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Phantom

Phantom

Titel: Phantom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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sie davon. Ich glaube, sie konnte Ihnen nicht mehr ins Gesicht sehen, Kay, weil sie Sie hinterging.«
    Ich nickte traurig. Wesleys Vermutung klang einleuchtend.
    Bei meinem Weihnachtsbesuch hatte ich erkannt, daß mit Susan etwas nicht stimmte und daß sie nicht ehrlich zu mir war. Daß sie sich vor Eddie Heaths und Jennifer Deightons Obduktion drückte, hatte nichts mit Formalindämpfen oder Angst vor Hexen zu tun – sie ertrug es nicht, ausgerechnet diese beiden Opfer zu obduzieren.
    »Eine interessante Theorie«, sagte Wesley, als ich ihm meine Gedanken darlegte. »Ich denke, sie bekam das Geld unter anderem für Informationen. Wahrscheinlich war sie am Weihnachtstag mit ihrem Auftraggeber verabredet. Vielleicht wollte sie aus dem Geschäft aussteigen, vielleicht drohte sie auch, alles auffliegen zu lassen. Beides wäre ein Mordmotiv.«
    »Was für Informationen können so wichtig sein, daß jemand so viel Geld dafür bezahlt?« fragte mich Lucy.
    Ich hob ratlos die Schultern. »Susan hat nicht vergessen, Waddell Fingerabdrücke abzunehmen – oder wer immer es war, den ich da obduzierte«, sagte ich zu Benton. »Sie hat es absichtlich nicht gemacht.«
    »Das glaube ich auch.« Wesley nickte. »Ich nehme an, es gehörte zu ihrem Auftrag, es zu ›vergessen‹ oder die Karten verschwinden zu lassen, falls ein anderer die Abdrücke abgenommen hätte.« Wieder mußte ich an Ben Stevens denken.
    »Und das bringt uns zu unserem Problem zurück«, fuhr Wesley fort. »Wir müssen herausfinden, wer am 13. Dezember auf dem elektrischen Stuhl starb – und dazu müssen wir wis sen, ob Waddells AFIS-Unterlagen manipuliert wurden. Ich habe Michele schon Bescheid gesagt, daß Sie auf sie zukommen werden«, wandte Wesley sich an Lucy.
    »Michele?«
    »Sie ist Computerbetreuerin beim Department of Criminal Justice Services und sitzt im Hauptquartier der Staatspolizei. Rufen Sie sie an. Sie wird Ihnen erklären, wie AFIS funktioniert, und die fraglichen Protokollbänder auflegen.«
    »Sie hat nichts dagegen, daß ich das mache?« fragte Lucy.
    »Ganz und gar nicht. Die Protokollbänder enthalten alle Änderungen in der AFIS-Datenbank. Sie sind nicht lesbar. Wenn ich mich recht erinnere, bezeichnete Michele sie als ›hex-Abzüge‹. Können Sie damit was anfangen?«
    »Hex ist die Abkürzung von hexadezimal – das heißt ›auf der Zahl sechzehn basierend‹. Ich muß die Umsetzung rückgängig machen und ein Programm schreiben, das alle Veränderungen der numerierten Einträge, an denen Sie interessiert sind, sucht.«
    »Und – schaffen Sie das?«
    »Ja – sobald ich das Schema geknackt habe und die Datenstruktur kenne. Warum macht diese Michele, die Sie erwähnten, es eigentlich nicht selbst?«
    »Es würde auffallen, wenn sie plötzlich ihre Routineaufgaben vernachlässigen und den ganzen Tag nur noch Protokollbänder durchgehen würde. Sie dagegen können unauffällig vom Rechner Ihrer Tante aus arbeiten, indem Sie sich über eine Leitung für Fehlersuch- und Wartungsarbeiten reinwählen.«
    »Ich bin mit der Aktion nur einverstanden, wenn die Spuren nicht zu mir zurückverfolgt werden können«, meldete ich mich zu Wort.
    »Können sie nicht«, versprach Wesley.
    »Und niemand wird merken, daß sich jemand in den Computer der Staatspolizei reinmogelt?« wollte ich wissen.
    »Michele sagte, sie kann dafür sorgen.« Wesley zog einen Zettel aus der Tasche seines Anoraks und gab ihn Lucy. »Da sind ihre Büro- und ihre Privatnummer.«
    »Woher wissen Sie, daß man ihr trauen kann?« erkundigte Lucy sich. »Woher wissen Sie, daß sie nicht irgendwie an der Manipulation beteiligt war, falls eine vorliegt?«
    »Sie konnte schon als kleines Mädchen nichts vor mir verbergen.«
    »Sie kennen sie schon so lange?«
    »O ja.« Wesley lächelte. »Sie ist meine älteste Tochter.«

9
    Nach einigem Hin und Her faßten wir einen Entschluß: Lucy würde bis Mittwoch mit den Wesleys im Homestead bleiben, damit ich mich auf meine Arbeit konzentrieren konnte, ohne mir Vorwürfe machen zu müssen, sie zu vernachlässigen. Am späten Vormittag reiste ich bei leichtem Schneefall ab, als ich in Richmo nd ankam, regnete es. Bis vier Uhr nachmittags war ich in den Labors gewesen, hatte mit Fielding und einigen Spezialisten konferiert, keinen einzigen Reporteranruf erwidert und einen Bogen um die elektronische Post gemacht: Falls der Leiter der Gesundheitsbehörde mir eine Nachricht geschickt hatte, wollte ich nicht wissen, wie sie lautete. Um

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