Pflugstein: Kriminalroman (German Edition)
aufgeführt.«
»Verstehe.«
»Vielleicht
haben sich Joe und Sascha in dieser Nacht doch noch einmal getroffen. Sascha hat
ihm unbemerkt das Barbiturat untergejubelt und ihn dann zum Pflugstein gefahren.«
»Dafür gibt
es keine Beweise. Seine Wohnung wurde durchsucht. Meine Kollegen haben übrigens
das Barbiturat sichergestellt, das er sich von seinem Apotheker-Onkel für seinen
Vater besorgt hat.«
»Hast du
dir die schrecklichen Comics angesehen?«, forscht sie unbeirrt weiter.
»Natürlich
habe ich das. Man könnte meinen, du führst die Ermittlungen«, tadelt er sie.
»Ich denke
bloß mit«, gibt sie schlagfertig zurück.
»Komm, lass
uns nun bitte zur Sache kommen. Ich habe, wie gesagt, nicht viel Zeit. Du warst
gestern bei Mannhart eingeladen. Gibt es etwas, was ich wissen sollte?«
Ihre Stirn
umwölkt sich. »Nun, die beiden Roffler-Brüder gingen sich Angelina zufolge aus dem
Weg. Aber das weißt du ja bereits. Wenn ich du wäre, würde ich diesen Herkules genauer
unter die Lupe nehmen. Ich glaube, dass Angelina sich vor ihm fürchtet. Er wusste
übrigens auch über Joes Affäre mit Sascha Bescheid. Angelina hat sich ihm aus Verzweiflung
anvertraut. Und da ist noch etwas, was vielleicht von Interesse sein könnte: Angelina
erwähnte ein Rosmarinbäumchen in ihrem Garten. Anscheinend liebte Joe dieses Gewürz,
weil es ihn an seine Mutter erinnerte.
»Ist das
alles?«, drängt er sie.
Sie überlegt
kurz, dann fährt sie fort: »Mir scheint, dass Alex ihre Trennung von Joe noch nicht
wirklich verarbeitet hat, doch wütend scheint sie nicht mehr auf ihn zu sein. Alex
und Joe haben übrigens in Ägypten zusammen tauchen gelernt. Auch Trix taucht gerne.
Interessant ist, dass Alex offen zugab, dass der Skarabäus für Joe und sie ein Liebessymbol
gewesen war. Ihr zufolge soll Joe bei seiner ersten Reise nach Ägypten einen antiken
Skarabäus aus dem Land geschmuggelt haben. Sie meinte, dass sie den Stein wahrscheinlich
wiedererkennen würde.«
»Sonst noch
was?«
»Ja, Alex
wollte sich offenbar nach der Trennung von Joe das Leben nehmen. Sie hat sich die
Pulsader aufgeschnitten. Trix fuhr sie gerade noch rechtzeitig ins Spital. Aber
das hat mir Alex erst erzählt, als sie mich gestern Nacht in ihrem Auto nach Hause
brachte. Was diese Trix angeht, so hasst sie Joe für das, was er Alex angetan hat.
Sie scheint ganz arg in ihre Wohnpartnerin verknallt zu sein. Vor gut einem Jahr
sind sich Alex und Joe zufällig auf der Straße begegnet und haben zusammen einen
Kaffee getrunken, doch, soviel ich weiß, ist es zu keiner Versöhnung gekommen.«
50
Freitagnachmittag.
Der Pflugstein
lässt Viktoria keine Ruhe. Diesmal wählt sie den Weg durchs Küsnachter Tobel. Sie
wandert den Dorfbach entlang bis zur Brücke, an der sie dem Wegweiser folgend zur
Ruine Wulpaufsteigt. Dabei kommt sie heftig ins Schwitzen.
Von der
mittelalterlichen Burg stehen bloß noch die Grundmauern. Unterhalb der Ruine folgt
sie dem Wegweiser Hohrüti und wandert weiter durch den Wald Richtung Erlenbach.
Sie zuckt
erschrocken zusammen, als das Handy sie unsanft aus den Gedanken reißt.
»Hi, Viki«,
wird sie von Angelina begrüßt. »Alex hat mir gesagt, dass du weißt, wo man meinen
Mann gefunden hat. Ich möchte dich fragen, ob du mir den Ort zeigen könntest?«
»Das trifft
sich gut«, erwidert Viktoria freundlich. »Ich bin auf dem Weg dorthin. Wir könnten
uns in einer halben Stunde beim Parkplatz des Restaurants Kittenmühle treffen.
Von dort ist es zu Fuß nicht mehr weit.«
»Heute geht
es mir leider nicht«, bedauert Angelina, »aber ich melde mich morgen, damit wir
etwas abmachen können.«
Immer mehr schwarze Wolken ballen
sich am Himmel zusammen. Ein leichter Windzug trägt Viktoria den Geruch von Heu
entgegen. Noch fehlen die üblichen Drohgebärden der Natur, die meistens ein Unwetter
ankündigen.
Ihre Gedanken
kreisen unaufhörlich um Valentin. Wie sonderbar, dass sich ihre Wege in Ägypten
erneut gekreuzt haben. Sie kann diese zufällige Begegnung nur als Wink des Himmels
deuten, obwohl sie alles andere als gläubig ist. Ihr ist bewusst, dass sie es hier
mit einem Mann zu tun hat, der vielleicht nie bereit sein wird für eine neue Liebesbeziehung.
Und trotzdem zieht sein ganzes Wesen sie in Bann.
Wie aus
dem Nichts fällt ihr ein gewaltiger Ast vor die Füße und reißt sie aus den Gedanken.
Von einem Adrenalinschub ergriffen, versetzt sie dem Ast einen Tritt. Hoffentlich
kein schlechtes Omen, überlegt
Weitere Kostenlose Bücher