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Pflugstein: Kriminalroman (German Edition)

Pflugstein: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pflugstein: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mona Bodenmann
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sie mit klopfendem Herzen. Für eine Weile verstummen
die Gedanken. Doch dann lässt sie eine Idee plötzlich nicht mehr los. Obwohl es
zu tröpfeln beginnt, bleibt sie stehen und schreibt Valentin eine SMS:
    Ich glaube,
ich habe etwas herausgefunden. Mehr später.
     
    Bei der Kreuzung, an der die Blüemlisalp ausgeschildert ist, folgt sie dem Weg über die Weiden. Auf der Höhe der eingezäunten
Eiche klingelt ihr Handy erneut. Diesmal ist es Alex.
    »Danke,
es geht mir gut. Trix’ Behandlung hat gewirkt«, antwortet sie auf Alex’ Frage nach
ihrem Befinden.
    »Ich höre
den Wind. Wo bist du?«, erkundigt sich Alex neugierig.
    »Auf dem
Weg zum Pflugstein.«
    Alex spöttisch:
»Hoffst du, dass der Stein mit dir redet?«
    »Wer weiß.
Vielleicht habe ich noch nicht die richtigen Fragen gestellt«, gibt sie prompt zurück.
    »Hast du
dich jetzt der Mördersuche verschrieben?«, neckt Alex sie weiter.
    »Nicht wirklich«,
gibt Viktoria vielsagend zurück.
    »Es würde
mich nicht überraschen, wenn der Täter eine Frau wäre«, erwägt Alex.
    »Warum?«,
gibt sie sich erstaunt.
    »Weil es
in Joes Umfeld sicher noch die eine oder andere verletzte Frau gibt.«
    »Da magst
du recht haben. Du, ich muss los. Es sieht nach Regen aus. Gerne ein andermal. Ciao.«
    Kaum hat
sie den Anruf beendet, klingelt es ein weiteres Mal. Sascha entschuldigt sich für
seine Unhöflichkeit am frühen Morgen. Joes Tod habe ihm auf schmerzhafte Weise die
Augen geöffnet und ihm gezeigt, wie sehr er sich in ihm getäuscht habe. Er fragt,
ob er sie in der Stadt zu einem Apéro einladen dürfe. Sie erklärt ihm, dass sie
auf dem Weg zum Pflugstein ist und sie das Treffen verschieben müssen.
    Nach dem
Anruf schaltet sie ihr Handy aus. Sie braucht jetzt dringend etwas Ruhe.

51
     
    Der Pflugstein begrüßt Viktoria
mit Schweigen.
    Sie setzt
sich vor den Stein auf die grüne Bank und atmet befreit durch. Obschon sie fernes
Donnergrollen hört und ein böiger Wind aufkommt, ist ihr, als falle alle Spannung
der vergangenen Tage von ihr ab. Die Wanderung hat sie erschöpft, ihr gleichzeitig
aber auch den Kopf freigemacht. Sie hat Alex nicht die ganze Wahrheit über ihr Befinden
gesagt. Die diversen Prellungen am Körper, vor allem am Knie, schmerzen mehr als
am Abend zuvor.
    Über das
Internet hat sie herausgefunden, dass der gigantische Findling von den Leuten hier
in der Gegend nicht der Sage entsprechend Fluchstein, sondern Pflugstein genannt
wird. Aber warum Pflugstein?, fragt sie sich. Vielleicht beschreibt das davon abgeleitete
Verb ›pflügen‹, nicht nur die Erde fruchtbar machen, sondern im übertragenen Sinne
auch den sexuellen Akt. In beiden Fällen geht es letzten Endes um Fruchtbarkeit.
Und somit könnte es sich hier in vorchristlicher Zeit um einen Liebesstein gehandelt
haben, einen Stein, bei dem die Menschen darum baten, fruchtbar zu werden.
     
    Erst als der Wind auf Sturm dreht,
steht sie auf. Früher hätte sie sich bei solchem Wetter nicht herausgewagt. Heute
liebt sie es, sich den Elementen auszusetzen.
    Sie geht
hinüber zum Stein und berührt ihn. Er fühlt sich warm an. Wieder bestürmen sie Fragen.
Wer ist der Mörder? Wer hat Joe hierhergebracht? Hat der Täter ihm die Kleider ausgezogen,
um ihn zu demütigen, beziehungsweise um damit seiner eigenen erlittenen Demütigung
Nachdruck zu verleihen?
    Ihre Gedanken
schweifen zu Sascha. Eine solche Inszenierung würde sie ihm zutrauen. Er kultiviert
seine Hochs und Tiefs, weil sie ihn kreativ machen. Auch besitzt er einen Hang zur
Melodramatik. In der Sage geht es um Rache, aber auch um eine Liebe, die nicht erfüllt
werden konnte. Es ist sehr wohl denkbar, dass Joe ihm gesagt hat, dass ihre Beziehung
keine Zukunft hat.
    An der Stelle,
wo man Joes Leiche gefunden hat, betrachtet sie den Stein etwas eingehender. Dabei
entdeckt sie einen kleinen weißen Fleck, der wie eine Steinverfärbung aussieht.
Neugierig kniet sie nieder. Der Fleck entpuppt sich als die Überreste eines Kaugummis.
Sie überlegt, wie sie den Kaugummi vom Fels abschaben könnte. In diesem Moment schlägt
ein Blitz ganz in der Nähe in einen Baum ein. Sie zuckt zu Tode erschrocken zusammen.
Nach dem gleichzeitigen Donnerschlag ist sie vor Schreck wie gelähmt.
    Bevor sie
sich wieder aufrichten kann, wird ihr von hinten gewaltsam ein Lappen auf den Mund
gedrückt.

52
     
    Freitagnachmittag in der Kripo-Leitstelle.
    Obwohl Möller
seit fünf Tagen mit Hochdruck ermittelt, sind die Ergebnisse nicht

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