Pflugstein: Kriminalroman (German Edition)
diese
Zeit bleibt er beim Bellevueplatz im Feierabendverkehr stecken, doch seine Vorfreude
ist so groß, dass er den Stau gelassen hinnimmt.
Gedanklich
ist er bereits beim Kochen. Er weiß sehr wohl, dass sich seine Kochkünste lediglich
auf Paste und Salse beschränken , doch diese Gerichte hat er
über die Jahre hinweg perfektioniert.
An diesem
Abend wird er Viktoria einen Rucola-Salat mit Parmesanflocken und getrockneten Tomaten
servieren und für die Sauce sein bestes Olivenöl verwenden, welches ihm Luigi für
seine Kundentreue geschenkt hat. Als Hauptgang wird er einen Teller frischer Orecchiette an einer Lachs-Baumnusssauce auftragen. Luigi hat ihm die Orecchiette aufgeschwatzt,
welche eine Spezialität aus seiner Heimat Apulien sind, und ihm dazu noch einen
Bund Basilikum mitgegeben.
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Um Viertel vor sieben Uhr steht
Möller vor Viktorias Haus.
Keine Reaktion,
als er bei ihr läutet. Wahllos drückt er auf der Klingelplatte auf den nächsten
Knopf. Durch die Gegensprechanlage meldet sich die Stimme einer Frau. Sie lässt
ihn erst herein, als er ihr mitteilt, dass er von der Polizei ist. Als er ihr die
Umstände seines Besuches erklärt, zeigt sie sich hilfsbereit. Ein Glück für ihn,
dass sich ihre Wohnung ebenfalls auf dem zweiten Stock befindet. Die Frau, die viel
älter aussieht als ihre Stimme, erklärt ihm, dass sie Viktoria an diesem Abend weder
gehört noch auf der Terrasse gesehen hat. Seine Frage nach einem Wohnungsschlüssel
bejaht sie und händigt ihm diesen aus.
Als er Viktorias
Appartement betritt, schießt ihm Sphinx entgegen und streicht ihm miauend um die
Beine. Er nimmt ihn hoch und streichelt zerstreut sein seidenweiches Fell. Doch
als würde der Kater seine Angespanntheit spüren, zappelt er sich frei.
Mit geübtem
Blick schaut er sich um. Alles scheint wie immer. Ratlos steht er da. Hat er sie
vielleicht am Mittag missverstanden? Während er fieberhaft überlegt, versorgt er
die Esswaren im Kühlschrank.
Danach schließt
er die Wohnung ab, bedankt sich bei der Nachbarin und gibt ihr den Schlüssel zurück.
Beim Abschied schiebt er ihr eine Visitenkarte zu. Sie verspricht anzurufen, sollte
sie Viktorias Rückkehr bemerken.
Zurück in seinem Wagen ist er unschlüssig,
was er tun soll. Wo zum Teufel steckt die Frau?, fragt er sich immer wieder. Ungeduldig
überprüft er die Kurznachrichten auf seinem Handy.
Sie sei
auf dem Weg zum Pflugstein, schrieb sie ihm am Nachmittag, auch dass sie etwas herausgefunden
habe.
Ein Gefühl
der Beklemmung überkommt ihn.
57
Um Viertel nach sieben läuten bei
Möller die inneren Alarmglocken Sturm.
Es regnet
heftig, als er losfährt. Sicher gibt es für Viktorias Abwesenheit eine logische
Erklärung, versucht er sich zu beruhigen. Kurz danach parkt er seinen Wagen trotz
Fahrverbot direkt vor dem Pflugstein.
Ohne Schirm
steuert er auf den Stein zu und umrundet ihn. Dann eilt er zu seinem Wagen zurück
und wählt Engels Nummer. Dieser erzählt ihm bereitwillig, dass er kurz nach fünfzehn
Uhr noch mit Viktoria telefoniert, seither aber nichts mehr von ihr gehört habe.
Dann ruft er Mannhart an, doch diese gibt an, Viktoria das letzte Mal am Abend zuvor
gesehen zu haben. Fieberhaft brütet er über dem Lenkrad.
Punkt zwanzig
Uhr erlöst ihn das Surren seines Handys.
»Ich bin
jetzt zu Hause«, hört er Viktoria sagen.
Erleichterung
macht sich in ihm breit, doch da schwingt etwas in ihrer Stimme mit, das ihm ganz
und gar nicht gefällt.
58
»Ich habe mir große Sorgen gemacht«,
begrüßt Möller Viktoria, als sie ihm die Türe öffnet.
»Nicht ganz
unberechtigt«, gesteht sie ein und löst sich aus seiner Umarmung.
»Du zitterst
ja und deine Haare sind ganz nass. Was, um Himmels willen, ist geschehen?«
Sie sieht
ihn verwundert an. »Wenn ich das wüsste. In letzter Zeit scheint das Schicksal es
nicht gut mit mir zu meinen. Bitte entschuldige, aber ich muss mich hinlegen. Mir
ist speiübel.«
Er folgt
ihr zum Sofa und bettet ihren Kopf auf seinen Schoß. »Wo, zum Teufel, warst du?«,
fragt er sie eindringlich.
»Beim Pflugstein.«
»Das ist
mir bekannt, aber was hast du danach gemacht?«
Sie zieht
ihre Stirn in Falten, während sie angespannt nachdenkt.
Plötzlich
reißt sie die Augen auf. »Du musst nochmals zum Pflugstein.«
»Warum?«,
fragt er bestürzt.
»Ganz in
der Nähe, wo Roffler gelegen hat, gibt es am Stein einen kleinen weißen Fleck. Es
sind wahrscheinlich die Überreste eines Kaugummis. Ich habe mir
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