Phantom
Fuß.«
»Daran habe ich keinen Zweifel.«
»Demzufolge war es beschlossene Sache, daß Waddell sterben würde«, sagte ich.
»Mein Gott!« Wesley blinzelte. »Wie war das möglich? Der Gouverneur kann doch ein Todesurteil buchstäblich in letzter Sekunde aufheben.«
»Offensichtlich stand fest, daß er das nicht tun würde.«
»Und der einzige Mensch, der das mit Sicherheit wissen konnte, war der Gouverneur selbst«, bestätigte Wesley meinen Gedankengang.
Ich stand auf und trat ans Küchenfenster. Ein Kardinalmännchen holte sich etwas aus dem Vogelhäuschen und schoß wie ein Feuerball davon.
»Warum?« fragte ich, ohne mich umzusehen. »Warum könnte der Gouverneur Waddells Tod gewollt haben?«
»Keine Ahnung.«
»Wenn wir richtig liegen, dann gibt es nur eine Antwort: Er hatte etwas zu verbergen und veranlaßte Donahue, dafür zu sorgen, daß der entlassene Häftling nicht gefaßt würde, denn sonst hätte das Risiko bestanden, daß der gute Mann auspackte.«
Wesley schwieg.
»Keiner, der in diese Geschichte verwickelt ist, kann wollen, daß der Mann gestellt wird, und es wäre den Beteiligten auch sehr recht, wenn ich außer Gefecht gesetzt werden könnte. Ich kann mich auf einiges gefaßt machen: Patterson ist ein Intimus von Norring.«
»Kay, es gibt zwei wichtige Dinge, die wir nicht wissen: Das erste ist das Motiv des Gouverneurs, und das zweite ist, wie es zu der Nachahmung des Naismith-Mordes bei Eddie Heath kam.«
Ich drehte mich zu ihm um. »Die Vermutung bietet sich an, daß der Täter sich an dem Foto von Robyn orientierte, das ihre Leiche an den Fernseher gelehnt zeigt.«
Wesley schaute ins Leere. »Aber wie könnte es in seine Hän d e gelangt sein?«
»Vielleicht hatte Ben Stevens auch da die Finger drin. Ich sagte Ihnen doch, daß er die Fotos aus dem Archiv holte. Er kann Kopien davon gemacht haben, bevor er sie mir brachte. Die Frage ist nur, aus welchem Grund hat Donahue oder sonst jemand die Fotos bei Stevens angefordert?«
»Weil besagter Häftling sie haben wollte. Möglicherweise machte er sie zur Bedingung für seine Mitarbeit.«
»Ein abscheulicher Gedanke.«
»Das kann man wohl sagen.« Unsere Blicke trafen sich. »Wenn es so war, dann liefert uns das aufschlußreiche Hinweise auf die Psyche des Mörders. Ich könnte mir vorstellen, daß er den Naismith-Fall seinerzeit mitverfolgt hat und es ihn antörnte, Waddells Abscheulichkeiten in Gedanken nachzuvollziehen. Und als er auf freiem Fuß ist und Eddie aus dem Supermarkt kommen sieht, beschließt er, seine Phantasien zu realisieren. Daraus ist zu entnehmen, daß Phantasien bei ihm keine Ersatzhandlungen sind, sondern Vorbereitungen auf ihre Verwirklichung.«
»Donahue muß einen beträchtlichen Apparat für diese Aktion zur Verfügung gehabt haben«, meinte ich.
Wesley nickte. »Unter anderem auch Leute in Schlüsselpositionen, beispielsweise bei der Staatspolizei, bei der Stadt und vielleicht sogar beim FBI. Man kann Menschen durch Erpressung zur Kooperation zwingen – oder man kauft sie.«
»Wie Susan.«
»Richtig. Aber sie war sicher nur ein kleines Rädchen im Getriebe. Stevens hatte meiner Ansicht nach eine gehobenere Stellung. Ich habe ein paar Leute losgeschickt, die Erkundigungen über ihn einzogen. Er trinkt viel und ist auch sonst kein Kind von Traurigkeit. Wußten Sie, daß man ihn zu einer Prise Koks nicht lange zu überreden braucht?«
»Mich überrascht nichts mehr.«
»Und wenn man sich mit Drogen abgibt, gerät man schnell in üble Kreise. Außerdem lebt Ihr Verwaltungsmann weit über seine Verhältnisse. All das prädestinierte ihn geradezu, Donahues Opfer und damit sein Handlanger zu werden. Wahrscheinlich hatte der Gefängnisdirektor einen seiner Männer auf Stevens angesetzt, der in einer Bar ›zufällig‹ mit ihm ins Gespräch kam und ihm eine Möglichkeit eröffnete, sein Budget wesentlich aufzubessern.«
»Und worin bestand diese Möglichkeit?« fragte ich.
»Meiner Ansicht nach sollte er dafür sorgen, daß von Waddell nach dessen Einlieferung ins Leichenschauhaus keine Fingerabdrücke abgenommen wurden und daß das Foto von dem blutigen Fingerabdruck aus Robyn Naismiths Haus aus dem Archiv verschwand. Aber dies war sicherlich nur der Auftakt.«
»Und dann warb er Susan an.«
»Die zwar eigentlich nicht mitmachen wollte, jedoch ihrerseits in finanziellen Schwierigkeiten steckte«, sagte darauf Wesley.
»Und wer gab ihr Ihrer Meinung nach das Geld?«
»Wahrscheinlich dieselbe
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