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Phantom

Phantom

Titel: Phantom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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arbeitete für den Besitzer. Waddell war das jüngste von vier Kindern. Die Mutter war sehr religiös und ging jeden Sonntag mit ihnen in die Kirche. In seinem Elternhaus wurde nicht getrunken, nicht geflucht und nicht geraucht. Er wuchs sehr behütet auf und kam kaum jemals von der Farm weg, bis sein Vater starb. Da sagte Ronnie der Farm ade und nahm den Bus nach Richmond. Dank seiner körperlichen Kräfte hatte er keine Schwierigkeiten, Arbeit zu finden. Er brach mit dem Preßlufthammer Asphalt auf, schleppte schwere Lasten… Als Hilfsarbeiter kam er immer unter. Von seinem Lohn kaufte er sich zunächst Bier und Schnaps, dann Marihuana. Innerhalb eines Jahres war er auf Koks und Heroin, dealte und stahl alles, was ihm in die Finger kam, um seine Sucht zu finanzieren. Als ich ihn fragte, wie viele Straftaten er verübt habe, für die er nicht eingesperrt worden sei, erwiderte er, er könne sie nicht zählen. Er hatte Einbrüche verübt, Autos aufgebrochen – er war ein ›Beschaffungskrimineller‹, wie es so schön heißt. Und dann brach er bei Robyn Naismith ein, und sie kam unglücklicherweise zurück, als er noch dort war.«
    »Aber im Grunde war er nicht gewalttätig«, warf ich ein.
    »Nein, sonst hätte sich das schon früher gezeigt. Die Verteidigung behauptete, er sei vorübergehend unzurechnungsfähig gewesen – durch Drogen und Alkohol –, und ich glaube das. Nicht lange vor dem Mord hatte er mit PCP angefangen. Es ist gut möglich, daß er zur Tatzeit völlig neben der Spur war und sich später gar nicht mehr oder nur sehr dunkel an das erinnerte, was er getan hatte.«
    »Was hat er denn gestohlen?« erkundigte ich mich. »Vielleicht kann man daraus schließen, daß er wirklich nur einen Diebstahl plante, als er bei ihr einbrach.«
    »Das ganze Haus war durchwühlt. Wir wissen, aufgrund der Aussage ihrer Freundin, daß Schmuck fehlte. Das Medizinschränkchen im Bad war ausgeräumt und ihre Brieftasche leer. Es ist schwer zu sagen, ob sonst noch etwas fehlte, da sie allein lebte.«
    »Ohne jede festere Bindung?«
    »Die Frage bringt mich auf einen interessanten Punkt.« Wesley betrachtete ein altes Ehepaar, das auf der Tanzfläche der Bar selbstvergessen zu den heiseren Klängen des Saxophons tanzte. »Auf dem Laken wurden frische Spermaspuren festgestellt – und sie stammten eindeutig nicht von Waddell; sie gehörten zu einer anderen Blutgruppe.«
    »Keiner ihrer Bekannten hat einen Freund erwähnt?«
    »Nein. Da er sich nicht bei der Polizei meldete, lag nahe, daß es sich um einen verheirateten Mann handelte.«
    »Kehren wir zu unserem gegenwärtigen Problem zurück.«
    Ich öffnete Waddells Akte und gab Wesley die Fotos des Häftlings, den ich am Abend des 13. Dezember nach seiner Hinrichtung obduziert hatte. »Können Sie mir sagen, ob das der Mann ist, den Sie vor sechs Jahren in Mecklenburg aufgesucht haben?«
    Benton studierte die Fotos sorgfältig – Nahaufnahmen des Gesichts, des Oberkörpers und der Hände. Dann zog er einen Schnappschuß aus Waddells Assessment Protocol und legte ihn zum Vergleich daneben.
    »Ich sehe eine Ähnlichkeit«, stellte ich fest.
    »Die besteht«, nickte Wesley. »Aber das muß nichts heißen. Der Schnappschuß ist zehn Jahre alt. Waddell hatte einen Vollbart, war sehr muskulös, aber schlank. Sein Gesicht war schmal. Dieser Bursche«, er deutete auf eines meiner Fotos, »ist glattrasiert und viel schwerer, das Gesicht bedeutend voller. Tut mir leid, ich weiß nicht, ob es derselbe Mann ist.«
    Auch ich konnte es nicht mit Sicherheit bestätigen, aber ich besitze alte Fotos von mir, auf denen mich heute niemand wiedererkennen würde.
    »Haben Sie irgendwelche Vorschläge, wie wir dieses Problem lösen können?« fragte ich ihn.
    »Einen.« Er legte die Fotos aufeinander und klopfte den Packen auf der Tischplatte gerade. »Ihr Freund Nicholas Grueman spielt eine Rolle in diesem Stück, und ich habe eine Idee, wie wir an ihn rankommen können, ohne unsere Karten aufzudecken. Wenn Marino oder ich an ihn heranträten, wüßte er sofort, daß etwas im Busch ist.«
    Ich wußte, worauf er hinauswollte, und versuchte, ihn zu unterbrechen, doch er ließ es nicht zu.
    »Marino hat mir von Ihren Schwierigkeiten mit Grueman berichtet – daß er Sie mit Vorliebe niedermacht. Aber Sie haben bei ihm studiert, und es wäre naheliegend, wenn Sie mit ihm sprächen. Sozusagen in Erinnerung an die alten Zeiten.«
    »Diese ›alten Zeiten‹ waren ein Alptraum. Ich will nicht mit

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