Pharmakon
kühlen Sand. Der Vollmond ließ die Nacht fast so hell wie den Tag erscheinen. Der Sand war weich und fein wie Puder. Ein leichter Wind ließ die Takelage der Katamarane rattern, so daß sie wie japanische Windglockenspiele klangen. Adam konnte verstehen, weshalb Männer wie Bill Shelly von der Insel so bezaubert waren.
Als er an dem Club vorbeiging, konnte Adam in den Speisesaal blicken. Ein paar Kellnerlehrlinge deckten bereits die Tische für die nächste Mahlzeit.
Ungefähr hundert Meter jenseits des Clubhauses sah Adam die Wohnsiedlung des Personals. Sie war in einer pseudo-spanischen Art mit Stuckwänden und rotgedeckten Dächern entworfen. In einigen der Wohnhäuser brannte Licht, und Adam konnte Männer und Frauen beim Fernsehen oder Lesen beobachten. Die ganze Szene war so friedvoll, daß man kaum zu glauben vermochte, daß es sich um das Zentrum eines gigantischen Komplotts handelte. Und doch war es ganz offensichtlich so. Alle pharmazeutischen Firmen gaben Millionen von Dollar für Versuche aus, das Kaufverhalten der Ärzte zu beeinflussen, aber MTIC wollte mehr. Es wollte die Ärzte direkt beeinflussen. Es war kein Wunder, daß Arolen plante, die Zahl seiner Vertreter zu vermindern.
Adam kehrte um und ging am Strand entlang dorthin zurück, wo er seine Schuhe stehengelassen hatte, und machte sich dann auf den Weg zum Hauptgebäude. Auf halber Strecke den Korridor hinunter bemerkte er ein Ausgangsschild. Er probierte, ob die Tür verschlossen sei; sie öffnete sich aber zu einem Treppenhaus, das zum Dach hinaufführte. Nachdem er sichergestellt hatte, daß er wieder hineinkommen könnte, folgte Adam der Treppe bis zu einer Tür, die gleichfalls unverschlossen war. Als er den Türknopf drehte, blickte er direkt über den oberen Teil des Hauptgebäudes hinweg. Der Wind peitschte von der See herüber. Adam ging zu einer etwas mehr als ein Meter hohen Mauer hinüber, die den Rand des Daches markierte. Von diesem Aussichtspunkt hatte er einen klaren Blick über die gesamte Anlage. Die Wohngebäude endeten an einem kleinen felsigen Hügel, an den sich der dichte Wald anschloß. So groß wie das Zentrum auch war, erkannte Adam doch, daß durchaus weitere Gebäude außer Sicht versteckt liegen mochten.
Als er sich zurückwandte, blickte er auf das erste innere Gebäude. Im hellen Mondlicht konnte er seine Umrisse klar sehen und erkannte, daß das eine exzellente Lösung der Architektur war, fensterlose Büros zu vermeiden. Adam bemerkte, wie sorgfältig der Raum zwischen den Gebäuden mit Teichen, Grünanlagen und Palmen verschönt worden war. Beide Gebäude waren gleich hoch, und auf jeder einzelnen Etage gab es eine Verbindungsbrücke vom einen zum anderen.
Das Kerngebäude, von dem Dr. Nachman gesagt hatte, es beherberge das Krankenhaus, war nicht sichtbar. Adam überquerte die Brücke, ging bis an die innere Kante und blickte hinunter. Unter ihm befand sich das Krankenhaus. Es war nur drei Stockwerke hoch, weshalb Adam es zuvor nicht hatte sehen können. Direkt unter sich entdeckte er die Verbindungsbrücke, die zu den Stahltüren führte, die er auf seinem Weg aus dem Labor gesehen hatte.
Das Dach strotzte nur so von Antennen, Drähten und Parabolspiegeln, die - wie Adam vermutete - mit einem komplizierten Kommunikationszentrum in Verbindung standen. Es gab eine Reihe von gewölbten Dachfenstern, von denen sich das größte im genauen Mittelpunkt des Gebäudes befand. Auf dem Dach gab es auch einen Kühlturm für die Klimaanlage und eine schuppenähnliche Zugangstür ähnlich der, die Adam benutzt hatte, um auf das Dach des äußeren Gebäudes zu gelangen. Das Licht von dem mittleren Oberlicht gab dem ganzen Komplex ein fremdartiges, futuristisches Aussehen.
Ein paar Minuten lang blieb Adam auf dem Dach stehen und stützte seine Handflächen auf die Betonmauer, die immer noch von der Sonne des Tages warm war. Die nächtliche Brise zerzauste sein Haar. Mit einem Seufzen fragte er sich, welch wahnsinniger Impuls ihn nach Puerto Rico gebracht habe. Es gab keinen Weg, daß MTIC ihn mit seinen Geheimnissen entkommen lassen würde. Frustriert und niedergeschlagen entschied er sich, er könne genausogut zu Bett gehen.
KAPITEL 16
Am nächsten Tag fand Adam heraus, daß das Krankenhaus trotz seiner Ungeduld, es besichtigen zu können, erst am Nachmittag auf seinem Terminplan stand. Der größte Teil des Morgens wurde mit Mr. Burkett verbracht, der Adam nicht nur die Parkanlage mit den Bungalows
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