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Phantasmen (German Edition)

Phantasmen (German Edition)

Titel: Phantasmen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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verstopft, darüber befand sich nur noch ein schmaler Streifen Luft.
    Kurz entschlossen stieg Tyler auf die unteren Leiber, packte den, der ganz oben lag, am Arm und versuchte ihn herunterzuziehen, um mehr Platz zu schaffen. Es war ein grauhaariger Mann ohne Schutzbrille. In dem Gedränge hatte er sie wohl verloren.
    Ebenso gut hätte Tyler versuchen können, eine Statue aus Stein zu bewegen. »Völlig steif«, sagte er.
    »Die Totenstarre beginnt nach einer Stunde.« Wieder Emma und ihr Professorenton. »Nach zwölf Stunden bewegt sich nichts mehr. Die liegen hier seit gestern, vielleicht schon seit dem Vormittag.«
    Ich wünschte mir, die Brillen könnten uns auch vor dem furchtbaren Gestank schützen. »Geh du zuerst«, sagte ich zu Tyler, der ja ohnehin schon dort oben hockte.
    Aber er kam wieder zurück. »Der Spalt ist zu schmal. Wenn ich stecken bleibe, versperre ich euch den Weg.«
    Ich wollte etwas erwidern, aber Emma sagte: »Da hat er Recht.« Und folgte Tyler.
    »Pass ja auf!«, sagte ich. »Und sieh erst nach, wie es auf der anderen Seite aussieht!«
    Sie nahm den Rucksack ab, legte sich bäuchlings auf den Leichnam des alten Mannes und schob den Kopf durch die Öffnung. Fast wäre sie dabei mit dem Nachtsichtgerät an der Oberkante der Tür hängengeblieben. Der Spalt war wirklich verdammt schmal, selbst für jemanden, der so dünn war wie sie.
    Sie rief etwas, das ich nicht verstand. Ich wollte schon hinterherklettern, um sie zurückzuziehen, aber da schob sie sich rückwärts aus der Öffnung und drehte sich im Liegen um.
    »Da ist ein Korridor, sonst nichts. Mit noch mehr Toten.«
    Tyler nickte. »Beeil dich! Bis das nächste Lächeln losgeht, müssen wir den Ausgang gefunden haben.«
    Dabei hatten wir wohl nicht mal die Hälfte des Weges geschafft, sonst wären all diese Menschen nicht in den Saal gedrängt, sondern aus ihm hinaus.
    Emma schob erst den Rucksack durch das Loch, dann schlängelte sie sich hinterher. Einen Moment lang sah es aus, als wäre sie eingeklemmt, doch schließlich glitt sie ganz hindurch. Gleich darauf erschien ihr Gesicht auf der anderen Seite, blass und fahl im Schimmelgrün meiner Nachtsichtmaske.
    »Jetzt du!«, sagte Tyler. »Rennt los und wartet nicht auf mich. Ich komme schon irgendwie durch. Greif dir deine Schwester und dann lauft!«
    Ich hätte gern seine Augen gesehen, nicht nur diese beiden Kameraobjektive aus Metallringen und Glas. Aber er drehte mich mit sanfter Gewalt an den Schultern um und drängte mich den Leichenhügel hinauf.
    Erst kletterte ich auf allen vieren, dann legte ich mich auf den Bauch. Unter mir war jetzt der Mann ohne Maske. Ich schob mich über seine offenen Augen hinweg, wollte nicht hineinsehen und tat es doch. Durch meine Nachtsichtbrille sahen sie milchig aus.
    Als ich mein Gesicht durch die Öffnung schob, musste ich den Kopf zur Seite drehen. Mein Magen rebellierte, als meine Wange seinen Handrücken streifte.
    Schließlich war ich mit Kopf und Schultern auf der anderen Seite. Ich hatte die Arme nach vorn ausgestreckt. Emma griff danach und zog. Einige Sekunden lang dachte ich, dass meine Flucht zu Ende wäre, und wollte Emma vorausschicken, aber dann gab unter mir etwas nach und ich glitt in einem Rutsch durch die Öffnung. Haltlos schlitterte ich über weitere Körper abwärts und landete gemeinsam mit Emma am Boden eines Betonkorridors. Auch hier bot sich uns derselbe Anblick wie in dem ersten Gang am Tunnel, aber es waren keine weiteren Engpässe zu sehen.
    Oben im Spalt tauchte Tylers Gesicht auf. Die Objektive seiner Infrarotmaske schimmerten wie riesenhafte Raubtieraugen. »Nun lauft schon!«
    Emma und ich blieben stehen.
    Er schob seine Hände voraus und presste sich mit aller Kraft durch die Öffnung. Wir kletterten ihm entgegen, ergriffen jede einen Arm und zerrten daran. Er stöhnte auf, aber wir zogen noch fester und versuchten auf den Körpern unter unseren Füßen Halt zu finden. Dann war sein Oberkörper durch und etwas knirschte, von dem ich hoffte, dass es nicht zu ihm gehörte. Wieder stürzten wir den Menschenhang hinunter, diesmal zu dritt, und kamen zwischen steifen, stinkenden Leichen auf.
    Als wir losliefen, bemerkte ich, dass Tyler humpelte. Ich bot ihm an, ihn zu stützen, aber er schüttelte den Kopf. »Rennt einfach! Irgendwo müssten hier doch Schilder sein, zu einem Notausgang oder –«
    »Von dem kommen wir gerade.« Emma deutete auf einen beschrifteten Pfeil, der auf die Tür zeigte.
    Wortlos stürmten

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