Pharmakon
nicht, sondern fing an, Kleider zusammenzurollen und sie in den Koffer zu werfen.
»Jennifer, wir können Meinungsverschiedenheiten haben, ohne daß du gleich wegläufst«, sagte Adam.
Jennifer wandte sich ihm mit geröteten Wangen zu.
»Ich fahre heim. Ich bin müde, ich fühle mich nicht gut und ich kann dieses Gezänk nicht länger ertragen.«
»Jennifer, ich liebe dich. Der einzige Grund, weshalb ich diese Tabletten weggenommen habe, ist, unser Kind zu schützen.«
»Es interessiert mich nicht, warum du das getan hast. Ich muß einfach ein paar Tage weg.« Sie nahm den Telefonhörer ab, und Adam hörte zu, wie sie ihren Vater anrief und mit ihm verabredete, sie würde ein Taxi zu seinem Büro nehmen, so daß er sie von dort nach Hause fahren könnte.
»Jennifer, tu das bitte nicht«, bat Adam, als sie zu ihrer Packerei zurückkehrte, sie aber weigerte sich, ihn auch nur anzusehen, während sie den Koffer schloß, ihre Tasche nahm und aus der Wohnung stolzierte.
Adam brauchte ein paar Minuten, als er allein war, zu glauben, daß sie wirklich gegangen war. Wie betäubt ging er ins Wohnzimmer und setzte sich an den Computer. Nachdem er ihn angeschaltet hatte, verband er ihn mit dem Hauptsystem von Arolen und versuchte, Dr. Vandermers Akte abzurufen. Er wollte herausfinden, ob sich Dr. Vandermers Verschreibungsgewohnheiten geändert hätten, der Bildschirm blieb jedoch leer, abgesehen von einer kurzen Information: »Zur Julian-Klinik gewechselt.«
Schockiert fragte sich Adam, ob irgendwelche anderen Akten vom Computer gelöscht worden seien. Er zog den Ausdruck hervor, den McGuire ihm gegeben hatte, und gab der Maschine ein, ihm eine Liste der in seinem Gebiet niedergelassenen Ärzte zusammenzustellen. Nicht nur Vandermers Akte war von dem Computer gelöscht worden, sondern auch sechs weitere Ärzte waren von der Liste genommen worden.
Außer sich fing Adam an, jeden der gelöschten Namen abzurufen. Für keinen gab es Akten! Vier hatten Informationen wie bei Dr. Smyth - »Auffrischungskursus geplant…« - was anzudeuten schien, ein Arzt, der auf eine Arolen-Kreuzfahrt gehe, brauche nicht mehr mit Medikamentennachschub versorgt zu werden. Bei zweien gab es Informationen wie bei Dr. Vandermer: »Zur Julian-Klinik gewechselt.«
Adam fragte sich, ob die Kreuzfahrt-Konferenzen für die Julian-Klinik genauso gut Reklame machten wie für Arolen-Produkte.
Verwirrter denn je, gab Adam dem Computer ein, alle Ärzte im Mitarbeiterstab der Julian-Klinik aufzulisten. Der Matrixdrucker sprang an und spuckte eine ansehnliche Liste aus. Adam ließ seine Augen über die Namen gleiten und hielt bei einem Namen mitten auf der Liste überrascht inne: Dr. Thayer Norton! Was zum Teufel machte Norton in der Julian-Klinik? Er war Chef der Internistischen Abteilung an der Universität.
Langsam gab Adam Nortons Namen ein und forderte seine Akte an. Das einzige, was er herausbekam, war: »Zur Julian-Klinik gewechselt!«
Die Vorstellung, das alte Schlachtroß würde seinen begehrten Medizinlehrstuhl aufgeben, war einfach undenkbar. Adam fragte sich, ob Norton wohl vor kurzem auf eine Kreuzfahrt gegangen sei.
Nachdem er zum Computer zurückgekehrt war, versuchte Adam, statistische Daten über die Julian-Klinik zu bekommen. Er entdeckte, daß von den sechs Ärzten, die zur Klinik gewechselt waren, vier Geburtshelfer und Gynäkologie-Spezialisten gewesen waren. Vielleicht bewies das etwas. Eine weitere halbe Stunde fütterte Adam den Computer mit Fragen, aber die meisten seiner Anforderungen wurden mit der Information zurückgegeben, sein Zugangscode würde für das Material, das er anfordere, nicht akzeptiert. Er schlug eine andere Taktik an und ließ sich die Zahl geben, wie viele Fruchtwasseruntersuchungen im vergangenen Jahr in der Julian-Klinik durchgeführt worden waren. Er bekam die Zahl: 7112. Als er fragte, wie viele eine Abnormität an dem Fötus erwiesen hätten, wies der Computer wieder seinen Zugangscode zurück. Schließlich fragte Adam, wie viele therapeutische Abtreibungen während dieser Zeitspanne durchgeführt worden seien: 1217.
Völlig verwirrt, schaltete Adam den Computer aus und ging zu Bett, wo er die Nacht damit verbrachte, in seinen Träumen einer vor Wut schäumenden Jennifer gegenüberzutreten.
KAPITEL 10
Am nächsten Morgen war Adam so verärgert, aufzuwachen und Jennifers Seite des Bettes leer zu finden, daß er die Wohnung verließ, ohne sich auch nur die Mühe zu machen, sich eine Tasse
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