Pflugstein: Kriminalroman (German Edition)
zufriedenstellend.
Er nimmt sich nochmals alle protokollierten Einvernahmen vor. Es zermürbt ihn, das
Gefühl zu haben, der Lösung des Falles nahe zu sein, aber nicht die richtigen Schlüsse
ziehen zu können. Es fehlen Zeugen und Geständnisse. Es fällt ihm schwer zuzugeben,
dass die Ermittlung stillsteht und ihm langsam die Ideen ausgehen. Dennoch ist er
sich sicher, dass er es hier mit einem Beziehungsdelikt zu tun hat.
Er holt
sich vom Automaten einen Becher Kaffee, der zwar scheußlich schmeckt, aber seine
Lebensgeister weckt, und vertieft sich erneut in die Daten. Die emotionale Entladung,
die Engel in seinen Bildern ausdrückt, könnte sehr wohl ein Hinweis darauf sein,
dass er Roffler getötet hat. Vielleicht kränkte ihn sein Liebhaber an jenem Abend
so sehr, dass er unter Einwirkung von Drogen und Alkohol den Mord sozusagen spontan
inszenierte.
Rein hypothetisch
könnte es auch Herkules gewesen sein, spekuliert Möller weiter. Er hatte ein Motiv
und er hatte die Gelegenheit. Vielleicht machte er mit seiner Schwägerin gemeinsame
Sache. Immerhin erben beide ein beträchtliches Vermögen.
Und da ist
auch noch dieser Cousin, der Arzt, erwägt er weiter. Bis anhin hat Herkules beharrlich
geschwiegen. Doch auch bei ihm gibt es irgendwo eine Schwachstelle, und er ahnt,
wo die ist.
Immerhin
gibt es eine interessante Neuigkeit. Die Bewegungen auf Rofflers Bankkonto zeigen,
dass unlängst an eine Firma namens Hire & Kill eine ansehnliche Summe
Geld überwiesen worden ist.
Die besagte
Firma bietet Schädlingsbekämpfung an, worunter man sich so einiges vorstellen kann.
Inzwischen ist sie von seinen Leuten auseinandergenommen worden. Bis jetzt konnte
keine Ungereimtheit festgestellt werden. Eigenartig dagegen findet er, dass die
Geschäftsinhaberin, eine gewisse Luisa Mayer, seit knapp einer Woche unerreichbar
ist.
Über die
Frau liegen inzwischen die wichtigsten Daten vor: Lehre als Mechanikerin, dann Militärdienst.
Weiter besuchte sie die Polizeischule und erwarb den Fachausweis als Polizistin.
Allerdings flog sie kurz danach aus dem Dienst, weil sie einen Vorgesetzten spitalreif
geschlagen hatte, der sie angeblich verleumdet haben soll.
Seit zehn
Jahren betreibt Mayer die Firma Hire & Kill und dies äußerst erfolgreich.
Er hat sich ihre Homepage angesehen. Speziell ausgebildete Service-Techniker befreien
ihre Kunden diskret und effizient von jeglicher Art von Schädlingen und Schmarotzern.
War Roffler
vielleicht auch ein Schmarotzer? Wäre es denkbar, dass sich gewisse Aufträge darauf
beziehen, nebst Ungeziefer auch Menschen aus dem Weg zu räumen? Eine etwas kühne
Schlussfolgerung, gesteht er sich ein, aber durchaus denkbar.
Rofflers
Frau zufolge gab es im ganzen Haus eine Kakerlaken-Invasion, sodass ihnen nichts
anderes übrig blieb, als Hire & Kill zu engagieren, um die lästigen Küchenschaben
loszuwerden. Gleichzeitig wurde auch der Mäuseplage im Keller ein Ende gesetzt.
Es gibt
im Haus tatsächlich Spuren, die beweisen, dass die Firma dort großflächig gewirkt
hat. Sobald die Geschäftsinhaberin ausfindig gemacht worden ist, wird man hoffentlich
mehr erfahren.
Bei der täglich stattfindenden Besprechung,
bei der auch sein Kollege Pola sowie Dienstchef Frey und Staatsanwältin Kurtz anwesend
sind, gehen sie zusammen alle Ungereimtheiten durch und ziehen anschließend eine
Zwischenbilanz.
Zum Schluss
legen sie das weitere Vorgehen fest: Sascha Engel, Herkules Roffler, Angelina Roffler
und Alex Mannhart müssen in der Kripo-Leitstelle nochmals gründlich verhört werden.
Engel und Mannhart besitzen zwar beide ein Alibi, seine Berufserfahrung hat ihn
jedoch gelehrt, wie einfach es ist, sich mit einer einzigen Lüge ein Alibi zu verschaffen.
Kein Alibi zu haben, macht einen Menschen wiederum noch lange nicht zum Täter.
Zurück in seinem Büro veranlasst
er, dass die Tatverdächtigen umgehend informiert und vorgeladen werden. Die Befragungen
werden auf den nächsten Morgen festgesetzt.
Die Staatsanwältin
will den Fall ehestmöglich abschließen. Wie immer drängt sie auf Resultate. Wie
bei den meisten Menschen, die unter Erfolgsdruck stehen, muss immer alles schnell
gehen. Sie lässt sich nicht auf Diskussionen ein, und für die Schwächen anderer
hat sie kein Verständnis.
Er ist froh,
dass er von Kurtz die Hausdurchsuchungsbefehle für Engel und Rofflers Anwesen ohne
Widerrede erhielt. Dagegen ärgert es ihn, dass für eine Telefonüberwachung seine
Argumente nicht ausgereicht
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