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Phantasie und Wirklichkeit

Phantasie und Wirklichkeit

Titel: Phantasie und Wirklichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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erschütterten, werden sich
Anfang des neuen Jahres Seismologen aus der ganzen Welt, auch aus dem UK, in Sacramento
treffen, um über Verbesserungen im System der Vorhersage von möglichen
Katastrophen zu diskutieren. Es hat bisher auf diesem Gebiet keine Konferenz
ähnlicher Größenordnung gegeben, und die voraussichtliche Dauer von sechs
Wochen zeigt die Dringlichkeit, die diesem kosmischen Problem beigemessen wird.
     
    Lewis hatte natürlich viel zu lange
gebraucht, aber jetzt begriff er allmählich. Und schließlich äußerte er sich:
    «Was wir also brauchen, ist eine Liste
der Delegierten dieses Konferenz. Sollte nicht...»
    Aber weiter kam er nicht, denn Morse
reichte ihm ein Blatt, auf dem die Mitglieder der UK-Delegation aufgelistet
waren.
    «Guter Mann — Sergeant Dixon — wissen
Sie», sagte Morse.
    Lewis ignorierte das Lob. «Ist aber
keiner mit der Initiale dabei.»
    «Warum versuchen Sie’s nicht mal mit
dem ?» schlug Morse vor.
    Lewis versuchte es also mit dem
, und sein Blick blieb an dem mittleren der fünf Namen hängen: Robert
Grainger, Dr. phil., MA.
    «Dann brauchen wir nur noch seine
Adresse ausfindig zu machen...»
    «Cumnor Hill, Lewis. Nicht sehr weit,
nicht wahr? Palmer hat ihn aufgespürt. Guter Mann — Palmer -, wissen Sie.»
     
     
     

Teil
vier
     
    Weiß auf
einem Thron oder beschützt in einer Höhle Gibt es einen Propheten, der
verstehen kann Warum Menschen geboren wurden
    James Elroy Flecker,
    The Golden Journey to Samarkand)
     
     
    «Warum, denken Sie, hat er es getan?»
fragte Lewis, während sie durch die Botley Road fuhren.
    «Graingers mögliche Motive, meinen Sie?
Na ja, er war Spitzenkandidat für den Lehrstuhl für Geologie — wie Sie gerade
selbst festgestellt haben. Große Ehre, wissen Sie, eine Professur in Oxford.
Höchster Rang überhaupt. Für manche Leute.»
    Lewis nickte; er stand jetzt mehr oder
weniger und nahm selbst den Faden auf: «Und Sheila Poster war dabei, es alles
kaputtzumachen. Gerade als er sein Erstgeburtsrecht geltend machen will, steht
er plötzlich vor der Aussicht auf Skandal und Scheitern und Ehescheidung... und
vor dem Alptraum von einem brüllenden Baby dazu.»
    Morse ließ ungewöhnlich lange auf eine
Antwort warten, während sie begannen, den Cumnor Hill hinaufzuklettern. «Über
die beiden letzten Dinge weiß ich nichts, Lewis.»
     
    Sie gingen über den mit Platten
belegten Weg, der den gepflegten Rasen — unkrautfrei sogar im Winter — in zwei
Teile zerschnitt, und klopften an die Eingangstür. Sie wurde sofort geöffnet,
von einem vorzeitig ergrauten Mann von schlankem Wuchs, etwa Ende Vierzig, der
sie über die Gläser seiner Halbbrille hinweg anblickte.
    «Sie sind von der Polizei, nehme ich
an?»
    Morse zeigte seinen Ausweis. «Dr.
Grainger?»
    Ein paar Sekunden lang zögerte der
Mann. Dann trat er zurück und bat seine Besucher in ein gut ausgestattetes
Wohnzimmer, in dem drei der Wände bis zur Decke mit Büchern vollgestellt waren.
    «Ja. Ich denke, wir bringen es besser
hinter uns.»
    Er sprach ziemlich langsam und ohne
Erregung — jedenfalls zunächst. Ja, er wisse, daß Sheila Poster ermordet worden
sei. Er habe es in der Oxford Mail gelesen. Ja, er habe eine Affäre mit
ihr gehabt; sie habe ihn unter Druck gesetzt, er solle seine Frau verlassen und
mit ihr zusammenleben; sie habe ihm gesagt, daß sie schwanger sei — aber er
habe das bezweifelt. Seine Frau kenne jetzt fast die ganze Wahrheit, war aber
nur in die Sache verwickelt worden, weil Sheila es irgendwie fertiggebracht
habe, hier im Haus einen Job als Putzfrau zu bekommen, und dann versucht hatte,
die ehelichen Beziehungen zu vergiften — den kläglichen Rest, der noch übrig
war davon...
    An dieser Stelle beschloß der (offenbar
zu Morses milder Erheiterung) bisher übersehene Lewis, sich in Szene zu setzen.
«Es wird Sache von Mrs. Grainger sein, uns über ihre Sicht der Dinge zu
informieren, Sir. Sie selbst waren nicht hier, nicht wahr, als Miss Poster für
Ihre Ehefrau arbeitete?»
    Grainger, der ausschließlich Morse
angesprochen hatte, wandte seine Blicke jetzt Lewis zu.
    «Wollen Sie damit sagen, daß Sie nicht
bereit sind, meinen Worten über das, was meine Frau mir berichtet hat,
zu glauben?»
    «Wir sind nicht hier, um Fragen zu
beantworten, Dr. Grainger, wir sind hier, um sie zu stellen», bellte Lewis.
    Verärgert wandte Grainger sich wieder
an Morse. «Ist es nötig, diesen Mann dabeizuhaben, Inspektor? Ich bin es nicht
gewohnt, daß