Pharmakon
Adam, es würde eine lange Nacht werden. Er glaubte, er sei viel zu angespannt, um zu schlafen, aber nach einer Weile döste er doch ein. Er wußte nicht, wie viele Stunden vergangen waren, als er von lauten Rufen im Korridor geweckt wurde. Adam erkannte die Stimme sofort.
»In diesem Teil des Schiffes habe ich den Befehl, und niemand wird hier ohne meine Erlaubnis eine Durchsuchung durchführen.« Es war der Kapitän, der dort sprach.
Eine tiefere Stimme antwortete: »Ich habe die Verantwortung für das ganze Schiff, also lassen Sie mich bitte durch.«
Adam meinte, das könne womöglich Raymond Powell sein.
Andere Stimmen begannen zu schreien, und Adam konnte hören, wie Türen geöffnet und wieder zugeworfen wurden.
Voller Panik blickte sich Adam in dem winzigen Zimmer nach einem Platz zum Verstecken um. Es gab keinen Platz. Selbst der Schrank war zu eng, um sich hineinzuzwängen. Dann hatte er eine Idee. Er strich sein Haar über die Stirn und riß sich die ölbeschmutzte Hose bis zu den Knöcheln herunter. Er hüpfte schnell zu der offen sichtbaren Toilette hinüber und setzte sich. Ein Penthouse-Magazin lag neben der Toilette, und er nahm es auf und legte es auf seine Schenkel. Nach ein paar Minuten hörte er einen Schlüssel im Schloß, und die Tür wurde aufgeworfen.
Adam blickte auf. Ein Steward stand im Türrahmen. Adam sah Mr. Powell direkt hinter ihm und hörte Kapitän Nordstrom, der immer noch protestierte. Powell warf Adam einen Blick des Abscheus zu und ging weiter. Der Steward schlug hinter sich die Tür zu.
Einen Augenblick lang bewegte sich Adam nicht. Er konnte hören, wie sich die Gruppe lautstark weiter den Korridor hinaufbewegte. Schließlich stand er auf und zog seine Hose hoch. Er nahm die Penthouse mit zu der Koje und versuchte zu lesen, hatte aber zuviel Angst, der Suchtrupp könne zurückkommen. Am Ende schlief er ein, bis ein lautes Krachen ankündigte, daß das Schiff angelegt hatte. Es war fünf Uhr fünfzehn.
Die nächste einundeinviertel Stunde war die längste in Adams Leben. Gelegentlich gingen Leute draußen im Korridor vorüber, und jedesmal war sich Adam sicher, sie kämen herein und würden ihn finden.
Um sechs Uhr dreißig kam Jose zurück.
»Alles ist bereit«, sagte er, ging zum Schrank und nahm eine Flasche Rum heraus. »Zuerst, glaube ich, nehmen Sie besser mal einen Schluck.«
»Glauben Sie, daß ich ihn brauche?«
»Ja«, sagte Jose, während er Adam das Glas reichte. »Ich würde ihn nehmen, wenn ich Sie wäre.«
Adam nahm einen kleinen Schluck, aber der Schnaps war scharf und bitter. Er schüttelte den Kopf und gab Jose das Glas zurück. Gleichgültig schüttete ihn Jose selbst hinunter.
Nachdem er die Flasche in den Schrank zurückgestellt hatte, rieb sich Jose die Hände. »Ihr Name ist Angel, falls jemand fragt. Ich glaube aber nicht, daß Sie allzuviel zu sagen haben werden.«
Jose öffnete die Tür zum Korridor und winkte Adam, ihm zu folgen.
KAPITEL 14
Jennifer hatte eine ruhelose Nacht hinter sich und war gerade in der Küche, als um sieben Uhr fünfundvierzig das Telefon klingelte. Sie beantwortete es schnell, weil sie glaubte, ihre Eltern schliefen noch, ihre Mutter hatte aber schon im Schlafzimmer abgenommen.
»Ich bin schon dran, Mutter«, sagte Jennifer, als sie Dr. Vandermers Stimme hörte.
»Guten Morgen, Jennifer«, sagte er. »Wir sind ganz darauf eingerichtet, Sie um drei Uhr dreißig dranzunehmen. Es tut mir leid, daß es so spät ist, aber wir haben so viel zu tun, daß wir Schwierigkeiten hatten, selbst Sie noch in den Terminplan aufzunehmen. Halten Sie sich nur an flüssige Kost, und heute abend wird alles vorbei sein, und Sie können sich bestellen, was immer Sie zum Abendessen haben möchten.«
»O.k.«, sagte Jennifer ohne viel Enthusiasmus. »Wie lange werde ich bleiben müssen?«
»Wahrscheinlich nur über Nacht. Ich werde Ihnen die Dinge erklären, wenn Sie hier sind.«
»Wann soll ich bei Ihnen eintreffen?«
»Warum kommen Sie nicht am späteren Vormittag hierher? Dann können wir die Einweisung routinemäßig durchführen. Und wenn sich die Terminplanung in der Chirurgie verbessert, können wir Sie vielleicht schon früher drannehmen. Entspannen Sie sich in der Zwischenzeit und überlassen Sie mir die Sorgen um die Details.«
Jennifer machte sich noch einen Kaffee und ging in den Garten hinaus. Einen Augenblick lang hatte sie Bedenken, aber dann entschied sie sich, sie tue das Richtige. Sowohl Dr. Vandermer
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