Phantom
habe gute Lust, dieses Revolverblatt zu verklagen. Diesmal sind sie zu weit gegangen.«
»Ich glaube nicht, daß das im Augenblick klug wäre.« Er zog seine Zigaretten heraus und folgte mir in die Küche, wo die Zeitung ausgebreitet auf dem Tisch lag.
»Dahinter steckt bestimmt Ben Stevens«, fauchte ich.
»Doc, hören Sie bitte zu!«
»Er will mich fertigmachen!«
»Doc! Halten Sie den Mund! Bitte!«
Ich ließ mich auf einem Stuhl nieder.
»Ich bin auch in einer scheußlichen Situation«, sagte er. »Ich habe mit Ihnen an den Fällen gearbeitet, und plötzlich sind Sie eine Verdächtige. Ja, wir haben ein Kuvert in Susans Haus gefunden – unter Wäsche in einer Kommodenschublade versteckt. Es enthielt drei Hundertdollarnoten. Vander untersuchte den Umschlag, und es kamen mehrere Fingerabdrücke zum Vorschein, zwei davon waren von Ihnen. Wie Sie wissen, sind Ihre Fingerabdrücke ebenso wie meine und die vieler anderer Ermittlungsbeamter in AFIS gespeichert. Für den Fall, daß wir aus Versehen unsere Fingerabdrücke an einem Tatort hinterlassen.«
»Ich habe an keinem Tatort Fingerabdrücke hinterlassen. Es muß eine logische Erklärung geben. Vielleicht stammt das Kuvert aus dem Büro, und ich habe es irgendwann in der Hand gehabt.«
»Es ist kein Kuvert aus dem Büro«, erwiderte Marino. »Es ist aus starkem, schwarzem Glanzpapier.«
Ein Bild erschien vor meinem geistigen Auge. »Das Halstuch!« stieß ich hervor.
»Was?«
»Ich schenkte Susan ein Halstuch zu Weihnachten, das ich in San Francisco gekauft hatte, und es steckte in einem Kuvert aus starkem, schwarzem Glanzpapier, das mit einem kleinen goldenen Siegel zugeklebt war. Ich habe es selbs t verpackt – natürlich sind meine Fingerabdrücke darauf!«
»Und was ist mit den dreihundert Dollar?« Er schaute an mir vorbei.
»Von mir sind sie nicht.«
»Warum stecken sie dann in dem Umschlag von Ihnen?«
»Woher soll ich das wissen? Vielleicht wollte sie das Geld irgendwo verstecken, und das Kuvert lag gerade parat.«
»War jemand dabei, als Sie ihr das Halstuch schenkten?«
»Nein. Ihr Mann war nicht zu Hause, als sie es auspackte.«
»Er sagt, Sie hätten ihr rosa Weihnachtssterne gebracht. Von einem Halstuch war nicht die Rede.«
»Marino, sie trug es, als sie ermordet wurde!«
»Das beweist doch nicht, daß sie es von Ihnen hatte.«
»Sie hören sich an wie ein Staatsanwalt«, sagte ich aufgebracht.
»Verstehen Sie mich denn nicht? Ich möchte Sie auf unangenehme Fragen vorbereiten. Oder ist es Ihnen lieber, wenn Sie ein anderer Cop ins Gebet nimmt? Es würde Ihnen wenig helfen, wenn ich Ihre Hand tätschle und Ihnen versichere, daß alles gut wird. Sie stehen unter Beschuß, verdammt noch mal!« Er begann, den Blick zu Boden gerichtet und die Hände in den Taschen, auf und ab zu gehen.
»Erzählen Sie mir von Donahue«, bat ich.
»Er wurde in seinem Wagen erschossen. Nach Aussage seiner Frau verließ er das Haus um sechs Uhr fünfzehn. Um dreizehn Uhr fünfzehn wurde sein Thunderbird am Deep Water Terminal entdeckt – mit ihm am Steuer.«
»Das habe ich schon in der Zeitung gelesen.«
»Hören Sie: Halten Sie sich da raus!«
»Warum? Meinen Sie, die Medien werden sonst andeuten, daß ich auch etwas mit seinem Tod zu tun habe?«
»Wo waren Sie heute morgen um sechs Uhr fünfzehn, Doc?«
»In meiner Küche beim Frühstück.«
»Haben Sie Zeugen, die das bestätigen können? Der Dee p Water Terminal liegt ganz in der Nähe Ihres Büros.«
»Ich war nicht im Büro. Ich war in Washington bei Minor Dauney.«
»Das beweist gar nichts: Man braucht nicht viel Zeit, um einen Menschen zu erschießen.«
»Jetzt reicht’s mir aber wirklich!«
»Ich liefere Ihnen nur einen Vorgeschmack. Warten Sie, bis Patterson seine Zähne in Ihr Fleisch schlägt!«
Bevor Roy Patterson Staatsanwalt wurde, war er ein kämpferischer Strafverteidiger gewesen, und damals hatte er gelernt, mich zu hassen, denn in der Mehrzahl der Fälle führten meine Aussagen nicht gerade dazu, daß die Geschworenen positiver über die Angeklagten dachten.
»Habe ich Ihnen jemals erzählt, wie sehr Patterson Sie haßt?« frage Marino. »Sie haben ihn häufig in Verlegenheit gebracht, als er noch Verteidiger war und Sie kühl und überlegen in Ihrem Schneiderkostüm im Zeugenstand saßen und ihn wie einen Idioten dastehen ließen.«
»Dafür, daß er als Idiot dastand, sorgte er selbst – ich habe nur seine Fragen beantwortet.«
»Jedenfalls wird er sich mit Wonne
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