Pforten der Hoelle
dessen Abenteuerlust nicht etwa von seinem Sohn abgewandt, sondern unterstützte ihn in jeder Hinsicht. Ganz so, als wäre er gar nicht unglücklich darüber, daß der leichtlebige Dashiell kein sonderliches Interesse am familieneigenen Firmenimperium zeigte.
Weitere Hinweise hatten Dash Roon schließlich in die Abruzzen nördlich von Rom geführt. Und hier hatte er jenes merkwürdige Kloster entdeckt, das im Schoß der Wolken lag und, dem steinernen Horst eines monströsen Raubvogels gleich, unterhalb eines Berggipfels dem Fels entwuchs. Niemand in der ohnehin öden Umgebung schien von der Existenz dieses Klosters zu wissen (oder zumindest wissen zu wollen). Und die wenigen, die Roon nicht mit bloßem Schweigen begegnet waren, hatten weder gewußt, wer dort oben lebte, noch, was man dort trieb.
Nun, Dash Roon war inzwischen wenigstens sicher zu wissen, wer sich dort oben vor aller Welt versteckte: die Illuminati. Nachdem seine Versuche, den Berg auf herkömmliche Weise zu erklimmen, an dessen steilaufragenden Flanken gescheitert waren, war er nun also auf diese unkonventionelle Weise unterwegs.
Die fast vollkommene Schwärze des Berggipfels schien ihm entgegenzuwachsen, als wollte sie ihn schlucken.
Von Bord eines kleinen Privatflugzeugs aus hatte er sich die örtlichen Gegebenheiten bei Tageslicht angesehen und auf Fotos festgehalten. Mit dem Gleitdrachen dort zu landen würde sehr schwierig, aber nicht unmöglich werden. Es gab direkt auf dem Gipfel ein Felsplateau von genügender Größe, das zudem vom dicht darunterliegenden Kloster aus nicht einzusehen war.
Jetzt steuerte Dash Roon sein Fluggerät über Seilzüge und vorsichtige Körperdrehungen beinahe blind in die entsprechende Richtung. Rechts raste ein kantiger Schatten an ihm vorbei, so dicht, daß Roon hören konnte, wie der Wind sich pfeifend daran fing. Er wußte, daß es sich dabei um eine steilaufragende Felsnadel handelte, die er von seinen Fotos her kannte. Wenn er in der Dunkelheit nur eine Spur weiter nach rechts manövriert hätte, wäre sein Ausflug hier abrupt zu Ende gewesen .
Noch dreißig Meter bis zu dem Plateau, rechnete Dash Roon, in Gedanken die Fotografien sichtend.
Noch zwanzig .
Zehn .
Mit geübter Bewegung zog Dash Roon die Beine aus der Vorrichtung, die seinen Körper bisher in der Waagrechten gehalten hatte. Vorsichtig ließ er die Füße nach unten sinken - und traf auf Widerstand!
Seine Stiefelspitzen verhakten sich für einen winzigen Moment irgendwo, an einem Felsgrat vermutlich, lösten sich aber sofort wieder. Trotzdem genügte der kurze Kontakt, um die Landung des Gleiters ganz und gar anders ausfallen zu lassen als von Roon geplant.
Die Spitze des aluminiumverstärkten Planendreiecks senkte sich vornüber, schlug knirschend gegen Fels, tickte wieder hoch und von neuem nach vorne. Das Gestänge des Fluggeräts verbog sich knarrend, Stoff riß, als das Gerät sich überschlug und zum Spielball der Fliehkraft degradiert wurde.
Dash Roon konnte nichts, aber auch gar nichts gegen die unkontrollierte Landung unternehmen. Hilflos hing er im Tragegestell, wurde hin und hergeschleudert, schlug mit Armen und Beinen immer wieder gegen Fels. Er beglückwünschte sich allein zu der Vorsichtsmaßnahme, einen Helm aufgesetzt zu haben. Andernfalls hätte sich der Inhalt seines Schädels längst auf höchst unappetitliche Weise über das gesamte Plateau verteilt .
Das Plateau .!
Dash Roon keuchte, nicht vor Schmerz diesmal, sondern unter eisigem Schrecken!
Für eine planmäßige Landung hätte die Größe des Plateaus seiner Einschätzung zufolge zwar genügt, für einen derartigen Absturz jedoch - Es konnten nur noch wenige Meter bis zur Kante sein. Dahinter gähnte das Nichts, viele hundert Meter tief. Und darunter - dornenspitze, scharfkantige Felszähne, die ihn regelrecht zerfleischen würden. Wenn er das Pech hatte, noch zu leben, wenn er dort aufschlug Ein mörderischer Ruck durchlief das Knäuel aus Aluminium und Stoff, in das sich der Gleiter inzwischen verwandelt hatte. Eine halbe Drehung noch - dann nichts mehr.
Dash Roon lag still, starr -
- über dem Nichts!
Die letzte Bewegung hatte ihn doch noch über den Rand des Gipfelplateaus hinausgetragen, nachdem sich die Reste des Gleiters an einer emporspringenden Felsnase verhakt hatten. Jetzt hing er nur noch in den Tragegurten, die den brachialen Absturz wie durch ein Wunder überstanden hatten.
Unter ihm ein pechschwarzer Abgrund.
Über ihm stockfinstere
Weitere Kostenlose Bücher