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Phantom

Phantom

Titel: Phantom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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überprüft: Beide Geräte sind Terminals.«
    »Wie können wir rausfinden, in welchen Büros sie stehen?«
    »Ich habe hier drin bisher keine Aufstellung darüber gefunden. Falls es keine gibt, muß du dir die Anschlußkabel der Terminals ansehen: Sie sind für gewöhnlich gekennzeichnet Wenn du meine Meinung hören willst, ich glaube nicht, daß deine Computerbetreuerin der Spion ist. Sie kennt deinen Benutzernamen und dein Paßwort, warum sollte sie den Umweg über DEMO machen? Und da ich annehme, daß der NCR-Mini in ihrem Büro steht, gehe ich davon aus, daß sie das Systemterminal benutzt.«
    »So ist es.«
    »Die Gerätebezeichnung deines Systemterminals lautet TTYB.«
    »Aha.«
    »Eine andere Möglichkeit, zu klären, wer hinter der Sache steckt, wäre, in die Büros zu gehen, wenn niemand da ist, aber alle eingelockt sind. Du mußt nichts weiter tun, als in UNIX reingehen und eintippen: WER BIN ICH? Und dann gibt das System dir die Antwort.« Sie stieß den Stuhl zurück. »Die Küche ruft. Mach du’s dir inzwischen gemütlich! Es dauert nicht lange.«
    »Ich leiste dir Gesellschaft«, sagte ich.
    »Bitte nicht! Die Künstlerin darf nicht gestört werden.«
    Es dauerte wirklich nicht lange. Staunend betrachtete ich die appetitliche Komposition, die sie auftischte: Hähnchenbrüste, Salat, Reis mit Cashewnüssen und Paprikaschoten sowie die Soße, die ich beim Heimkommen gerochen hatte.
    »Wo hast du denn kochen gelernt?«
    »Nicht bei meiner Mutter, da kannst du sicher sein. Warum war ich wohl so ein Fettklops? Von dem ganzen Mistzeug, das sie kaufte! Süßigkeiten, Limonaden und Pizzas, die wie Pappe schmeckten. Ich verdanke ihr eine Masse von Fettzellen, mit denen ich den Rest meines Lebens zu kämpfen haben werde. Das verzeihe ich ihr nie!«
    »Wir müssen noch wegen heute nachmittag miteinander reden. Wo warst du so lange? Als du kamst, wollte ich gerade die Polizei anrufen.«
    »Ich habe anderthalb Stunden trainiert und dann ausführlich geduscht.«
    »Aber du warst viereinhalb Stunden weg!«
    »Ich mußte fürs Abendessen und noch ein paar Sachen einkaufen.«
    »Warum bist du nicht ans Autotelefon gegangen?«
    »Ich dachte, das kann nur dich angehen. Warum regst du dich so auf, Tante Kay? Ich bin doch kein Kleinkind mehr!«
    »Das weiß ich. Aber man macht sich auch um erwachsene Kinder Sorgen.«
    »Es tut mir leid«, sagte sie.
    Ich hatte das Licht ausgemacht, und wir saßen an dem niedrigen Tisch auf dem Boden, eingehüllt in die behagliche Wärme des knisternden Feuers – und plötzlich fühlte ich mich Lucy so nah, daß mir die Tränen in die Augen traten.
    »Was wünschst du dir zu Weihnachten?« fragte ich leise und griff nach meinem Weinglas.
    »Schießunterricht.«

5
    Als mich am Montag sehr früh der Wecker aufschreckte, öffnete ich neugierig die Vorhänge: Große Flocken tanzten wie Daunenfedern im Licht der Gartenbeleuchtung. Hohe weiße Mützen saßen auf den Lampen. Nach einem Becher Kaffee und einem flüchtigen Blick in die Zeitung machte ich mich ausgehfertig und war schon fast an der Tür, da drehte ich mich um: Auch wenn Lucy »kein Kleinkind mehr« war, ich konnte das Haus nicht verlassen, ohne nach ihr gesehen zu haben. Als ich am Abend zuvor ins Bett gegangen war, hatte sie sich wieder an den Computer gesetzt, und ich nahm an, daß sie noch lange dort geblieben war. Leise öffnete ich die Tür zu ihrem Zimmer. Lucy lag, in ihr Bettzeug gewickelt, fest schlafend auf der Seite. Es rührte mich, daß sie einen Sweatsuit trug, den sie in einer meiner Schubladen gefunden hatte. Bisher hatte noch nie jemand in Sachen von mir schlafen wollen. Zart strich ich ihr über die Haare und ging auf Zehenspitzen hinaus.
    Die Fahrt in die Stadt war ein einziger Alptraum, und ich beneidete die Leute, deren Büros wegen des Schnees geschlossen blieben. Alle, die nicht in den Genuß eines unerwarteten Urlaubstages kamen, krochen die Interstate entlang und kamen ins Rutschen, sobald sie die Bremse auch nur antippten.
    Ich fragte mich, wie ich es Margaret möglichst schonend beibringen konnte, daß meine halbwüchsige Nichte glaubte,unser Computersystem sei nicht sicher. Und diese Überlegung brachte mich wieder auf die beiden Fragen, auf die ich noch immer keine Antwort wußte: Wer war in mein Verzeichnis eingebrochen? Und warum hatte Jennifer Deighton wiederholt bei mir angerufen und wortlos aufgelegt?
    Als ich ankam, war es glücklich halb neun. Ich betrat das Leichenschauhaus und blieb verblüfft

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