Philadelphia Blues
in welcher Form in sein Leben ließ. Devin, dessen Eltern und natürlich Gwen waren in diesem Fall die Ausnahme von der Regel gewesen, denn sie hatte er schon vorher gekannt. Aber alle, die danach in sein Leben gekommen waren, waren entweder Bekannte geblieben oder mit der Zeit wieder verschwunden. Seine Kollegen auf Arbeit waren das beste Beispiel dafür. Bekannte soweit das Auge reichte, aber einen richtigen Freund gab es nicht. Abgesehen von Devin und mittlerweile auch Dominic und Cameron. Was aus dieser Bekanntschaft mit Adrian und David werden würde, musste sich erst noch zeigen.
„Lass uns gehen“, meinte Colin und umging damit eine Reaktion zum Spielzimmer, was Adrian mit einem Nicken akzeptierte. Die nächsten Minuten verbrachte sie in angenehmem Schweigen, welches der Anwalt schließlich brach.
„Warum hast du es niemandem erzählt?“
Colin zuckte stoisch die Schultern. „Es ging niemanden etwas an, basta.“
„Was ist mit Devin? Er ist doch dein bester Freund“, hielt Adrian dagegen, was Colin die Augen verdrehen ließ, bevor er konterte,
„Und mit Mikael gehe ich ins Bett. Na und? Deswegen muss ich mein Seelenleben nicht vor ihnen ausbreiten.“
„Erstaunlich, dass du es überhaupt kannst.“
„Was?“, fragte Colin, weil er nicht verstand, worauf Adrian damit hinaus wollte.
„Mit Mikael ins Bett gehen.“
Dieser Anwalt war echt dreist. Colin wollte ihn dafür anschnauzen und zurechtweisen, brachte allerdings kein Wort heraus, als ihm im nächsten Moment aufging, dass Adrians Kommentar nicht von ungefähr kam. Eher im Gegenteil. Bevor er Mikael über den Weg gelaufen war, war er immer wieder vor Männern zurückgeschreckt und hatte sogar mehrfach in allerletzter Sekunde einen Rückzieher gemacht, weil er einfach nicht mit den Typen in ihre Hotelzimmer oder ihre Wohnung hatte gehen wollen. Mit Mikael hatte es dieses Problem allerdings nicht gegeben. Von Anfang an nicht. Wieso eigentlich nicht? Colin war irritiert, doch Adrian lenkte ihn ab, bevor er sich weiter mit der Frage befassen konnte.
„Vertraust du eigentlich überhaupt jemandem wirklich?“
Das war einfach zu beantworten. Colin schüttelte den Kopf. „Nein. Es gibt keinen Menschen, der alles über mich weiß. Daran wird sich auch nichts ändern.“
Adrian sah ihn an. „Das habe ich auch mal geglaubt.“
Colin wusste genau, worauf der Anwalt damit anspielte. „Mikael ist nicht David. Außerdem hat er mich bereits ausgetauscht, schon vergessen?“
„Du solltest mit ihm reden. Ihr habt eine Menge zu klären.“
„Gar nichts haben wir“, wehrte Colin störrisch ab. „Und ich lege keinerlei Wert auf seine Erklärungen.“
„Der Schein kann manchmal trügen. Aber bevor du mir an die Gurgel gehst, mehr sage ich dazu jetzt nicht.“
Das war auch besser so, dachte Colin mürrisch und bedachte Adrian mit einem finsteren Blick, bevor er sich auf den Weg konzentrierte und den Anwalt mit stoischem Schweigen bestrafte, was Adrian nicht weiter kümmerte. Im Gegenteil. Aber das leise Lachen hatte er sich bestimmt nur eingebildet, entschied Colin und schob alles Weitere vorerst beiseite, als sie auf den Weg zum Haus einbogen und Colin aus der Entfernung Kilian erkennen konnte, der auf der Veranda auf und ablief. Das einsetzende Klingeln von Adrians Handy verriet sie allerdings, bevor Colin sich entscheiden konnte, was er zu seinem Neffen sagen sollte.
„Ja?“, nahm Adrian das Gespräch an und lauschte kurz. „Ja, darauf habe ich gewartet. Schicken Sie mir die Akten per Fax, ich bin zu Hause... Danke... Sekunde...“ Adrian sah ihn an. „Entschuldige, aber das ist wichtig. Geh' ruhig schon vor.“
Colin verkniff sich jedweden Kommentar dazu, weil es einfach nur albern und vor allem feige gewesen wäre, sich hinter dem Anwalt verstecken zu wollen, denn genau das hatte er für einen Augenblick lang in Betracht gezogen, als Kilian die Veranda verließ und auf ihn zugerannt kam. Er sah seinem Neffen an, dass der ihn umarmen wollte, stattdessen stoppte Kilian eine Armlänge von ihm entfernt und sah ihn besorgt an. Wie hatte es David noch mal zu ihm gesagt? 'Du umarmst ihn nicht, berührst ihn kaum und lächelst ihn selten an.' Kein Wunder, dass Kilian im Umgang mit ihm so unsicher war. Colin hätte sich am liebsten selbst in den Hintern getreten, aber da das nicht möglich war, lächelte er vorsichtig und streckte die Arme aus. Mehr Aufforderung brauchte Kilian nicht und im nächsten Moment lag sein Neffe in seinen Armen. Colin
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