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Phantasmen (German Edition)

Phantasmen (German Edition)

Titel: Phantasmen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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sie gerade erwachten, ihre Schädel hoben und mit vermoderten Klauen nach den Sprossen der Leitern griffen.
    »Vielleicht sollten wir uns in einem dieser Dinger verstecken«, sagte Tyler. Ich hatte die üble Befürchtung, dass er das ernst meinte. Je nachdem, wie stark die Explosion sein mochte, würde uns das vielleicht vor umherfliegenden Trümmern retten. Oder wir würden lebendig darin begraben werden.
    »Das da ist besser«, sagte Emma und zeigte nach vorn.
    Vor uns wurde die Rückwand der Höhle sichtbar. Darin befand sich ein stählernes Tor. Jemand war vor uns hier gewesen, Havens Leute vielleicht oder andere noch viel früher. Das gewaltige Schott war gesprengt worden, ein eiserner Torflügel hing schief in den Angeln. Darunter war ein dreieckiger Spalt entstanden, breit genug, um mit einem der Jeeps hindurchzufahren. Oder mit unserem Elektrobuggy.
    Ich brachte keinen Ton heraus, auch die beiden anderen sprachen nicht. Emma zögerte nur einen Augenblick lang und ließ den Wagen vor dem zerstörten Tor ausrollen. Dann gab sie abermals Gas und steuerte den Buggy unter dem verzogenen Stahlschott hindurch.
    Tylers Hand berührte meine. Ich konnte ihn neben mir nur als Silhouette erkennen. Unser schwaches Scheinwerferlicht riss ringsum grobe Felswände aus der Finsternis, wir fuhren durch einen Tunnel. Der Boden war voller Unebenheiten und Schlaglöcher, aber er war noch immer asphaltiert. Ein uralter Stollen, der hoffentlich nicht im nächsten Moment vor einer Wand enden würde.
    Als die Explosionen schließlich kamen, fiel die Furcht auf einen Schlag von mir ab. Das Warten hatte ein Ende.
    Erst war es ein Grollen wie ein fernes Gewitter, dann eine Serie von Donnerschlägen. Feuer war keines zu sehen, dafür spürten wir die Druckwelle. Sie trieb das tonnenschwere Stahltor wie ein Blatt Papier von hinten auf uns zu.

23.
    Als die erste Explosion ertönte, hatte Emma das einzig Richtige getan: Sie hatte das Steuer herumgerissen und den Buggy zur Tunnelwand gelenkt, ganz nah an den Fels, hinter einen Vorsprung.
    Ein Ungetüm aus Staub jagte von hinten heran – und inmitten von Trümmern und Rauch raste mit unglaublichem Getöse der abgerissene Stahlflügel durch die Röhre. Das Scheppern, mit dem er die Wände streifte und Kerben in das Gestein hieb, sprengte mir fast das Trommelfell.
    »Runter!«, brüllte Tyler, und dann fielen wir schon alle drei neben dem Buggy übereinander, so flach wie möglich auf den Boden und dicht aneinandergepresst. Ich schob mich über Emma, um sie so gut es eben ging mit meinem Körper zu schützen.
    Der Torflügel polterte an uns vorbei. Durch die Druckwelle rutschten wir ein Stück an der Felswand entlang, während der Buggy wie von selbst den Tunnel hinabrollte und nur durch ein Wunder nicht von der verbeulten Stahlplatte zerschmettert wurde. Hitze folgte auf den Druck, aber es waren nur Luftströme, keine Flammen, die aus der Grotte in den Tunnel wehten.
    Ein schrilles Schaben von Stahl auf Stein, dann ein Krachen – der Torflügel hatte sich verkeilt, ein gutes Stück weiter den Tunnel hinunter. Ich atmete Staub ein, bekam aber Luft und vergewisserte mich, dass Emma unverletzt war. Tyler rappelte sich ebenfalls auf. Der Buggy war umgeworfen worden und leuchtete mit den Scheinwerfern an die Wand. Wir husteten und fluchten wie Überlebende eines Sandsturms. Erst allmählich legte sich die Staubwolke.
    Tyler schnappte sich Emma und umarmte sie. »Das hast du fantastisch gemacht!« Dann gab er ihr einen Kuss auf die Stirn, der sie dreinschauen ließ wie jemanden, der unverhofft gegen eine Glastür gelaufen war. Perplex, schockiert, ganz und gar überfordert mit der Situation.
    »Er hat Recht.« Grinsend wuschelte ich ihr durchs Haar, und Staub wölkte auf. »Du hast uns gerettet.«
    Sie hustete. »Und was genau ist daran so erstaunlich?«
    Tyler ging hinüber zu dem umgestürzten Buggy, stemmte sich mit beiden Armen gegen das Gestänge und versuchte, den Wagen aufrecht zu stellen. Erst als Emma und ich dazukamen, gelang es uns gemeinsam, das Gefährt wieder in die Waagerechte zu bringen. Der Buggy krachte scheppernd auf seine vier Räder. Emma setzte sich ans Steuer und drückte auf einen Knopf. Der Motor sprang an.
    Kurz darauf waren wir wieder unterwegs. Für einen Moment hatte die Frage im Raum gestanden, ob wir umkehren und es in der Grotte versuchen sollten, nachdem Haven und seine Männer abgezogen waren. Aber wir waren alle überzeugt, dass er auch die Hebeplattform und

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