Philadelphia Blues
„Wen?“
„Deinen Freund.“
„Ich habe keinen...“ Colin brach entsetzt ab, als Devin den Kopf schüttelte und ihn auf einmal anlächelte. Aber wie. Diese Mischung aus Freude, Freundschaft und vor allem aus Wissen war es, die ihm bewusst machte, dass Devin über Mikael Bescheid wusste. Woher auch immer. „Woher weißt du davon?“
„Ich habe euch gesehen. Im letzten Jahr vor dem Ramada Hotel. Ich war mir erst nicht sicher, weil es ziemlich spät war und ich von der Physiotherapie kam. Ich war total müde. Aber als kurz darauf dein roter Mustang aus der Tiefgarage fuhr, war mir alles klar.“ Devin zwinkerte ihm zu. „Und außerdem hast du in den vergangenen Jahren, wenn wir uns spontan irgendwo getroffen haben, gelegentlich anders gerochen. Ich kenne dein Lieblingsparfum, Colin, immerhin habe ich es dir ein paar Mal geschenkt. Normalerweise wäre das kein Beweis, aber da sich dieser ganz bestimmte Geruch seit fünf Jahren nicht geändert hat, dachte ich mir meinen Teil dazu. Gestern Abend nach dem Einkaufen hast du übrigens auch wieder so gerochen.“
Auf was achtete Devin eigentlich noch alles? Colin wurde rot und räusperte sich verlegen. „Wieso hast du nichts gesagt?“
Devin lachte leise. „Hey, wir sind beste Freunde, aber das heißt doch nicht, dass du kein Recht auf ein Privatleben hast. Du musst mir nicht alles erzählen und ich werde mir nicht herausnehmen, dir Fragen über dein Sexleben zu stellen. Es geht mich nichts an. Auch wenn ich gehofft habe, dass du ihn mir irgendwann mal vorstellst, das gebe ich zu.“
Colin verzog gequält das Gesicht. „Das geht nicht.“
„Hm“, machte Devin nur und fing an zu grinsen, als er schnaubte. „Darf ich fragen, Colin?“ Colin stöhnte nur. „Gut, mache ich. Aber erst nach dem Essen, wenn dein Neffe im Bett ist. Außerdem brennen deine Nudeln gleich an.“
„Shit!“
„Also? Warum geht es nicht?“, fragte Devin zwei Stunden später, nachdem sie gegessen, die Küche aufgeräumt und Kilian dann mit dem Versprechen, am Wochenende gemeinsam zu einem neuen Actionfilm ins Kino zu gehen, in sein Zimmer bekommen hatten, damit sie in Ruhe miteinander reden konnten. Colin lehnte sich auf der Couch zurück, auf die er Devin zuvor schon gesetzt hatte, damit sie es bequemer hatten.
„Er ist verheiratet.“
„Verhei... Oha.“ Devin pfiff durch die Zähne. „Du hast seit fünf Jahren Sex mit einem verheirateten Kerl? Nicht schlecht.“
„Wem sagst du das“, konterte Colin. Im nächsten Moment fiel ihm etwas ein. Er wusste nicht, wieso er gerade jetzt darauf kam, aber der Gedanke ließ ihn auch nicht los. „Weißt du eigentlich, dass wir nie darüber gesprochen haben?“
Devin sah ihn fragend an. „Was meinst du?“
„Ob wir hetero, schwul, bi oder sonst was sind“, antwortete Colin und setzte sich seitlich auf die Couch, um Devin besser ansehen zu können, der gerade die Schultern zuckte.
„Seit wann ist das denn wichtig?“ Devin grinste, als er daraufhin schnaubte. „Gut, den meisten Menschen ist es wichtig, ich geb's ja zu. Mich kümmert es allerdings einen Scheißdreck, ob du lieber mit Frauen oder Männern schläfst. Du bist mein Freund und fertig.“
Colin nickte. „Dito.“
„Warum reden wir dann darüber?“
„Auch wieder wahr“, murmelte Colin und schmunzelte.
„Er ist also verheiratet“, kam Devin auf ihr ursprüngliches Thema zurück und runzelte die Stirn. „Daher die Hotelzimmer. Weiß seine Frau davon?“
Colin schüttelte den Kopf. „Nein. Er hat ihr nie erzählt, dass er lieber mit Männern ins Bett steigt. Und bevor du fragst... Er hat geheiratet, weil man es so von ihm erwartet hat.“
Devin seufzte. „Und er hat auch nicht vor, daran etwas zu ändern, richtig?“ Colin nickte nur. „Wieso, zum Teufel, schläfst du dann noch mit ihm?“, fragte Devin daraufhin entrüstet. „Warum suchst du dir keinen Freund, der zu dir steht?“
„Weil ich damit einverstanden war“, antwortete Colin ehrlich und daran hatte sich nichts geändert. Er hatte von Anfang an gewusst, worauf er sich mit Mikael einließ und genau so hatten sie es beide auch gewollt. Wollten es immer noch.
Devin sah ihn verblüfft an. „Wieso das denn? Du liebst ihn doch.“
Wie bitte? Stopp! Moment mal. Immer schön langsam mit den jungen Pferden. Colin hob abwehrend die Hände. „Sagt wer?“
„Dein Blick, Colin, dein ganzes Verhalten.“ Devin schüttelte den Kopf, als er widersprechen wollte. „Ich bin behindert, aber nicht
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