Pflugstein: Kriminalroman (German Edition)
gelungen, sich damit abzufinden, dass
seine Exfrau ihn für einen anderen verlassen hatte. Über den Verlust ist er zwar
hinweg, lässt aber ihre regelmäßig erfolgenden Versöhnungsversuche alle scheitern.
»Ich frage
mich, mit wem sich Joe nach seinem Besuch bei Sascha getroffen hat?«, nimmt
sie das Gespräch wieder auf.
»Wir haben
uns in seinem Geschäftsumfeld und Bekanntenkreis umgehört.«
»Und?«
»Bis jetzt
nichts.«
»Was Sascha
noch verdächtiger macht. Hoffentlich hat er mit der Sache nichts zu tun. Eine Tragödie
in meinem Freundeskreis reicht mir.«
»Das kann
ich verstehen.«
»Hat man
inzwischen den Mageninhalt des Toten untersucht?«
»Ja.«
»Und?«
»Reis und
Fleisch. Magen und Darm lösen sich als Erstes auf, wenn der Zerfall beginnt. Zum
Glück wurde die Leiche schnell gefunden.«
»Verflixt
noch mal, irgendwo muss er dieses Zeugs doch gegessen haben? Habt ihr die Restaurants
abgeklappert?«
»Wir tun,
was wir können. Vergiss nicht, dass es in Zürich und Umgebung über zweitausend Bars
und Restaurants gibt.«
»Hat man
etwas über den Erwerb des Gifts herausgefunden?«
»Wir haben
sämtliche Apotheken im Kanton überprüft, die auf ärztliche Verordnung Barbiturat
abgegeben haben. Bis jetzt nichts.«
»Weißt du,
wie eine solche Abgabe bei einer Freitodbegleitung durch eine Sterbehilfeorganisation
funktioniert?«
»Ja. Wenn
ein Mitglied den Wunsch äußert, eine Freitodbegleitung einzuleiten, so wird das
Ausstellen des Rezeptes für das Sterbemittel veranlasst, sei es über den Hausarzt,
den behandelnden Arzt oder über einen Konsiliararzt der Sterbehilfeorganisation.
Es ist auch die Organisation, die das Rezept für das Sterbemittel in der Apotheke
einlöst und es für das Mitglied aufbewahrt.«
»Habt ihr
die Apothekeneinbrüche ebenfalls überprüft?«
Er schmunzelt.
»Natürlich haben wir das.«
»Mit den
richtigen Beziehungen lässt sich das Gift sicher auch ohne ärztliches Rezept beschaffen.
Vielleicht ist einer der möglichen Täter mit einem Apotheker oder Arzt befreundet?«
»Keine Sorge,
wir sind auch das am Überprüfen. Das Problem ist der Schwarzmarkt. Da tappen wir
noch völlig im Dunkeln.«
»Wurde Herkules
heute ebenfalls verhört?«
»Pola hat
ihn sich vorgeknöpft, während ich Rofflers Frau befragt habe. Hat allerdings nicht
viel gebracht.«
»Warum?«
»Mehr als
ein Ja oder ein Nein hat er nicht aus ihm herausbekommen.«
»Die beiden
Brüder scheinen sehr verschieden gewesen zu sein.«
»Das kann
man wohl sagen. Von seiner Schwägerin haben wir erfahren, dass Herkules acht Jahre
alt war, als sein Bruder das Elternhaus verließ. Offenbar sei nichts, was Herkules
gemacht habe, den Eltern recht oder gut genug gewesen.«
Viktoria
macht eine nachdenkliche Miene. »Armer Kerl. Wahrscheinlich hasste er seinen Bruder.
Insofern hatte er ein Motiv. Auch wäre er kräftig genug gewesen, um Joe in den Kofferraum
zu hieven und ihn beim Pflugstein abzulegen. Außerdem hat er kein Alibi für die
fragliche Zeit.«
»Möglich«,
gibt er zu. »Rofflers Haus steht etwas abseits und ist von einem großen, eingezäunten
Garten umgeben. Aber die Inszenierung passt nicht zu ihm. Seine Schwägerin hat übrigens
durchblicken lassen, dass sie wieder zurück in ihre Heimat will.«
»Vielleicht
kann ich morgen etwas mehr in Erfahrung bringen. Alex hat mich und Angelina zum
Essen eingeladen.«
»Es behagt
mir nicht, dass du dich in meine Ermittlungen einmischst.«
»Ich möchte
dir doch bloß ein bisschen helfen.«
»Ich brauche
keine Hilfe.«
»Mach nicht
so ein Gesicht. Ich werde mich nur ein bisschen umhören. Unauffällig. Versprochen.«
Des Redens müde lässt Valentin seinen
Blick in die dunkle Nacht hinausschweifen. Das andere Seeufer sieht so aus, als
seien Millionen von Glühwürmchen am Leuchten. Eine Weile lang genießt auch Viktoria
die Stille, wofür er ihr dankbar ist. In diesem Moment wird ihm bewusst, wie viel
sie von ihrer Anziehung verliert, wenn sie ihn mit Fragen löchert, als sei sie eine
Berufskollegin.
»Du magst
es nicht, wenn ich dir Fragen stelle, nicht wahr?«, unterbricht sie die Gesprächspause,
als habe sie seine Gedanken gelesen.
Das zaubert
ein spitzbübisches Grinsen auf sein Gesicht. »Stimmt.«
»Aber da
ist noch eine letzte Sache, die du wissen solltest.«
Er fordert
sie mit einer Geste auf, weiterzusprechen.
»Alex ist
bekannt, dass wir uns kennen.«
»Weiß Engel
ebenfalls über uns Bescheid?«
Sie
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