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Philadelphia Blues

Philadelphia Blues

Titel: Philadelphia Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mathilda Grace
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telefonieren.“
    Colin betrachtete sein Gegenüber eine Weile, der seinen Blick mit stoischer Gleichgültigkeit über sich ergehen ließ. Scheinbar war Matthew Porter es gewöhnt, angestarrt zu werden. „Ein Fax also?“
    Porter nickte. „Ich betrüge vielleicht meine Frau, aber ich lasse kein Kind ohne Rückversicherung in ein Flugzeug steigen.“
    Also hatte ihn sein erster Eindruck von Gwens Anwalt wirklich nicht getäuscht. Es juckte ihn in den Fingern, den Kerl mit Fragen zu löchern, aber dazu hatte er kein Recht. Nicht mehr. Wäre Gwen noch am Leben, hätte man darüber diskutieren können, aber so blieb Colin nur die Frage, warum Gwen ihm nichts davon erzählt hatte und darauf würde er nie mehr eine Antwort bekommen. Er seufzte leise. „Hat sie dich geliebt?“ Porter nickte erneut, sah ihn dabei offen und ehrlich an. „Hast du sie geliebt?“
    „Ja“, antwortete Porter leise und wich seinem Blick danach aus, was Colin Antwort genug war.
    „Aber nicht genug, um deine Frau zu verlassen.“
    Porter holte tief Luft und sah ihn wieder an. „Meine Frau hat Krebs, McDermott. Wir haben uns im Krankenhaus kennengelernt. Gwen hatte die gleiche Diagnose, nur weniger Zeit. Aber weißt du was, ich bin froh, dass Gwen bei einem Unfall starb.“
    Es waren allein Porters Tränen, die Colin davon abhielten, dem Anwalt noch eine zu verpassen. „Pass auf, was du sagst“, warnte er dennoch, weil er nicht zulassen würde, dass der Kerl seine kleine Schwester schlecht machte.
    „Es ist mir egal, was du über mich denkst, denn Gwen ist tot und ich muss nicht mehr zwei Menschen, die mir alles bedeuten, langsam beim Sterben zusehen.“
    Fuck. Was sollte er dazu nur sagen? Was konnte er dazu sagen? „Es tut mir leid“, war alles, was Colin einfiel, denn er konnte, nein, er wollte sich nicht vorstellen, wie dieser Mann sich jetzt fühlen musste.
    „Mir auch“, meinte Porter leise und wandte sich ab. „Kümmere dich gut um Kilian, ja? Er ist ein toller Junge.“
    „Ich weiß“, murmelte Colin und ließ Porter gehen, um sich Adrian zuzuwenden, der ein paar Meter entfernt stand und ihm entgegensah. „Hast du gelauscht?“
    Adrian lächelte kurz. „Das war nicht nötig, ihr ward laut genug.“
    Colin verdrehte die Augen. „Hast du was erreicht?“
    Adrian nickte. „Fehlfunktion in der Telefonanlage. Sie brauchten gar nicht nachsehen. Im Februar ging eine Woche lang fast nichts.“
    Deswegen war das Fax also untergegangen. Colin seufzte und winkte ab, als Adrian noch etwas sagen wollte. Es gab einfach nichts mehr zu sagen. Dazu war es längst zu spät. „Lass uns fahren“, bat Colin daher und folgte Adrian zum SUV, nachdem der sich nickend von ihm abgewandt hatte.
    Colin bestand auch nicht darauf, am Steuer zu sitzen, wie er es eigentlich vorgehabt hatte. Stattdessen nahm er schweigend auf der Beifahrerseite platz, nachdem sie ihr Gepäck verstaut hatten, und kippte sich den Inhalt des Umschlags in den Schoß, den ihm die Frau an der Rezeption gegeben hatte. Als Colin dann erkannte, was da vor ihm lag, klappte ihm die Kinnlade runter. Es waren Bilder. Sogar eine ganze Menge. Bilder von ihm selbst, Gwen und auch jede Menge von Kilian, als der noch ein Baby gewesen war. Weiter unten lagen Fotos aus späteren Jahren. Es waren sogar einige Abzüge von jenen Bildern dabei, die laut Kilian verbrannt worden waren. Seine Mutter musste sie vor seinem Vater versteckt haben, anders konnte Colin sich das nicht erklären. Inmitten der ganzen Bilder fand er schließlich einen Zettel, den er erst nach einigem Zögern in die Hand nahm, um ihn zu lesen.

    Lieber Colin,
    du hast Recht mit deinen Vorwürfen, die du mir und deinem Vater gestern gemacht hast, aber ich möchte, dass du weißt, dass nicht alle davon wahr sind, denn es gibt noch Bilder von euch, und ich will, dass ihr sie bekommt.
    Ich habe als Mutter versagt, das weiß ich, doch ich konnte mich mit deiner und auch mit Gwens Art zu leben nie anfreunden und auch nicht akzeptieren, dass ihr so fernab jeden Glaubens ward. Es ist mir bis heute unverständlich, warum du Männer lieben musst, Colin, und warum Gwen nicht heiraten wollte, bevor sie Kilian bekam.
    Bitte gib ihm die Bilder in dem Umschlag, damit er sich immer an seine Mutter erinnern kann.
    Deine Mum

    Es war sinnlos.
    Seine Mutter würde nie begreifen, dass Gwen und ihm ihr Glaube völlig gleichgültig gewesen war, dass sie einfach nur die Liebe ihrer Eltern gewollt und auch gebraucht hatten. Colin verbiss sich

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