Pharmakon
Badezimmer, wo Jennifer gerade ihr Gesicht wusch. »Ich bestehe darauf, daß du Dr. Wickelman konsultierst. Ich mag die Vorstellung gar nicht, daß Vandermer zur Julian-Klinik geht.«
Jennifer blickte überrascht auf. In letzter Zeit gab es Augenblicke, in denen ihr Adam recht merkwürdig vorkam.
»Ich meine es ernst«, begann er, hielt aber mitten im Satz inne, als er eine bekannte Flasche auf dem Rand des Waschbeckens stehen sah.
»Was zum Teufel ist denn das?« rief er und nahm die Flasche in die Hand.
Jennifer blickte von seinem Gesicht zur Flasche in seiner Hand. Dann drehte sie sich um und hing schweigend ihr Handtuch auf.
»Ich habe dich etwas gefragt«, schrie Adam.
»Ich finde die Antwort offensichtlich. Es ist Pregdolen. Gegen meine morgendliche Übelkeit. Wenn du mich jetzt entschuldigst.« Sie war dabei, ins Schlafzimmer zu gehen. Adam hielt sie am Arm fest.
»Wo hast du das bekommen?« fragte er und hielt die Flasche direkt vor sie.
Jennifer schob sie auf die Seite. »Wenn du das unbedingt wissen mußt, von Dr. Vandermer.«
»Das ist unmöglich«, sagte Adam. »Vandermer würde nie dieses Zeug verschreiben.«
Jennifer machte ihren Arm frei. »Willst du damit sagen, daß ich lüge?«
Adam kehrte zum Badezimmer zurück und ließ ein paar der blaugelben Tabletten auf seine Hand rollen. Es war wirklich Pregdolen.
»Hast du mich gehört?« fragte Jennifer.
»Ich will nicht, daß du dieses Medikament nimmst«, sagte er. »Hast du noch mehr davon?«
»Ich werde den Anweisungen des Arztes folgen«, sagte Jennifer. »Seit ich diese Tabletten nehme, habe ich den ersten übelkeitsfreien Tag seit Monaten gehabt. Und erinnere dich, du warst es, der mich überhaupt erst zu Dr. Vandermer geschickt hast.«
»Nun, du wirst sicher nicht mehr zu ihm zurückgehen«, sagte Adam. Er hob Jennifers Einkaufstasche vom Regal über der Toilette und blickte hinein. Die zusätzlichen Packungen Pregdolen lagen gleich oben auf.
Jennifer versuchte, die Tasche zu fassen, und rief: »Ich mag Dr. Vandermer und ich vertraue ihm. Gib mir die Tasche!«
Adam fischte die anderen Packungen heraus, bevor er die Tasche fahren ließ. »Hör zu!« sagte er. »Ich will nicht, daß du dieses Zeug nimmst. Es ist gefährlich.«
»Dr. Vandermer würde es mir nicht geben, wenn es gefährlich wäre«, sagte Jennifer. »Und ich beabsichtige, es weiterhin zu nehmen. Immerhin bin ich diejenige, die leidet, nicht du. Und ich finde, du solltest dich daran erinnern, daß du kein Arzt bist. Du bist augenblicklich lediglich ein Medikamentenverkäufer.«
Adam öffnete die Probepackungen, während er mit dem Fuß den Deckel der Toilette hochhob.
»Gib mir meine Medizin!« schrie Jennifer, als sie erkannte, was er vorhatte. Adam schüttete den Inhalt der ersten Flasche in die Toilette.
Verzweifelt riß Jennifer eine Flasche aus Adams Hand und rannte in das Schlafzimmer. Verblüfft zögerte Adam einen Moment und lief ihr dann nach. Eine Minute lang standen sie sich gegenüber. Dann stürzte Jennifer zurück ins Bad und versuchte, die Tür abzuschließen. Sie war aber nicht schnell genug. Adam bekam einen Fuß zwischen Tür und Rahmen. Ein kurzer Schiebewettkampf schloß sich an. Langsam öffnete sich die Tür, bis Jennifer nachgab. Sie wich gegen die Duschkabine zurück und versteckte die Flasche hinter sich.
»Gib mir sofort das Pregdolen«, befahl Adam.
Jennifer schüttelte den Kopf. Ihr Atem kam in kurzen, heftigen Stößen.
»O. k.!« schnappte Adam, als er nach ihr griff und ihre Hände grob hinter ihrem Rücken hervorzog.
»Nein!« schrie Jennifer.
Adam bog ihre Finger zurück, einen nach dem anderen, nahm die Flasche und leerte sie in die Toilette. Jennifer fing an, mit Fäusten auf seinen Rücken zu trommeln. Um sich zu schützen, warf Adam seinen rechten Arm hoch und traf sie unbeabsichtigt an der Seite ihres Kopfes. Der Schlag ließ sie benommen gegen die Wand taumeln.
Adam warf die übrigen Proben in die Toilette und spülte sie weg. Dann wandte er sich um, sich bei Jennifer zu entschuldigen, aber sie war so wütend, daß sie ihn nicht anhören wollte.
»Du bist nicht mein Arzt«, schrie sie. »Ich habe es satt, jeden Tag krank zu sein, und wenn er mir Medikamente gibt, damit ich mich besser fühle, dann werde ich sie auch nehmen.«
Sie raste ins Schlafzimmer und zog ihren Koffer vom Kleiderschrank herunter.
»Jennifer, was machst du denn da?« fragte Adam, obgleich es ziemlich klar war, was sie vorhatte. Jennifer antwortete
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