Philippas verkehrte Welt
überhaupt nicht böse zu sein.
»Frau von Helsing«, stieà mein Vater hervor, der vor Schreck ganz bleich geworden war. »Bitte entschuldigen Sie, aber für meine beiden Kleinen ist Ihr Haus und das ganze Anwesen so etwas wie ein Paradies auf Erden. Krister kennt Flügel nur aus dem Fernsehen. Er weià nicht, wie empfindlich diese Instrumente sind.«
»Ich bitte Sie, lieber Herr Bogenstedt, das ist doch alles überhaupt kein Problem«, erwiderte Frau von Helsing nachsichtig. Lächelnd trat sie auf meine Mutter zu und streckte ihr die Hand entgegen. »Sie müssen Michaela sein. Ich freue mich, dass Sie meinem für Sie alle sicher sehr überraschenden Angebot gefolgt sind, und begrüÃe Sie sehr herzlich in meinem Haus.«
Nacheinander schüttelte sie auch mir, Josefine und Krister, der sich inzwischen stöhnend auf die FüÃe gerappelt hatte, die Hand.
»Wenn du gerne richtig spielen lernen möchtest, sag einfach Bescheid, dann spreche ich mit Celias Klavierlehrer«, bot sie ihm an.
»Och«, druckste Krister. »Nö ⦠Ich spiele lieber FuÃball. Oder Basketball.«
»Na wunderbar!« Frau von Helsing strahlte nun über das ganze Gesicht. »Ich hoffe, dass unser kleiner Sportplatz deinen Vorlieben entgegenkommt. Celia wird euch morgen alles zeigen.«
»Was?«, stieà diese empört hervor. »Aber wieso? Nneka und Ayo musste ich doch auch nicht herumführen.«
»Nun«, sagte ihre Mutter gedehnt. »Ich hatte gehofft, dass du es freiwillig tust.«
Widerwillen spiegelte sich in Celias Gesicht. »Aber â¦Â«, protestierte sie, doch Frau von Helsing brachte sie mit einer energischen Geste zum Schweigen. »Und ich finde, es spricht nichts dagegen, wenn die beiden morgen mitkommen«, setzte sie unbeirrt hinzu. »Auf diese Weise könnt ihr euch gleich alle miteinander bekannt machen.«
Celia presste die Lippen aufeinander und senkte den Kopf, während ihre Mutter sich nun direkt an mich wandte. »Nneka, Celia und du, ihr drei seid doch im gleichen Alter. Ich würde mich sehr darüber freuen, wenn ihr Freundschaft schlieÃt.«
»Ts«, machte Celia. »So etwas kann man doch nicht erzwingen.«
Sie sagte es sehr leise, aber ich verstand es trotzdem, und ich war mir sicher, dass Frau von Helsing es ebenfalls gehört hatte â obwohl sie sich nichts anmerken lieÃ.
Josi hatte recht: Celia war eine Oberzicke. Und mich beschlich das Gefühl, dass ihrer Mutter das überhaupt nicht gefiel. Frau von Helsing war zwar etwas steif, aber irgendwie mochte ich sie, was mich selbst überraschte, denn eigentlich hatte ich mir ja vorgenommen, sie unsympathisch zu finden. Aber so wie sie uns bisher begegnet war, konnte ich mir gar nicht vorstellen, dass sie etwas gegen Tiere hatte. Jedenfalls schöpfte ich Limette betreffend tatsächlich wieder Hoffnung. Vielleicht bedurfte es nur eines günstigen Augenblicks, um Frau von Helsing die Erlaubnis abzuringen, meine geliebte Katze mit ins Gästehaus nehmen zu dürfen.
Der Raum, den Celia so groÃkotzig als Speisesaal bezeichnet hatte, war alles andere als ein Saal, sondern ein beinahe ganz normales Esszimmer. Frau von Helsing und meine Eltern saÃen auf der einen Längsseite des Tisches, Celia, Krister, Josefine und ich auf der anderen. Nicht dass wir es uns so ausgesucht hätten, nein, die Haushälterin hatte uns die Plätze zugewiesen, und sie und Nnekas Bruder Ayo servierten uns auch das Essen. Es gab ein Drei-Gänge-Menü, das so gigantisch gut schmeckte, dass es mir fast gar nichts ausmachte, Celia neben mir zu haben.
Als Vorspeise servierte man uns knackige Gemüsestücke in einer megaleckeren SoÃe, die den lustigen Namen Chakalaka hatte. Danach konnten wir zwischen Hähnchen in Kokossuppe und einem Hackauflauf wählen, der ein bisschen scharf war und nach Zimt schmeckte. Meine Geschwister und ich probierten natürlich beides, während Mama und Papa sich nur jeweils von einem Gericht auftun lieÃen. Wahrscheinlich fanden sie das höflicher. Zu guter Letzt kam das Beste, nämlich der Nachtisch: warmer Bananenkuchen mit Vanilleeis. Und das war so köstlich, dass sogar meine Eltern sich noch einen Nachschlag erbaten.
Nur Celia aà von allem total wenig. Sie füllte ihren Löffel und auch ihre Gabel nur zu einem Viertel und knabberte fast misstrauisch auf jedem Bissen herum, so als
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