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Phantasmen (German Edition)

Phantasmen (German Edition)

Titel: Phantasmen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Augenbrauen waren verbrannt, statt ihrer war da nur noch gerötete Haut. Auch sein blonder Vollbart hatte gelitten, als er sich zu nah ans Feuer gewagt hatte; vor allem am Kinn waren die Haare schwarz versengt. Auf seiner linken Wange glänzte eine offene Brandblase.
    »Engländerin?«, wandte er sich an mich.
    »Waliserin.«
    Er musterte mich einen Moment lang, als müsste er diese Aussage in Übereinstimmung mit meinem Äußeren bringen. »Name?«
    »Ist das noch wichtig?«
    »Ihren Namen, Miss.«
    »Rain Mazursky. Ihre Leute haben uns die Papiere abgenommen. Sie wissen doch längst, wie wir heißen.«
    »Miss Mazursky«, sagte er ruhig. »Aus Wales.« Sein Blick löste sich von meinen Augen und wanderte über meine Dreadlocks. Sie starrten vor Schmutz.
    Jäh sprang Tyler auf. Er war einen halben Kopf größer als Haven, und obwohl seine Hände hinter dem Rücken gefesselt waren, gab er eine bedrohliche Erscheinung ab.
    Die Söldner zwischen den Probandenbehältern wollten vorspringen, aber Haven hob die Hand und ließ sie innehalten. »Schon gut. Mister … Tønseth? Spreche ich das richtig aus? Bitte setzen Sie sich wieder.«
    Tyler blieb stehen. »Haben Sie ihm den Auftrag gegeben, mich ausfindig zu machen?«
    »Ihm?«
    »Dem Kerl, der an der Absturzstelle gestorben ist. Dessen Leiche sie verbrannt haben.«
    »Nehmen Sie Platz. Bitte.«
    Tyler wich Havens Blick nicht für eine Sekunde aus. Aber er setzte sich.
    »Wissen Sie, wer dieser Tote war?«, fragte der Colonel.
    Keiner von uns gab eine Antwort.
    »Sein Name war Sebastian Whitehead. Er war der Sohn von Jeremy Whitehead, der vor einiger Zeit verstorben ist. Den Auftrag, Sie zu finden, hatte Sebastian von seinem Onkel erhalten.«
    Also von Timothy Whitehead, dem Führer des Tempels. Seit dem Tod seines Zwillingsbruders lenkte er allein die Geschicke der Sekte. Die Medien hatten darüber berichtet.
    »Natürlich hat der Junge das nicht allein erledigt. Denn Sie haben sich nicht ungeschickt angestellt, Mister Tønseth. Ihre Kreditkarte ist seit einer Ewigkeit nicht angerührt worden, und es gab nur wenige Orte, an denen sich Ihre Anwesenheit zweifelsfrei nachweisen ließ. Leider erst, nachdem Sie sie bereits wieder verlassen hatten.«
    Ich sah zu Tyler hinüber, der meinen Blick kurz erwiderte. Das Ausmaß der Überwachung schien auch ihn zu erstaunen. »Und?«, fragte er in Havens Richtung.
    »Unglücklicherweise waren Sie nicht der Einzige, dem Sebastian nachspioniert hat. Während er Ihnen auf der Spur war, begann er, Material gegen Timothy Whitehead zu sammeln, seinen eigenen Onkel. Und damit auch gegen Lionheart. Unglückseligerweise war er auf den Gedanken gekommen, dass der Tod seines Vaters kein Zufall war. So wie der ganze Absturz von IB259.«
    Ich sog scharf die Luft ein. »Jeremy Whitehead war an Bord?« Ich sah wieder den jungen Amerikaner vor mir, der vor einer der Erscheinungen gebetet hatte. Sebastian Whitehead hatte den Geist seines Vaters gefunden. »Ich habe damals die Liste der Toten gesehen«, widersprach ich schwach. »Der Name Whitehead tauchte darauf nicht auf.«
    »Und das wundert Sie?« Um Havens Mund spielte ein feines Lächeln. »Nun, Sebastian fand heraus, dass sein Onkel seinen Vater dazu gedrängt hatte, an Bord der Maschine zu gehen. Wir hatten sehr präzise Anweisungen, zwölf ganz bestimmte Personen herauszuholen. Jeremy Whitehead gehörte nicht dazu.«
    »Aber warum?«, fragte ich. »Wieso wollte sein eigener Bruder seinen Tod?«
    »Geld und Macht«, sagte Tyler überzeugt. »Der eine Zwilling ließ den anderen umbringen, um an dessen Vermögen heranzukommen und die alleinige Kontrolle über den Tempel zu übernehmen.«
    Haven lächelte noch immer. »Es klingt ein wenig grob, so wie Sie es formulieren, und es stand mir damals nicht zu, mir Gedanken über die Motive meines Auftraggebers zu machen. Heute sieht die Sache allerdings etwas anders aus.«
    Ich sah ihn fragend an, aber er ging nicht darauf ein. Stattdessen sagte er: »Wir haben die ganze Zeit über gewusst, wo Sebastian sich aufhielt. Der Laptop war präpariert, aber auf diese Idee sind Sie vermutlich schon selbst gekommen.«
    »Was hat das alles mit uns zu tun?«, fragte ich.
    »Falsche Zeit, falscher Ort, Miss Mazursky. Das galt bereits für Ihre Eltern an Bord von IB259 und nun leider auch für Sie und Ihre Schwester.«
    Er wusste es, natürlich. Er hatte nur die Passagierliste des Airbus durchsehen müssen, um auf die Namensgleichheit zu stoßen.
    »Aber wenn es

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