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Phantom

Phantom

Titel: Phantom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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von hinten den linken Arm um den Hals, umfaßte mit der rechten Hand sein linkes Handgelenk und zog es nach hinten.« Ich machte es ihm vor, indem ich ihn als Anschauungsobjekt benutzte. »Damit wirkte der Druck exzentrisch auf den Hals, führte zum Bruch des rechten Zungenbeinhorns und schnürte den oberen Luftweg und die Halsschlagadern ab.«
    »Besteht die Möglichkeit, festzustellen, ob er sie nur aus Versehen tötete?« fragte Marino.
    »Da muß ich Sie enttäuschen.«
    »Mist!«
    Ich war erschöpft. Die meisten meiner Leute waren heute nicht zur Arbeit erschienen, und Susan hatte sich merkwürdig verhalten. Jennifer Deighton, eine Fremde, die mich anscheinend mehrmals angerufen hatte, war ermordet worden, und ein Mann, der behauptete, ihr Bruder zu sein, hatte, als ich einen Nachweis seiner Identität verlangte, wortlos aufgelegt. Und zu allem Überfluß hatte Marino schlechte Laune.
    »Natürlich ist es denkbar, daß er sie nur aus Versehen tötete. Ich halte es sogar für möglich, daß er nicht erkannte, daß sie tot war, sondern sie für bewußtlos hielt, als er sie in ihren Wagen setzte.«
    »Dann haben wir es also mit einem Schwachkopf zu tun.«
    »Nicht unbedingt.«
    »Übrigens«, fiel ihm ein, »daß Sie Jennifer Deighton nicht kannten, muß nicht heißen, daß die Deighton Sie nicht kannte.«
    Ich sah ihn fragend an.
    »Sie sind oft im Fernsehen und in den Zeitungen. Vielleicht wußte sie, daß ihr jemand ans Leder wollte, und beschloß, Sie um Hilfe zu bitten. Aber als sich Ihr Anrufbeantworter meldete, traute sie sich nicht, eine Nachricht zu hinterlassen. Möglicherweise fürchtete sie, daß es jemand abhören könnte.«
    »Eine deprimierende Version.«
    »Fast alles, was wir in Ihrem Laden hier erwägen, ist deprimierend.« Er stand auf.
    »Tun Sie mir einen Gefallen«, sagte ich, »gehen Sie noch mal in ihr Haus und suchen Sie nach Daunenkissen, Daunenjacken oder Staubwedeln. Ich muß wissen, ob es dort irgendwo Federn gibt.«
    »Warum?«
    »Weil ich an ihrem Morgenrock eine kleine Feder entdeckt habe.«
    »Okay. Wenn ich was finde, sage ich Ihnen Bescheid.«
    Ich horchte auf, als draußen die Lifttüren sich öffneten und schlossen. »War das Stevens?«
    Marino, der in der offenen Tür stand, nickte. »Fahren Sie jetzt nach Hause?«
    »Nein, ich kann noch nicht weg.«
    Ich begleitete Marino zum Aufzug und ging dann zu dem Fenster am Ende des Flurs, von dem aus man den Parkplatz überblicken konnte. Ich wollte sichergehen, daß Stevens abgefahren war: Sein Jeep war weg.
    Ich sah Marino aus dem Haus kommen und vorsichtig über den glitzernden Schnee zu seinem Wagen gehen. Bevor er einstieg, schüttelte er seine Füße – wie eine Katze, die versehentlich in Wasser getreten ist. Ich fragte mich, ob er Pläne für Weihnachten hatte, und ärgerte mich, weil ich nicht daran gedacht hatte, ihn einzuladen. Es würde sein erstes Weihnachten ohne Doris sein.
    Ich machte mich daran, die Computerterminals in den Büros auf meinem Stockwerk zu überprüfen. Unglücklicherweise war keines eingelockt, und das einzige gekennzeichnete Kabel war das von Fielding, die Bezeichnung lautete jedoch weder TTY07 noch TTY14. Enttäuscht ging ich in Margarets Zimmer und machte Licht.
    Wie immer sah es aus, als sei ein Sturm durch den Raum gefegt und habe Unterlagen über den Schreibtisch verstreut, Bücher in den Regalen umgeblasen und andere zu Boden geweht. Stapel von Endlosausdrucken hatten sich aufgefaltet wie Akkordeons, und unentzifferbare Notizen und Telefonnummern klebten an Wänden und Bildschirmen. Der Minicomputer summte wie ein elektronisches Insekt, und die Lichter des Modems, das auf einem Wandbord stand, zeugten davon, daß es in Betrieb war. Ich setzte mich an das Systemterminal, öffnete eine Schublade zu meiner Rechten und begann, das Dateiverzeichnis durchzublättern. Ich fand mehrere vielversprechende Stichworte wie BENUTZER und NETWORKING, aber unter keinem fand ich, was ich wissen wollte. Als ich nachdenklich den Blick schweifen ließ, entdeckte ich ein dickes Kabelbündel, das hinter dem Computer an der Wand hinaufführte und durch die Decke verschwand. Jede der Leitungen war beschriftet.
    Sowohl TTY07 als auch TTY14 waren direkt mit dem Computer verbunden. Nachdem ich als erstes TTY07 ausgestöpselt hatte, ging ich von Terminal zu Terminal, um festzustellen, wo der Anschluß unterbrochen war: Das Terminal in Ben Stevens’ Büro ging wieder an, nachdem ich das Kabel wieder angesteckt hatte. Als

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