Pharmakon
wollen Sie?« sagte der Hausmeister.
»Ich suche Percy Harmon«, sagte Adam.
»Sie und noch ’ne Menge anderer«, sagte der Hausmeister, offensichtlich nicht beeindruckt. »Er ist nicht hier, und ich hab’ ihn auch schon über einen Monat nicht gesehen.«
»Entschuldigen Sie die Störung«, sagte Adam, als der Hausmeister wieder hinunterging. Als er sich umwandte, um das Haus zu verlassen, zögerte er an der Treppe einen Augenblick. Er hörte, wie sich die Tür des Hausmeisters schloß, und stieg, einer plötzlichen Eingebung folgend, geräuschlos die Treppe zur dritten Etage hinauf. Er klopfte bei 3c an, aber niemand antwortete darauf. Er versuchte die Tür zu öffnen, fand sie aber verschlossen. Er überlegte gerade, ob er einen Zettel dalassen sollte, als er ein Fenster am Ende des Korridors bemerkte, das zur Feuertreppe führte.
Obgleich er in seinem ganzen Leben noch nie etwas Ähnliches getan hatte, öffnete Adam das Fenster und kletterte hinaus. Er hatte ein intuitives Gefühl, irgend etwas sei mit Percy geschehen. Er wollte einen Blick in Harmons Wohnung werfen, um feststellen zu können, wie lange er schon weg war.
Die Feuertreppe war alt und rostig, und Adam versuchte, nicht durch das Metallgitter auf den Betonboden hinunterzublicken. Nachdem er sich Zentimeter für Zentimeter mit gegen das Gebäude gepreßten Händen an der Wand entlangbewegt hatte, erreichte Adam schließlich Percys Fenster. Es stand etwa vier Zentimeter weit offen. In der Hoffnung, daß ihn niemand sehen und die Polizei rufen würde, schob Adam das Fenster auf. Wo er schon so weit gegangen war, meinte er, habe er nichts zu verlieren, und kletterte in Percys muffiges Schlafzimmer hinein.
Mit pochendem Herz ging Adam um das ungemachte Bett herum und öffnete den Kleiderschrank. Er war voller Kleider. Er wandte sich um und warf einen Blick in das Badezimmer. Der Wasserspiegel in der Toilette war niedrig, ein Zeichen, daß sie seit einiger Zeit nicht mehr benutzt worden war.
Adam ging durch das Schlafzimmer zurück in die Küche. Auf dem Kaffeetisch lag eine Zeitung mit einem sieben Wochen alten Datum. Als er die Küche betrat, sah Adam, daß das Geschirr in der Spüle mit einem fellartigen schwarzen Schimmel überzogen war. Offensichtlich hatte Percy Harmon vorgehabt zurückzukehren. Und das war genau das, was Adam gefürchtet hatte. Etwas Unerwartetes mußte dem Mann geschehen sein.
Adam entschied sich, wieder durch das Fenster auszusteigen und die Polizei zu rufen. Bevor er die Küche verlassen konnte, ließ ihn ein fast unhörbares Geräusch erstarren. Es war das charakteristische Geräusch einer Tür, die gerade geschlossen wurde.
Adam wartete. Nur völlige Stille umgab ihn. Er spähte in das Wohnzimmer. Die Sicherheitskette an der Eingangstür baumelte langsam hin und her.
Adam wurde fast ohnmächtig vor Angst. Wenn es Percy gewesen wäre, der hereingekommen war, warum versteckte er sich dann? Adam blieb wie angeklebt auf seinem Fleck in der Küche stehen und strengte sich an, weitere Geräusche zu hören. Als der Kühlschrank gleich neben ihm ansprang, stöhnte er vor Angst auf. Nachdem er sich schließlich entschieden hatte, zumindest zehn Minuten mußten mittlerweile vergangen sein, und alles sei vielleicht Produkt seiner Phantasie gewesen, ging er in das Wohnzimmer zurück und spähte ins Schlafzimmer. Er konnte das zur Feuertreppe führende, offene Fenster sehen. Die Vorhänge wehten langsam im Zugwind. Adam schätzte, er würde nur eine Sekunde brauchen, das Zimmer zu durchqueren und hinauszuklettern.
So weit kam er jedoch nicht. Als er auf das Fenster zulief, tauchte eine Gestalt aus dem Kleiderschrank auf. Bevor Adam reagieren konnte, krachte eine Faust in seinen Magen und schickte ihn ausgestreckt zu Boden.
KAPITEL 9
Als Jennifer bei GYN-Associates für ihre monatliche Untersuchung erschien, bemerkte sie, daß weniger Leute im Wartezimmer waren als bei ihren früheren Besuchen. Sie setzte sich auf eine der Couchen, die sie jetzt ganz für sich alleine hatte, nahm eine Illustrierte zur Hand, konnte sich aber nicht konzentrieren. Statt dessen fragte sie sich verwundert, ob nichts Ungünstiges mit ihr oder ihrem ungeborenen Kind geschehen sei, während Dr. Vandermer außerhalb der Stadt auf einem Kongreß gewesen war. Sie war sich sicher, daß sie zu bluten begonnen hatte, während er weg war, und auch wenn sie sich mit seiner groben Art immer noch nicht versöhnt hatte, wollte sie keinen anderen Arzt
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