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Phantom

Phantom

Titel: Phantom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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auf Sie stürzen. Ich wette, er kann es kaum erwarten. Im Augenblick muß er richtig glücklich sein.«
    »Marino, Sie sind rot wie eine Tomate. Kippen Sie mir bloß nicht um!«
    »Kommen wir zu dem Halstuch zurück, das Sie Susan angeblich geschenkt haben. Wie hieß der Laden in San Francisco, wo Sie es gekauft haben?«
    »Es war kein Laden.«
    Er schoß einen scharfen Blick herüber, ohne seine Wanderung zu unterbrechen.
    »Es war ein Verkaufsstand auf einem Markt, wo Bilder und Handarbeiten verkauft wurden«, erklärte ich.
    »Haben Sie die Quittung noch?«
    »So hochoffiziell ging es da nicht zu.«
    »Sie können also nicht beweisen, daß Sie bei einem fliegenden Händler ein Halstuch kauften, das dieser in ein Kuvert aus starkem, schwarzem Glanzpapier packte?«
    »Nein, kann ich nicht.«
    Er ging weiter auf und ab, und ich starrte aus dem Fenster. Wolken zogen über die Mondsichel, und die dunklen Silhouetten der Bäume wiegten sich im Wind. Ich stand auf, um die Jalousie herunterzulassen.
    Marino blieb stehen. »Ich werde ihre Bankunterlagen durchsehen müssen.«
    Ich schwieg.
    »Um zu überprüfen, ob Sie in letzter Zeit größere Beträge von Ihrem Konto abgehoben haben.«
    Ich schwieg weiter.
    »Das haben Sie doch nicht, oder, Doc?«
    Mein Puls raste. »Wenden Sie sich an meinen Anwalt!«
    Nachdem Marino gegangen war, ging ich in den ersten Stock zu dem Zedernholzschrank, in dem ich meine persönlichen Unterlagen aufbewahrte, und suchte heraus, was für eine Überprüfung relevant wäre. Ich dachte an die vielen Strafverteidiger in Richmond, die begeistert wären, wenn ich für den Rest meines Lebens eingesperrt oder zumindest meines Amtes enthoben würde.
    Ich saß in der Küche und machte mir Notizen, als es klingelte. Benton und Lucy standen draußen, und ich sah ihnen an, daß sie bereits Bescheid wußten.
    »Wo ist Connie?« fragte ich.
    »Sie bleibt über Neujahr bei ihrer Familie in Charlottesville.«
    Lucy drückte mich kurz an sich und sagte: »Ich mache mich wieder an die Arbeit, Tante Kay.« Sie nahm ihre Reisetasche und verschwand.
    »Marino möchte meine Bankunterlagen einsehen«, berichtete ich Wesley, als er mir ins Wohnzimmer folgte. »Und Ben Stevens will mich fertigmachen: Es sind eine Menge Unterlagen aus dem Büro verschwunden, und er wird es mit Sicherheit so hinstellen, als hätte ich sie an mich genommen. Und laut Marino ist Roy Patterson zur Zeit ein glücklicher Mensch, weil er eine Gelegenheit sieht, mich zu zerfleischen. Das ist der neueste Stand der Dinge.«
    »Wo haben Sie Ihren Scotch?«
    »In dem Schrank da drüben. Gläser sind in der Bar.« Ich drehte aus einer Zeitungsseite eine Fidibus zusammen, um das Holz im Kamin anzuzünden.
    »Auf dem Weg hierher habe ich Ihren Stellvertreter angerufen«, erzählte Wesley. »Die Ballistiker haben sich bereits die Geschosse angesehen, die in Donahues Kopf steckten: Winchester hundertfünfzig Grain Blei ohne Mantel, Kaliber zweiundzwanzig. Zwei Stück. Ein Schußkanal verläuft durch die Wange aufwärts in den Schädel, die andere Kugel drang durch den Nacken ein – bei aufgesetzter Mündung.«
    »Stammen sie aus derselben Waffe wie in den beiden anderen Fällen?«
    »Ja. Möchten Sie Eis?«
    »Bitte.« Ich stellte den Kaminschirm wieder an seinen Platz und hängte den Schürhaken weg. »Sind am Fundort oder an der Leiche Federn entdeckt worden?«
    »Nicht, daß ich wüßte. Offenbar hat der Mörder Donahue durch das offene Fahrerfenster erschossen. Das bedeutet zwar nicht, daß er nicht vorher bei ihm im Wagen gesessen hat, aber ich glaube es nicht. Ich denke, Donahue hatte sich am Deep Water Terminal mit jemandem verabredet. Als die Person eintraf, kurbelte er das Fenster herunter – und das war’s dann. Hat übrigens Ihr Besuch bei Dauney etwas gebracht?«
    Er gab mir meinen Drink und setzte sich aufs Sofa.
    »Die Federn, die in den drei bisherigen Fällen gefunden wurden, stammen von Eiderenten.«
    »Ganz schön exklusiv.«
    »Sie sagen es: zu teuer für den Durchschnittsbürger.« Ich berichtete Wesley ausführlich von meiner Unterrichtsstunde bei Dauney, schilderte ihm mein Gespräch mit Nicholas Grueman und eröffnete ihm, daß ich meinen ehemaligen Lehrer für absolut integer hielt.
    »Ich bin froh, daß Sie bei ihm waren«, sagte Wesley. »Ich hatte gehofft, daß Sie sich doch noch dazu überwinden würden.«
    »Überrascht Sie das Ergebnis?«
    »Nein. Gruemans Situation ist der Ihren ähnlich: Er bekommt ein Fax von Jennifer

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