Phantastische Weihnachten: 24 Geschichten zum Weihnachtsfest (German Edition)
und tat es Jay gleich.
Dann fielen sie in ihren Trott zurück und ignorierten den Alltag um sie herum, indem sie auf ihrer alten Playstation spielten.
Die Standuhr gab ein krächzendes, knarrendes Geräusch von sich, das sieben Uhr abends bedeutete.
Punktgenau begann es wieder zu klopfen.
„Dieser angeblich ‚heilige Abend‘ bringt mich noch um“, maulte Crobs.
„Achte diesmal einfach nicht drauf“, schlug Jay vor, und daran hielten sie sich.
Doch zu ihrer Überraschung hörte die Belästigung kurz drauf auf und eiferte nicht der Ewigkeit nach.
Jay legte seinen Controller nieder, so sehr verwirrte ihn dieses Detail.
„Schaust du doch nach?“
„Ja.“
Es dauerte nur einen Moment, dann kam Jay zurück und zuckte mit den Schultern.
„Keiner da. Apropos, wo ist eigentlich diese angebliche Hexe hin?“
Crobs zuckte mit den Schultern. „Der Sarg ist noch da. Wird schon wiederkommen. Was schaust du so?“
„Was zum… “, Jay blinzelte. “Was ist das?“
Er ging zum verdreckten Fenster und sah hinaus. Mit einem Ruck drehte er sich zu Crobs um.
„Was?“
„Das glaubst du nicht!“, keuchte Jay erschrocken.
Als sie vor die Tür traten, liefen bereits Kinder von einem anderen Stock hinunter, zwei Mädchen mit bunten Kopftüchern und ein Junge, dick eingepackt und mit leuchtenden Augen.
Selbst Großmütterchen Alpha, die Kettenraucherin vom 8. Stock, quälte sich die Treppen hinab.
„Kommen Sie“, meinte Crobs seufzend und hilfsbereit.
„Danke, du kleiner Scheißer“, erwiderte die Alte liebevoll und krallte sich in seine Schulter.
„Meinst du, ob das Rachena war?“, fragte Jay, als sich der Muskelmann mit seiner dünnen, aber hochschwangeren Frau an ihnen vorbeiquetschte.
„Keine Ahnung. Wen juckt‘s?“, antwortete Crobs, ganz konzentriert nicht zu fallen.
„Ihr bringt mich später wieder hoch, oder?“, wollte Alpha rasselnd wissen.
„Sicher.“
„Gut. Ihr seid zwei nette Junkies.“
„Wir sind keine Junkies.“
„Wenn ihr meint.“
Sie setzten die ältere Dame ab, die sich schwer auf ihren Stock stützte und davon humpelte, aber nicht ohne sich einen Glimmstängel anzuzünden.
Die beiden Freunde sahen sich einen Augenblick an, dachten an den seltsamen Spätnachmittag und kamen zur Einsicht, dass sie nicht wussten, was sie davon halten sollten.
Daher liefen sie etwas unsicher in die Kälte hinaus.
Der übliche Anblick von Betonhäusern, riesigen Parkplätzen und wenig Grün war verdeckt von frisch gefallenem Schnee und Dunkelheit, doch in diesem plötzlich aufgetauchten, seltsamen goldgelben Licht wirkte alles weicher und nicht ganz so schrecklich.
Mit Herzklopfen liefen sie auf das Getümmel zu.
Sie schmeckten Anis, Zimt, Lebkuchen, Kardamon und Zitronat in der Luft, fühlten die Wärme von Feuer und Menschen, die näher zusammenrückten, nahmen diese gewisse Aufregung und Seltsamkeit um sie herum war.
„Oh man“, hauchte Jay, als sie näher kamen.
In einem gewissen Sinne gab es keine Besonderheit. Für manche Menschen war es etwas, das im Winter dazu gehörte, eine beschlossene, hübsche Nebensächlichkeit.
„Ein Weihnachtsmarkt.“
Die abgerissenen Jugendlichen sahen sich um. Überall befanden sich Holzstände, aus denen der weihnachtlich-süße Duft schwebte.
Dort vorn konnte man Glühwein trinken, auf der anderen Seite verschiedene Plätzchen essen und etwas weiter hinten gab es kleine, wunderschön verpackte Schachteln, die man sich holen konnte.
„Was soll das?“
Jay hatte noch nie so viele Menschen auf diesem sonst scheußlich grauen Platz gesehen.
Und es schien niemand auf Probleme aus zu sein.
Im Gegenteil.
Verwundert über diese plötzliche Kuriosität gingen sie weiter. Der Markt erschien riesig, denn an jeder Ecke befand sich eine andere Spezialität. Heiße Makronen, schokoladenintensiver Kakao, funkelnde, kristallartige Glaskugeln, in denen feines Pulver herumwirbelte, weiche Wolljacken, Marmeladen und Gelees, Bratäpfel, gebackene Birnen, Likör aus Nüssen, wunderschöne Krippen aus richtigem Holz, lebensecht geschnitzte Figuren, sogar ein kleiner Chor, der derart schöne Lieder sang, dass Jay weinen wollte.
Und doch waren da diese kleinen Unterschiede, die nur Einheimische entdeckten und derart ungewöhnlich waren, dass es eine besondere Wirkung hatte.
Die Säufer des Viertels lachten und tranken zusammen Nussschnaps, bei den Spielen der Kinder waren alle dabei, die Mütter unterhielten sich mit den anderen Müttern, selbst mit
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