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Phantastische Weihnachten: 24 Geschichten zum Weihnachtsfest (German Edition)

Phantastische Weihnachten: 24 Geschichten zum Weihnachtsfest (German Edition)

Titel: Phantastische Weihnachten: 24 Geschichten zum Weihnachtsfest (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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Bootssteg betritt, ist ihr, als würde sie an die Schwelle einer anderen Welt kommen. In gewisser Weise ist dem auch so, denn die raue Winterwelt nimmt sie in unsichtbare Arme. Still ist es hier draußen; still und duster. Jeder Laut verklungen. Nur der Wind strolcht säuselnd im im Hafen umher. Masten zittern. Seile surren. Leicht tänzelnde Gischt schwappt schmatzend ums Holz schlingernder Bootsleiber. Die große Stille schluckt alles; auch den allerletzten Piep. Ein Hafen wie viele. Dennoch dringt die Ruhe tiefer in alle Sinne ein, als anderswo. Drüben, im Dorf, flimmern sieben Straßenlaternen. Und Festlichter, die aus manchen Häusern dringen. Hier jedoch, am Kai, herrscht Tintenschwärze... Furchteinflößend. Gottverlassen. Hässlich – und dennoch schön. Jeder Fremde würde in dieser trostlosen Öde Reißaus nehmen. Aber das Mädchen, dahinten am Steg, ist keine Fremde. Sie kennt hier alle Wege, jeden Winkel; kennt das leise Raunen des Meeres und losbrechende Stürme. Natürlich weiß sie auch sämtliche Namen der ankernden Boote. Im Moment interessiert sie sich scheinbar nur für das eher große Boot am Landsteg. Von dessen nasser Flanke schimmert schwach der Name „Ruben“. Der Kutter trägt schlicht und einfach den Namen seines kauzigen Besitzers – Ruben.
    Das Mädchen entert das Boot; läuft zum Vorderdeck; trommelt an das verschmierte Glas der Kajütentür. Dahinter regt sich etwas; wenn auch mit einiger Verzögerung. Ein Poltern. Nochmal...Dann flackert ihr das spärliche Licht einer Kerze um die Nase. Scheint so, als würde das Kerzenlicht allein zur Tür rausschweben – doch der Alte hält es nur weit von sich – vielleicht, weil er das Dunkel liebt und Besucher scheut. Dicke Hände werden sichtbar; knapp dahinter das runzlige Gesicht. Der Alte ist äußerst schlechter Stimmung. Er zerrt die Tür auf; knurrt: „Wat gib‘s denn?!“
    Das Kerzenflackern stoppt jäh. „Wie...Wo?...“ Offenbar ist der späte Gast erkannt worden, denn der Alte nutzt die Gelegenheit für ein ausgiebiges Gähnen. Auch seine Stimmung bessert sich – wenn auch nur mäßig.
    „Mensch Karla, wat geisterst du denn noch nachts in der Gegend rum?!“ Er holt die Taschenuhr aus den Tiefen seiner Cordhose hoch; glotzt sicherheitshalber zweimal darauf.
    „Sag ma‘, biste noch zu retten?! Weißte, wie spät dat is‘?!“
    „Zwei Fragen auf einmal!,“ antwortet sie schnippisch. Ihr Haar fliegt auf.
    „Du hast mir versprochen, dass wir...“
    „Jo, hab ich!,“ schnauzt er dazwischen. „Aber nich‘ mitten inner Nacht!“ Ein heftiger Juckreiz befällt ihn.
    „Da, halt ma‘ ..“
    Seine dicken Finger rubbeln an Kinn und Wange lang, dass es Hautschuppen in die Kerzenflamme rieselt. Karla streckt die freie Hand vor; rubbelt einfach mit. Ihr Gekicher stört den Alten, also beendet er die gemeinsame Rubbelei.
    „Nu‘ lass man. Juckt auch nich‘ mehr.“
    Er holt sich die Kerze zurück; gibt sich betont ernst.
    „Wenn du schon ma‘ da bist, denn komm halt rein, oder willste da Wurzeln schlagen?! Aber dat eine sag ich dir...Wenn din Mudder mich ‘n Kopp kürzer macht, weil du mitten inner Nacht ausbüchst, denn komm ich ohne Kopp zurück und leg dich eigenhändich über‘s Knie!“
    Wieder das Gekicher des Mädchens.
    Natürlich weiß der Alte schon jetzt, dass er niemals die Hand gegen das Mädchen erheben wird. Kann aber nicht schaden, ihr klarzumachen, dass es Regeln gibt, und dass er eigentlich lieber mit sich allein ist. Gerade mal zehn ist das Mädel, aber ‘ne Klappe bis zum Mond. Und überhaupt: das hier ist mein Kahn. Da kann ich Selbstgespräche führen, so oft ich will! Und wenn das der Lütten nicht passt, kann sie ja abzwitschern. Hängt mir dauernd am am Hals, die Göre. Und das elende Jucken geht auch schon wieder los...!
    Diesmal bekratzt er seinen lichten Hinterkopf. Währenddessen grübelt er weiter vor sich hin... Mist nur, dass ich nicht mehr so gut zu Fuß bin...Da schnappst du dir neulich eins der spielenden Kinder im Hafen und schickst es los, zum Konsum. Bier, Schnaps, Rauchzeug, Schinken, Käse, Brot – viel mehr braucht der anspruchslose Kahnbesitzer ja nicht. Und denn kommt die Göre zurück; schiebt sich den spendierten Lutscher bis zum Anschlag in den Hals und grinst über alle Backen. Du bist schon, samt Proviant, im Bauch des Kutters verschwunden, da kommt das dünne Stimmchen von der Reeling: „Soll ich morgen wieder für dich einkaufen?“
    Nee, soll sie nicht. Aber die Lütte

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