Philadelphia Blues
Witz. Gar nichts war okay. Sein Leben war eine Parodie oder Seifenoper, oder wie immer das auch hieß, und er war der Trottel, der darin von einem Chaos ins nächste stolperte. Wie kam Mikael eigentlich darauf, dass alles okay war? Noch dazu wo er ja wohl an einem Teil des Dramas Mitschuld war. Colin schnaubte.
„Du bist ein Idiot. Es ist nichts okay und das ist deine Schuld.“
„Wieso ist das meine Schuld?“, fragte Mikael hörbar irritiert und darauf hatte Colin nur gewartet.
„Wieso? Weil mein Vater mich hasst, deswegen. Und für meine ach so gläubige Mutter bin ich eine Enttäuschung, weil mein Schwulsein nicht in ihre Erziehung passt. Sie haben Kilian abgeschoben, weil Gwen den Blödmann nicht heiraten wollte, der sie geschwängert hat, haben sie gesagt.“ Colin stockte kurz. „Oh, und ich wurde von ein paar Perversen fast vergewaltigt, als ich dreiundzwanzig war. Aber um dem Scheißleben, das ich führe, die Krone aufzusetzen, musstest du mich jetzt auch noch mit diesem Bengel betrügen. Vielen Dank, Mikael.“ Von dem kam keine Antwort. „Und jetzt tu bloß nicht so, als wärst du schockiert.“
„Schockiert trifft es nicht mal im Ansatz“, sagte Mikael leise, was Colin nur mit einem, „Pfft“ kommentierte. „Bist du betrunken?“
„Nein.“ Colin überlegte kurz. „Na ja, ein bisschen vielleicht.“
„Von wo aus rufst du an?“
„Das willste wissen, hä?“, freute sich Colin diebisch und lachte, als Mikael seufzte. „Erzähl' ich dir aber nicht. Ich erzähl' dir gar nichts mehr. So. Du magst mich ja sowieso nicht.“
„Ich mag dich sehr wohl“, hielt Mikael dagegen und klang wütend, was Colin umgehend gute Laune bescherte. Warum sollte er auch der Einzige sein, dessen Leben im Arsch war?
„Das tust du nicht, sonst würdest du nicht mit diesem niedlichen Bengel rummachen.“
„Ich habe nicht...“ Mikael unterbrach sich und atmete tief durch. „Colin, du verstehst das völlig falsch. Er ist nicht...“
„Ist mir egal, ich will das nicht wissen“, wehrte Colin beleidigt ab und fing an zu schmollen. „Du hättest mit mir rummachen können. Wieso der Typ? Was stimmt mit mir nicht?“
„Mit dir stimmt alles, okay?“
Ja, natürlich. Deswegen suchte Mikael sich jemand anderes, weil mit ihm alles stimmte. Wen wollte er verarschen? Colin schnaubte. „Ach so? Und wieso betrügst du mich dann?“
„Tue ich nicht.“
„Tust du wohl.“
Mikael seufzte erneut. „Du bist wirklich betrunken.“
„Na und? Kann dir doch egal sein“, nörgelte Colin und machte das Licht wieder aus, weil es ihm in den Augen wehtat.
„Das ist es aber nicht, Colin“, hielt Mikael plötzlich sehr ruhig dagegen, was ihn irgendwie irritierte. „Und es ist mir auch nicht egal, dass du denkst, ich hätte... Moment mal, deine Eltern? Bist du in Irland?“
So ein Mist. Hätte er bloß nichts gesagt. „Ja. Aber ich sage dir nicht wieso. Weil es dich nämlich nichts angeht, darum.“ Daraufhin herrschte erstmal Schweigen und Colin war fast am Einschlafen, als Mikaels Stimme ihn wieder aufschreckte. „Hm?“
„Ich habe gefragt, wer dich vergewaltigen wollte?“
„Hab' ich doch gerade schon gesagt. Hörst du mir eigentlich zu?“, schimpfte er. „So ein paar reiche Perverse. Die dachten wirklich, ich würde mich anketten und auspeitschen lassen. Pah, von wegen. Ich hab' dem einem Typen die Nase gebrochen und den Kiefer... Ganz sicher, so wie das geknackt hat. Aber die sind nicht in den Knast gekommen, weil die Bullen mir nicht geglaubt haben.“ Colin fühlte sich bestätigt, als er Mikaels entsetztes, „Was?“ hörte. „Ich war doch freiwillig mitgegangen, also war ich auch Schuld daran. Damit war das Thema für die erledigt.“
„Fuck!“
„Ja ja, tolles Rechtssystem, nicht?“ Colin gähnte. „Ich bin müde und wir fliegen morgen zurück.“
„Wir?“, hakte Mikael irritiert nach.
„Ich und mein supertoller Anwalt“, erzählte Colin kichernd. „Der Boden hat sich vorhin bewegt, als er mich ins Bett gebracht hat. Ist das in Irland immer so?“
Mikael lachte leise. „Nur, wenn man betrunken ist.“
„Wirklich?“, staunte Colin und starrte an die Decke. „Wusste ich nicht.“
„Jetzt weißt du es.“
„Stimmt.“ Colin war zufrieden. „Gehst du auch schlafen?“
„Nein, ich bin noch im Restaurant.“
„Um zwei Uhr nachts?“, wunderte sich Colin nach einem Blick auf die Uhr, wobei er erstmal blinzeln musste, um die Zahlen genau zu erkennen.
„Hier ist es erst
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