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Phantastische Weihnachten: 24 Geschichten zum Weihnachtsfest (German Edition)

Phantastische Weihnachten: 24 Geschichten zum Weihnachtsfest (German Edition)

Titel: Phantastische Weihnachten: 24 Geschichten zum Weihnachtsfest (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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räumten bei den Abfällen auf und naschten hin und wieder von einem kleinen Stückchen Stollen, das abgefallen war. Sie aßen so lange, bis sie satt und glücklich waren. Den guten Festtagsbraten ließen sie jedoch in Ruhe, wie auch die leckere Torte und die Pfefferkuchen für die Kinder. Denn obwohl sie Mäuse waren und keine Ahnung hatten, warum die Menschen Weihnachten feierten, so hatten sie doch begriffen, dass während dieses Fests der Liebe Menschen und Tiere in Frieden und Eintracht miteinander leben und es allen Wesen auf dieser Welt gut gehen sollte.
    So gab es auch für die kleine, hungrige Mäusebande ein glückliches Weihnachtsfest. Und wenn sie nicht mittlerweile in eine Falle gelaufen sind, so knabbern sie auch in diesem Jahr wieder zur Weihnachtszeit.

15. Dezember
Eine seltsame Begegnung auf dem Dach
Von Jochen Stüsser-Simpson
    Verdrießlich stapfte er nach oben. Die Gedanken, die er sich machte, waren für die Hausfrau nicht sehr vorteilhaft. Wahrscheinlich hatte sie eine Zeitungsmeldung falsch verstanden; jedenfalls behauptete sie stur und steif, dass ihrer Meinung nach der Schornstein nicht mehr gekehrt werden müsste. Bei modernen Gasheizungen wäre eine Sichtkontrolle ausreichend, etwa durch Ausspiegelung. Er redete mit Engelszungen auf sie ein, vergeblich. Zum Glück war sie ihm dann doch noch in den Heizungskeller gefolgt: Sie hatte dort keine moderne Gasheizung, sondern eine Erdgasfeuerstätte nicht nur älterer, sondern schon uralter Bauart. Als er über die Steuerung am Thermostat die Gaszufuhr freigegeben hatte, entzündete sich das einströmende Gas erst einmal – nicht. Was geschehen musste, geschah: Das Gas sammelte sich, es kam zu der absehbaren Verpuffung, bei der die Flammen so aus der Therme schlugen, dass sich die Hausfrau mit einem ängstlichen Schrei an seinen Arm klammerte. Ihm war das ein bisschen peinlich gewesen, und er hatte sie schnell ein Stück weggeschoben, mit der Ausrede, sie solle sich an seiner schwarzen Kleidung nicht beschmutzen. Erst nach dieser harten Zündung war er für sie wieder ein ernsthafter Gesprächspartner gewesen und er hatte erneut versucht, ihr die Vorteile des traditionellen Kehrmonopols nahezubringen, das durch EU-Recht gerade in Brüssel abgeschafft wurde.
    ***
    Er hatte keine Lust auf Schornstein, nicht mehr. Zumindest nicht in dieser Jahreszeit. Den freien Fall liebte er allerdings nach wie vor; deshalb schlich er sich gelegentlich in ziviler Kleidung auf große Jahrmärkte und in Vergnügungsparks, um dort inkognito die verschiedenen Freifalltürme, Schleudergeräte und Achterbahnen zu besteigen. Er genoss es, gut gesichert im Sitz oder in der Gondel im Freefall-Tower oder Giant Drop nach oben geliftet zu werden, oben angelangt fast unmerklich in den freien Fall überzugehen und Spitzengeschwindigkeiten zu erzielen, bis er unten von einer Bremsanlage sanft eingefangen wurde. Denn Spitzengeschwindigkeiten waren das allemal, verglichen mit dem Tempo, das er üblicherweise in geschlossenem Mauerwerk, also in Schornsteinen und Rauchfängen, erreichen konnte. Und als sanft empfand er den abschließenden Bremsvorgang, als das reinste Vergnügen, denn beruflich war er ein anderes Aufkommen gewohnt. Schornstein war also nicht mehr sexy. Er hatte zudem das Gefühl – und damit lag er sachlich nicht richtig –, dass die Schornsteine immer enger wurden. Es hätte ihm eigentlich ein Leichtes sein müssen, sein Alter in Betracht zu ziehen und in Abhängigkeit von seinem Alter seinen veränderten Bauchumfang, doch so weit mochte oder konnte er nicht denken. Vielmehr konzentrierte er sich auf die Geräusche aus der Dachluke hinter dem großen Schornstein. Da kam wer. Gerade noch hatte er auf dem Dach des Hochhauses einen der vielen getroffen, der seinen Lebenswillen verloren hat. Einen, der einfach ein paar Schritte weiter laufen will – und über die Dachrinne springen. Als wäre das eine Lösung! Vielleicht könnte er dieselbe Idee wieder erfolgreich anwenden und ihn auf Silvester orientieren. Es gab keinen vernünftigen Grund, sich am Heiligen Abend heimlich von dannen zu machen.
    ***
    Gedankenverloren öffnete er die Dachluke, plötzlich hatte er ein seltsames Gefühl, irgendetwas geschah, was nicht alltäglich war, was zugleich aufhellend und entspannend wirkte. Wie magisch fühlte er sich aus dem normalen Alltag herausgehoben – doch da sah er etwas erstaunt den anderen Mann.
    „Was machen Sie denn hier? So ganz im roten Zwirn?“
    „Die Frage

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