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Pflugstein: Kriminalroman (German Edition)

Pflugstein: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pflugstein: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mona Bodenmann
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haben. Er hat sich von ihr aber zusichern lassen, dass
er mit Vorführbefehlen rechnen kann, sollte sich eine Polizeihaft als sinnvoll erweisen.
Aus Erfahrung weiß er, dass eine Nacht im Polizeigefängnis manchmal Wunder wirkt.
    Für ihn
steht fest, dass derjenige, der Roffler vergiftet hat, die Tat plante und zielgerichtet
vorging. Sollte sich seine Vermutung bestätigen, dass die Täterschaft mit der Inszenierung
beweisen wollte, wie clever sie ist, dann wird ihr früher oder später ein Fehler
unterlaufen, und er wird sie drankriegen.
    Sofern nach
den erneuten Befragungen kein Geständnis vorliegen würde, müssten als Begründung
für eine Festnahme die üblichen Gummiparagrafen genügen: Suizidgefahr bei Engel
und Angelina Roffler, Verdunklungsgefahr bei Mannhart und Herkules. Das wird er
der Staatsanwältin überlassen.
    Und was
die Befragungen angeht, so wird er diese an seinen Kollegen delegieren. Pola wird
aus den Verdächtigen alles herausholen, was es herauszuholen gibt. Befragungen sind
seine große Stärke. Er kann stundenlang konzentriert warten, bis der Verhörte mürbe
wird und seine Fassade zu bröckeln beginnt. Dann bringt er das Lügenkonstrukt zu
Fall.

53
     
    Kurz nach fünf macht sich Möller
zu Fuß auf den Heimweg, obwohl es leicht zu regnen beginnt.
    Wie jeden
Abend kommt er bei einer Sitzbank vorbei, auf der ein paar Männer das Leben beim
Genuss von billigstem Fusel zu vergessen versuchen. Dabei muss er an Herkules denken,
aus dem er nicht richtig schlau wird. Bei der ersten Befragung ist er ihm schweigsam
und verstockt vorgekommen und gleichzeitig total auf der Hut. Seine Menschenscheu
kann er gut verstehen. Alkoholiker sind den sogenannt normalen Menschen ein Dorn
im Auge. Durch ihre jämmerliche Existenz sind sie eine Provokation für all jene
Menschen, die ihre Süchte lieber verdrängen.
    Er ist sich
sicher, dass Herkules’ Sucht lediglich eine andere Form angenommen hat. Das Zusammenleben
mit seinem in jeder Beziehung erfolgreichen Bruder war sicher kein Zuckerschlecken.
Bei der Befragung fiel ihm auf, dass Herkules die Menschen strikt in schwarz und
weiß einteilte, was möglicherweise bedeutet, dass er nicht differenziert denken,
unterscheiden und handeln kann.

54
     
    Vor Luigis Feinkostladen, wo Möller
sich bei Bedarf mit italienischen Spezialitäten eindeckt, bleibt er unschlüssig
stehen.
    Er nimmt
sein Handy aus der Hosentasche und wählt Viktorias Nummer. Doch er muss sich mit
dem Tonband zufrieden geben, das ihm mitteilt, dass der gewünschte Mobilteilnehmer
zurzeit nicht erreichbar ist. Sicher gibt es dafür eine logische Erklärung, beruhigt
er sich. Er kann es kaum erwarten, den Abend mit ihr zu verbringen. Bei ihr kann
er abschalten.
    Er schwört
sich, diesmal das Gespräch über die Ermittlungen auf ein Minimum zu beschränken.
Neue Kraft tanken kann er nur, wenn er sich ganz aus dem Geschehen herausnimmt.
Und diese Kraft braucht er jetzt, um die Übersicht nicht zu verlieren.
    Ihre Schlussfolgerungen
bestätigen zwar manchmal auch seine eigenen Überlegungen oder verhelfen ihm zumindest
zu einer neuen Betrachtungsweise. Dennoch mischt sie sich für seinen Geschmack zu
sehr in seine Arbeit ein, und das gefällt ihm nicht. Er möchte zu ihr fahren, mit
ihr kochen, essen und, wenn es sich ergibt, über Gott und die Welt reden. Aber vor
allem verlangt es ihn danach, mit ihr zu schlafen und am Morgen neben ihr aufzuwachen.
Sie soll für ihn eine Insel sein, weit weg vom Festland.
    Doch bis
jetzt hatten sie kaum Zeit gehabt, sich kennenzulernen. Immer standen die Ermittlungen
im Vordergrund. Erstaunt stellt er fest, dass er erst drei Nächte mit ihr verbracht
hat. Weshalb sie sich so vertraut anfühlt und warum er so gerne mit ihr zusammen
ist, kann er sich auch nicht erklären.
     
    Nach dem Einkaufen bei Luigi eilt
er nach Hause in die Hardau-Siedlung, schwebt wie immer mit dem Lift in den dreiundzwanzigsten
Stock und schließt die Türe zu seiner kleinen Wohnung auf.
    Der einzige
Luxus in seiner mit Büchern vollgestopften ›Loge‹ ist ein Heimkino, das ihm via
Videoprojektor erlaubt, Filme vor allem dokumentarischer Art wie in einem Kino zu
genießen.
    Es ist ihm
bewusst, dass Viktoria viel mehr Luxus gewöhnt ist, als er ihr zu bieten vermag.
Ein bisschen macht ihm diese Tatsache Sorgen.
    Erneut wählt
er ihre Nummer, doch sie nimmt nicht ab.

55
     
    Kurz nach sechs.
    Möller wird
unruhig und beschließt, unangemeldet nach Küsnacht zu fahren. Wie immer um

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