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Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition)

Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition)

Titel: Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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Sie?«
    »Und für wen?«
    »Für Mrs Bayshore, das wäre nett. Meine Nachbarn in Leigh-on-Sea sagen sonst, meine Fantasie sei mit mir durchgegangen, wenn ich erzähle, dass ich mit Ihnen auf der Terrasse des Rock Hotel gesessen habe.«
    Kim holte einen Füllfederhalter aus der Innentasche seiner kakifarbenen Wüstenjacke und schrieb in großen Lettern: »Der charmanten Mrs Bayshore aus Essex, mit Hochachtung, H. A. R. Philby. Rock Hotel, Gibraltar, im Juli 1938.«
    »Dürfte ich Ihnen vielleicht eine Frage stellen, Mr Philby?«
    Kim schenkte der Frau ein Lächeln, wie es die Priester der Kirche von England für die Ungläubigen übrig haben. »Nur zu«, sagte er.
    Mrs Bayshore kletterte ihm praktisch auf den Schoß. »Sind Sie zufällig Vegetarier?«
    Kim zuckte zusammen, als hätte sie eine Erinnerung in ihm wachgerufen. »Eine Zeit lang, als ich in Wien gelebt habe. Leider muss ich zugeben, dass ich heute ein Abtrünniger bin, was meine Verdauungsprobleme sicher verschlimmert.«
    Mrs Bayshore strich ihm ganz leicht mit den Fingerspitzen übers Handgelenk. Die Geste war alles andere als sinnlich. »Es ist nie zu spät, auf den Pfad der Tugend zurückzukehren«, vertraute sie ihm an. Darauf warf sie den Kopf zurück, ließ einen gestärkten Kragen sehen, wo ihr Hals hätte sein sollen, und verkündete mit einer Stimme, die offenbar auch noch drüben in Afrika zu hören sein sollte: »Vegetarier oder nicht, es war mir ein Vergnügen, Mr Philby.«
    »Genau wie mir, meine Liebe«, antwortete er.

Kapitel 9
    London im November 1939:
Der Haddsch stattet seinen Sohn für den »Sitzkrieg« aus
    Mr Rupert Herrick-Howe
    Kundendienst
    Harrods-Warenhaus
    Brompton Road
    London
    3. November 1939
    Sehr geehrter Herr Herrick-Howe,
    bitte stellen Sie mir die unten aufgeführten Dinge in Rechnung, und schicken Sie alles schnellstmöglich an meinen Sohn Harolad Philby im Hôtel du Commerce in Arras, Frankreich:
    •
    1 Heimwehr-Nähnecessaire

    1 Heimwehr-Erste-Hilfe-Kasten

    2 Tuben Kräuter-Sonnenöl von Daggett & Ramsdell

    2 große Tuben Brandsalbe von Johnson & Johnson Ohrstöpsel, wie sie die Offiziere der Royal Navy bei ihren Schießübungen auf See benutzen

    1 britischen Infanteriehelm mit der Beschriftung KRIEGSREPORTER in weißen Großbuchstaben auf der Vorderseite

    1 britische Infanterie-Gasmaske mit einem zusätzlichen Zellwatte-Filter

    2 Kartons mit jeweils 12 Dosen Verdauungstabletten von Arm & Hammer. Ich verlasse mich darauf, dass Sie mir beim Kauf mehrerer Arm-&-Hammer-Dosen Rabatt geben, so wie ich es in einer Ihrer Anzeigen auf einem Bus am Piccadilly Circus gelesen habe.

    1 Ex. eines Taschenbuchs von Simon & Schuster (Taschenbuch Nr. 1) eines Burschen namens Hilton mit dem Titel
Der verlorene Horizont,
über das am vorletzten Wochenende ein lobender Artikel im Kulturteil der
Times
erschienen ist.
    Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie der Sendung eine Geschenkkarte mit folgender Nachricht beilegen könnten: »Vom Haddsch, der dich vor dem Zorn eines wütenden Händlers auf dem Suk von Damaskus gerettet hat, indem er eine verschmutzte Dschellaba kaufte, die dir, wenn ich es mir recht überlege, inzwischen passen sollte.«
     
    Hochachtungsvoll,
    Harry St John Bridger Philby Esq.
    Maida Vale

Kapitel 10
    Calais im Mai 1940:
Mr Philby, der Sonderkorrespondent der
Times
, wird beschuldigt, König und Vaterland verraten zu haben
    Der soundsovielte Mai 1940
    Mr Ralph Deakin, Esq.
    Redakteur für Außenpolitik
    The Times
    London
     
    Mein lieber Mr Deakin,
    hier nun der Bericht meines Aufenthalts beim Britischen Expeditionskorps in Flandern, den Sie angefordert haben.
    Nachdem Franco den Bürgerkrieg für sich entschieden hatte und das Land mit eiserner Faust von Madrid aus kontrollierte, verließ ich Spanien im August 39, überquerte die Pyrenäen und fuhr in ein zu groß geratenes Dorf, das sich selbst als zu klein geratene Stadt verstand: Arras, wo der Generalstab des Britischen Expeditionskorps, BEF genannt, Stellung bezogen hatte. Der Nachrichtendienst des BEF, ein Rudel steifer Captains der Reserve und Colonels, die so frisch verpflichtet waren, dass einige von ihnen noch Zivilhemden mit perlmutternen Manschettenknöpfen und Lackschuhe trugen, nahm meine Anwesenheit eher grimmig auf. Etwas in meiner Akte schien sie zu beunruhigen, aber da auf dem Pappumschlag »Streng geheim« stand, vermochte ich nicht in Erfahrung zu bringen, was genau es war. Ich kann mir nur vorstellen,

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