedingungslos,
wie sehr auch sie ihn will.
Er vergisst
die Arbeit und er vergisst die Zeit.
»Ich sterbe vor Hunger. Ich werde
jetzt für uns kochen«, reißt Viktoria ihn aus seiner wohligen Versenkung.
Als er mit nassen Haaren von der
Dusche zurückkommt, ist sie am Herd beschäftigt. Während sie das Essen zubereitet,
macht er es sich im dunkelgrünen Fauteuil bequem, auch dieser ein Möbelstück aus
ihrer alten Wohnung. Das Wohnzimmer und die offene Küche bilden eine Einheit, was
ihm ermöglicht, Viktoria bei der Arbeit zuzusehen. Er beobachtet, wie sie sich mit
Begeisterung dem Kochen widmet. Alles, was sie tut, tut sie mit Hingabe, stellt
er mit Wohlgefallen fest.
»Gefällt dir die Wohnung?«, ruft
sie ihm nach einer Weile der Stille zu.
»Dein Haus
im Oberholz hat mir, ganz ehrlich, mehr zugesagt«, antwortet er.
»Ich habe
noch nie so modern gewohnt, aber es gefällt mir.«
Er sieht
sich um. Der dunkle Parkettboden verleiht der kühl gestalteten und lichtdurchfluteten
Wohnung etwas Wärme. Das Cheminée dient als eigentlicher Raumteiler zwischen Entree
und offenem Wohnbereich. Sicher, der spärlich möblierte Raum ist komplett durchdacht
und raffiniert realisiert, aber ihm sind die Linien zu klar und zu nüchtern. Er
findet, dass dem Wohnzimmer die Wärme und die Behaglichkeit fehlen. »Ist es dir
denn nicht schwer gefallen, von deinem Haus im Oberholz wegzuziehen?«, wendet er
sich erneut an Viktoria.
Ȇberhaupt
nicht. Nach Iris’ Tod hat mich nichts mehr im Zürcher Oberland gehalten. Küsnacht
liegt für mich geradezu ideal. In einer Viertelstunde bin ich mit der S-Bahn in
Zürich. Ich habe sowohl den See als auch den Wald direkt vor meiner Haustüre.«
»Wie bist
du zu dieser Luxuswohnung gekommen?«
»Eine Freundin
hat sie mir untervermietet. – Komm, ich zeige dir die Terrasse.«
Er folgt
ihr. Die Terrasse ist fast so groß wie seine Wohnung. Sie öffnet sich in ihrer ganzen
Breite zur Seeseite hin. Die Sicht auf das Dorf, den See und die grünen Hügel dahinter
ist beeindruckend.
Er kann
einfach nicht anders, als sie erneut in den Arm zu nehmen und zu küssen, bis sie
um Hilfe fleht.
»Ganz schön
stürmisch«, keucht sie, kaum lässt er sie wieder los.
»Das liegt
an dir.« Er macht gar nicht erst den Versuch, es ihr zu erklären. Es gibt Empfindungen,
die ihren Zauber verlieren, wenn man sie zerredet. Stattdessen streicht er ihr zärtlich
über die Wangen.
Sie strahlt
ihn an, was sie noch attraktiver macht. Dann sagt sie: »Du kannst hier draußen auf
der Terrasse den Tisch decken, während ich das Essen anrichte.«
»Gerne«,
willigt er ein und folgt ihr in die Küche, wo sie ihm Geschirr und Besteck in die
Hände drückt.
»Der Wein
steht auf dem Wohnzimmertisch. Mein Händler in Zürich hat mir einen
spanischen Bio-Wein empfohlen«, erklärt sie. »Er hat ein goldenes Händchen für edle
Tropfen.«
Er geht voll beladen auf die Terrasse zurück und deckt den Tisch. Wie
aus dem Nichts taucht plötzlich Sphinx neben ihm auf.
»Nanu, wen haben wir denn da?« Er nimmt den Kater auf seinen Arm und
streichelt sein silbergraues Fell, worauf dieser zu schurren beginnt. »Dass es dich
alten Knaben noch gibt, hätte ich nicht gedacht.«
37
Pollo arrosto
con i limoni . Dazu knusprige Ofenkartoffeln,
die nach frischem Rosmarin duften.
Valentin
läuft das Wasser im Mund zusammen.
»Hast du
für heute Feierabend?« Sie zeigt mit dem Tranchiermesser auf ihn.
Er streckt
seine Hand aus. »Gib mir dieses Mordinstrument.«
Sie fixiert
ihn mit zusammengekniffenen Augen. »Ein Mann sollte sich nie mit einer Frau anlegen«,
rät sie ihm mit kreideweicher Stimme und streicht über die scharfe Klinge.
Er grinst.
»Wem sagst du das.« Er nimmt ihr das Messer aus der Hand und zerteilt das Huhn,
während sie die Stücke auf den Tellern verteilt.
»Kompliment. Es geht nichts über ein gutes Essen. Es stimmt schon,
dass Liebe durch den Magen geht.« Nach einer Weile fügt er hinzu: »Wie konnte ich
bloß ein solcher Idiot sein.«
»Das habe ich mich die ganze Zeit auch gefragt.«
Er streckt ihr sein Glas entgegen. »Auf dich, Viktoria.«
»Nein, auf uns«, korrigiert sie ihn.
»Meinetwegen.« Ihr intensiver Blick lässt ihn erschauern. Sie scheint
einen untrüglichen Sensor für das zu haben, was ihm gut
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