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Philippas verkehrte Welt

Philippas verkehrte Welt

Titel: Philippas verkehrte Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schroeder
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um Celia und Nneka und natürlich um die seltsame Frau von Helsing, die einerseits supernett und andererseits obermerkwürdig war. Ich konnte einfach nicht einordnen, ob sie das, was sie sagte, ehrlich meinte, ob sie gar nicht darüber nachdachte oder vielleicht auch alles bloß Theater war.
    Warum hatte sie Papa so Hals über Kopf eingestellt? Was war mit ihrem vorherigen Fahrer passiert? Und wieso ließ sie Nnekas und meine Familie hier bei sich im Gästehaus wohnen? Das alles waren Fragen, die mich wach hielten. Und nur die Hoffnung, wenigstens auf einige von ihnen vielleicht schon morgen beim Rundgang mit Celia eine Antwort zu bekommen, ließ mich weit nach Mitternacht endlich ins Schlummerland hinübergleiten.

    Â»Sie hat Herrn Fabian entlassen«, erzählte mir Nneka, nachdem sie eine Weile auf ihrer Unterlippe herumgekaut hatte.
    Sie war am frühen Sonntagnachmittag plötzlich an meiner Zimmertür aufgetaucht, um mir zu sagen, dass sie und Ayo keine Lust hätten, später von Celia auf dem Sportgelände herumgeführt zu werden.
    Â»Glaubst du etwa, wir?«, hatte ich geantwortet, woraufhin sich ein freches Grinsen auf ihrem Gesicht ausbreitete.
    Ich hatte sie in mein Zimmer gezogen, die Tür hinter ihr geschlossen und sie noch einmal rundheraus auf den Fahrer angesprochen. Und da war ihr das Grinsen dann vergangen.
    Â»Wie, entlassen?«, bohrte ich nach. »Einfach so?«
    Â»Jedenfalls hat er sich nichts zuschulden kommen lassen«, erwiderte sie, während sie vor dem Fenster auf und ab spazierte. »Meine Mum hat sich ganz gut mit ihm verstanden. Er hätte ihr bestimmt erzählt, wenn er Frau von Helsing einen Grund für eine fristlose Kündigung gegeben hätte. Wir wissen nur, dass sie ihm eine ganze Menge Geld angeboten hat, damit er seinen Job hier sofort aufgibt und sich eine neue Stelle sucht. Ich kann dir sagen, das ging alles total holterdiepolter.«
    Â»Aha«, schlussfolgerte ich. »Dann ist das wohl auch der Grund, weshalb du nicht so viel mit mir reden sollst. Weil mein Vater dem Herrn Fabian die Arbeit weggenommen hat.«
    Nneka blieb ruckartig stehen. »Quatsch!«, sagte sie und tippte sich an die Stirn. »Doch nicht wegen Herrn Fabian.«
    Â»Sondern?«
    Â»Wegen Frau von Helsing natürlich.«
    Das begriff ich nicht. »Sie hat gestern Abend aber ausdrücklich betont, dass Celia, du und ich Freundinnen werden sollen«, entgegnete ich.
    Nneka schüttelte den Kopf. »Geschissen.«
    Ich starrte sie an. »Wie meinst du das?«
    Â»Frau von Helsing hätte es wohl gern«, sagte Nneka. »Aber ich lasse mich lieber von einer Puffotter beißen, als mich mit dieser Schnepfe anzufreunden.«
    Ich runzelte die Stirn. »Von einer Puffotter?«
    Â»Ja, ich weiß, die Europäer und Amerikaner fürchten sich am meisten vor der Schwarzen Mamba«, meinte Nneka und ließ sich neben mich auf das knallrote Sofa plumpsen. Sie zog den kleinen hölzernen Beistelltisch zu sich heran und begann, darauf herumzutrommeln. In schnellem Rhythmus wechselte sie zwischen dumpfen Schlägen mit den Handballen und etwas helleren mit den Fingern. Die Perlenarmbänder an ihrem rechten Unterarm klackerten dazu. »Dabei werden wir viel häufiger von der Puffotter gebissen.«
    Â»Ihr?«
    Â»Genau, wir Afrikaner«, sagte Nneka, während sie unermüdlich weiter auf den Tisch eintrommelte.
    Â»Aus welchem Land stammt ihr denn eigentlich?«, erkundigte ich mich.
    Â»Aus Südafrika. Ayo ist allerdings in Nigeria zur Welt gekommen. Und ich bin hier in Deutschland geboren.«
    Â»Dann bist du also Deutsche?«, fragte ich.
    Â»Nein.« Nneka hörte auf zu trommeln und lehnte sich ins Sofa zurück. »Blöderweise wollte mein Vater das nicht. Nachdem meine Eltern sich getrennt hatten, ist er nach Afrika zurückgegangen.« Nneka zog die Beine an und umschlang ihre Knie. Ihr Blick wanderte zum Fenster und ein sehnsüchtiger Ausdruck legte sich über ihr Gesicht. »Wenn ich erwachsen bin, fahre ich auch nach Südafrika. Ich möchte sehen, wo meine Eltern geboren sind … wie es meinem Vater geht … und ob meine Großeltern noch leben.«
    Â»Dann hast du also nichts mehr von deinem Vater gehört, seitdem er Deutschland verlassen hat?«, hakte ich vorsichtig nach.
    Sie schüttelte traurig den Kopf und eine Weile klebte ein seltsam schweres Schweigen zwischen

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