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Philadelphia Blues

Philadelphia Blues

Titel: Philadelphia Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mathilda Grace
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wenigstens sah, wo er hin lief, aber zurück zu Adrians und Davids Haus brachte ihn das auch nicht. In der Ferne bellte ein Hund, was ihn wieder hoffen ließ. Vielleicht ein Wanderer oder Jogger, der ihm den Weg sagen konnte. Der Hund bellte erneut und klang dabei näher. Colin folgte dem Bellen und blieb stocksteif stehen, als Minero plötzlich um eine Biegung kam, Adrian im Schlepptau, der ihn erstmal von Kopf bis Fuß musterte und danach sichtlich erleichtert etwas ins Handy sprach, das er am Ohr hatte.
    Colin hatte keine Gelegenheit, Adrians Gespräch zu lauschen oder sogar umzudrehen und sich aus dem Staub zu machen, was sein erster Gedanke gewesen war, als er Adrian entdeckt hatte, denn Minero hatte ihn erreicht und sprang begeistert an ihm hoch. Colin ließ die feuchte Hundezunge über sich ergehen und hockte sich hin, um sein Gesicht im weichen Fell des Golden Retriever zu vergraben und ihn zu streicheln, der das mit begeistertem Jaulen kommentierte.
    „Ist ja gut, Kleiner. Ich bin doch okay“, flüsterte er Minero zu, um gleich darauf über sich selbst den Kopf zu schütteln. Mit einem Hund zu reden...
    „Colin?“
    Colin zuckte zusammen. „Verzieh dich!“
    „Ich halte Abstand soviel du willst“, versprach Adrian, dabei war seine Stimme allein schon ausreichend, um Colin wissen zu lassen, wie nah der Anwalt ihm gerade war. Er sah nicht auf, um sich zu vergewissern, ob er mit seiner Vermutung Recht hatte. Stattdessen schwieg er stoisch. „Ich werde dir nichts tun, Colin.“
    Colin schnaubte, ging aber nicht darauf ein. „Wo ist Kilian?“
    „Bei Trey. Wir haben es ihm erklärt.“
    Was hatten sie? Colin sah entgeistert auf. „Seid ihr verrückt? Er ist noch ein Kind. Er muss nicht wissen, was...“ Colin brach ab, weil er das, was ihm auf der Zunge lang, nicht aussprechen wollte.
    „Was für Perverse wir sind, wolltest du das sagen?“, sprach der Anwalt aus, was er sich nicht gewagt hatte und plötzlich war Colin beschämt.
    „Das habe ich nicht gesagt.“
    „Aber gedacht“, meinte Adrian ruhig und trat einen Schritt näher, worauf Colin unwillkürlich nach hinten wegrückte. Adrian runzelte die Stirn. „Kilian hat dich gesehen, als du geflüchtet bist, und er wollte wissen, was passiert ist. Wir haben ihn nicht angelogen und er versteht es.“
    „Verstehen? Verstehen?“
    Colin fing an zu lachen. Hart. Hysterisch. Völlig am Ende mit den Nerven und er machte damit nicht nur Minero nervös, der daraufhin anfing, ihn anzustubsen und sich an ihn zu drängen, bis Colin sich schließlich hinsetzte. Auch Adrian, auf dessen Stirn mehr und mehr Falten auftauchten, war eindeutig beunruhigt, während Colin weiter hysterisch lachte und sich gleichzeitig fragte, warum er überhaupt auf Adrians Stirn achtete. Wahrscheinlich verlor er gerade seinen Verstand oder hatte mindestens einen Nervenzusammenbruch.
    Irgendwann wurde aus dem Lachen ein Schnappen nach Luft und Colin schüttelte den Kopf. „Kilian ist ein völlig unschuldiger Junge, er kann das gar nicht verstehen. Gott sei Dank.“
    „Er ist alt genug, um zu begreifen, dass jemand dir sehr wehgetan haben muss, sonst wärst du wohl kaum so panisch aus unserem Keller geflohen. Und er ist ebenfalls alt genug, um zu begreifen, dass es unzählige Arten von Sex gibt.“
    „So kann man es natürlich auch ausdrücken“, konterte Colin bissig und sah Adrian warnend an, als der einen weiteren Schritt in seine Richtung machte. „Ich warne dich. Das letzte Schwein, das versucht hat, mir auf die Pelle zu rücken, hat das mit gebrochenen Knochen bezahlt.“
    Adrian sah ihn eine Weile nachdenklich an und Colin erwiderte den Blick mit dem einzigen, was er dem Anwalt entgegenzusetzen hatte, mit Gleichgültigkeit. „Wurdest du in einem Spielzimmer wie unserem vergewaltigt?“, fragte Adrian schließlich und da Colin diese Frage erwartet hatte, beschränkte er sich auf ein Kopfschütteln. Adrians Reaktion war deutlich. „Lüg' mich nicht an!“
    „Fick dich!“
    „Ich kenne diese Taktik“, sagte Adrian leise und setzte sich ein paar Meter von ihm entfernt auf den Waldweg. „Ich habe als Anwalt schon so viele Menschen gesehen, die genauso reagierten wie du, um sich selbst zu schützen. Ich habe sie in den Zeugenstand gerufen, um ihre Entführer, Angreifer und Vergewaltiger möglichst für immer wegsperren zu können, und glaub' mir, es war kein schöner Anblick, wenn sie mit aller Macht versuchten, Stärke zu zeigen, obwohl sie innerlich zerbrochen waren.

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